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Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Titel: Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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zusammen.
    »B-Brain war der schwierige Teil«, spielte ich mit nutzlosen Informationen auf Zeit. »Er hatte kein Strafregister, deshalb fand sich auch kein Verweis in den Polizeiakten. Die drei anderen hatten ein paar weitere Freunde. Es gab da einen gewissen Thom Paxton, genannt Smiles, und ein Mädchen, es gibt immer ein Mädchen, namens Georgiana Pineyman. Sie hat B-Brain aus irgendeinem Grund Pops genannt. Georgiana war von September bis Juni Smiles’ Freundin, aber im Sommer hat sie mit Pops rumgehangen, weil Smiles in den Schulferien mit seiner Familie in Urlaub gefahren ist.
    Ich hab alles hier«, sagte ich und zog einen dicken Umschlag aus der Jackentasche.
    »B-Brains richtiger Name steht da drin?«, fragte der Detektiv aus Albany.
    »Ja.«
    Ambrose drückte seine Zigarette aus und lächelte. Er zündete sich eine neue an, inhalierte tief, und ich saugte so viel Rauch auf, wie ich konnte.
    »Sie wissen doch, dass das nur ein ganz normaler Auftrag ist, Leonid?«, fragte er. »Nichts Mysteriöses. Der Klient ist mir persönlich bekannt.«
    »Hm-hm.«
    In diesem Moment bewies Thurmans seine Menschenkenntnis. Er bot mir eine Zigarette an. Und ich brauchte wirklich eine. Er gab mir Feuer, ich war aufrichtig dankbar.
    Er reichte mir die Schachtel und sagte: »Behalten Sie sie. Unter der Zellophanhülle stecken noch Streichhölzer.«
    Ich verkaufte die Lebensgeschichte von vier jungen Männern mit Problemen für neun Camels ohne Filter und acht Streichhölzer mit rotem Zündkopf.

8
    Um kurz nach elf fuhr ich zurück zu unserer Wohnung einen Block östlich vom Riverside Drive. Katrina war an der Tür, bevor ich meinen Schlüssel aus dem Schloss ziehen konnte.
    Ihre Gegenwart nervte mich. In all den Jahren unserer nicht unbedingt liebevollen Ehe hatte Katrina nie auf mich gewartet. Sie wollte keine Küsse und kein Vorspiel beim Sex. Sie fragte nie, wie es mir ging oder wann ich heimkommen würde. Sie hielt das Haus in Ordnung und sorgte für ihre und meine Kinder. Wir hatten zu einer gewissen Ausgewogenheit gefunden, einem Familienleben, an das ich mich halten konnte wie an einen deutschen Zugfahrplan.
    »Leonid«, sagte sie, schlang die Arme um meinen Hals und küsste mich auf die Wange.
    Sie trug ein pinkfarbenes Rüschennachthemd und hellgrüne Pantoffeln. Katrina hatte sich den größten Teil ihrer für Zool gepflegten Schönheit bewahrt. Sie hatte ein paar Pfund zugelegt, sah jedoch nicht annähernd aus wie einundfünfzig. Ihre grünen Augen leuchteten förmlich.
    »Ich habe mir Sorgen gemacht«, sagte sie. Sie sprach mit einem leichten schwedischen Akzent, was ein wenig seltsam war, da sie aus Queens stammte, und ihre Eltern, auch wenn sie skandinavische Wurzeln hatten, lediglich aus Minnesota dorthin gezogen waren.
    »Ich komme an zwei von drei Abenden spät nachHause«, sagte ich und entwand mich ihrer Umarmung. »Worüber machst du dir Sorgen?«
    »Du hast nicht angerufen.«
    »Ich rufe nie an.«
    »Das solltest du aber. Ich hab mir Sorgen gemacht.«
    Sie folgte mir durch den Flur ins Esszimmer. Ich setzte mich an den Tisch, weil ich nicht wusste, was ich in einem Haus tun sollte, in dem ich mich gleichermaßen willkommen und fremd fühlte.
    »Soll ich dir etwas aufwärmen?«, fragte meine Angetraute.
    In der Küche konnte Katrina alles Mögliche machen, und es schmeckte immer gut. Selbst in den Jahren, in denen wir nebeneinanderher gelebt hatten, hatte sie jeden Abend ein gutes Essen gekocht.
    »Was hast du denn?«, fragte ich.
    »Rinderfilet mit den breiten Nudeln, die du magst.«
    »Rotweinsauce?«
    »Natürlich.«
    Ich nickte, weil ich noch nichts gegessen hatte.
    »Ich ruf die Kinder«, sagte sie.
    »Es ist spät, Katrina«, wandte ich ein.
    »Kinder sollten ihrem Vater Respekt erweisen«, sagte sie und rauschte den Flur hinunter zu den Schlafzimmern.
    Wir hatten eine Wohnung aus der Vorkriegszeit, die mehr als genügend Platz für unsere fünfköpfige Familie bot. Ich hatte meine Kemenate, jedes der Kinder ein eigenes Zimmer, und die Miete wurde nie erhöht. Katrina hatte eine Vereinbarung mit dem Vermieter. Ich hatte sie nie gefragt, worin die bestand. Es hat mich nie interessiert.
    In dem kurzen Moment des Alleinseins fiel mir Roger Brown wieder ein. Ich hatte den Mann nicht mal persönlich kennengelernt und seinen Namen trotzdem für das Bündel Scheine in meiner Innentasche verkauft. Ich versuchte, mir einzureden, dass es anders war als bei den Leuten, die ich früher zur Strecke gebracht hatte.

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