Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman
soliden rechten Haken an sein Kinn. Er holte mit der Linken aus und hätte mich dabei fast umgeworfen. Doch mein Schwerpunkt liegt tiefer und ich krabbelte zur Seite wie ein Krebs.
Meine Pistole war in meinem Privatbüro. Daran war also nicht zu denken. Die Eingangstür war geschlossen, und ich war nicht schnell genug, um sie zu öffnen, ehe er mich zu Boden gerungen hatte, um mich endgültig zu erwürgen.
Er wollte mich packen, doch ich duckte mich und landete mit zwei perfekten Aufwärtshaken weitere Treffer.
Er grunzte nicht mal.
Ich wich zurück, er wollte sich auf mich stürzen. Ich duckte mich und schlug erneut zu, was immer das nutzen mochte. Er sah aus, als setze er wieder zum Sprung an, und ich ging erneut auf Tauchstation. Doch dann machte er nur einen kurzen Schritt vor und verpasste mir seinerseits einen Aufwärtshaken. Ich glaube, in diesem Moment habe ich möglicherweise eine neue Galaxie entdeckt; mein Gegner hatte ein Loch in das Gefüge meiner Realität gerissen.
Ich versuchte, so gut es ging, Kopf und Körper zu decken, und er traf mich mit zwei ungeübten Schwingern an den Schultern. Jedes Gelenk in meinem Körper klapperte.
Früher war es nur ein Verdacht gewesen, doch jetzt war es eine Tatsache: Ich war zu alt für so was.
Ich blickte gerade noch rechtzeitig auf, um zu sehen, wie er sich erneut auf mich stürzen wollte. Ich ließ mich zu Boden fallen und rollte zur Seite, so dass er gegen die Wand krachte.
Jedes intelligente Wesen hätte nach dem Aufprall einen Moment lang innegehalten. Aber Big Boy drehte sich bloß um und fixierte mich mit trägem, hasserfülltem Blick. Er sagte nichts. Er atmete nicht schwer. Meine gezielten Treffer und die Bruchlandung an der Wand hatten an ihm nicht einmal eine Schramme hinterlassen. Es war einer jener Momente, in denen man erkennt, dass einem nur noch eine höhere Macht helfen kann.
Der gesamte Kampf zwischen mir und Big Boy wurde von den versteckten Kameras in meinem Vorzimmer in Sprüngen von zweieinhalb Sekunden dokumentiert.Ich habe mir die Aufnahmen mehr als einmal angesehen und mich jedes Mal gefragt, warum ich nicht tot bin.
Bisher hatte er zwar nur einige wenige satte Treffer gelandet, doch er war so kräftig, dass das kaum eine Rolle spielte. Ich hatte ihn vielleicht ein dutzend Mal erwischt, ohne die geringste Wirkung. Ich versuchte, ihm in die Eier zu treten – worauf ich nicht stolz bin –, doch er war zu groß und wich meinem feigen Versuch mühelos aus.
Irgendwann suchte ich Deckung hinter dem Schreibtisch der Sekretärin, um ein paar Sekunden auszuruhen. Aber der Typ packte den Tisch mit nur einer Hand und schob ihn quer durch den Raum gegen die Wand.
Das war einer der deprimierendsten Augenblicke meines zutiefst unbefriedigenden Lebens. So viel rohe Kraft hatte ich nie zuvor gesehen. Ich wusste, dass dieser Mann schon Roger Brown, Frank Tork und Norman Fell ermordet hatte. Und sein hasserfülltes Idiotengesicht sagte mir, dass er nicht auf mein Flehen hören würde.
Zweieinhalb Sekunden verstrichen. In den ersten eineinhalb erkannte ich, dass das Ende meines Lebens unmittelbar bevorstand – dieser Mann würde mich umbringen, und es gab keinen Ausweg. In der letzten Sekunde entschied ich, dass ich zumindest mit einem Tusch abtreten sollte.
Ich schrie wie ein wütender Wikinger, packte die Rückenlehne des fünfzehn Kilo schweren Drehstuhls, auf dem nie jemand außer mir saß, und schwang ihn mit der letzten Kraft, die ich in meiner Angst mobilisieren konnte, hoch. Mein Widersacher trat einen Schritt zurück, und ich wusste, dass ich erledigt war. Doch dann hatte ich plötzlich nur noch die Lehne in der Hand, während der Rest des Stuhls auf den Kopf des Riesen zuflog.
Getroffen ging er ohnmächtig zu Boden.
Wie ein griechisch-römischer Ringer nach einem Titelkampf sank ich keuchend auf die Knie. Als ich versuchte, den Notruf zu wählen, fiel ich nach vorn auf mein Gesicht wie vor tausend Jahren in Gordo’s Gym.
23
Irgendein aufrechter Bürger hatte den Lärm gehört und die Bullen gerufen. Dieser Bürger hätte ich sein sollen. Nicht dass man mich falsch versteht, ich habe die Polizei gerufen, aber erst als zweite Tat, nachdem ich wieder zu Bewusstsein gekommen war. Dazwischen lagen fünf Minuten. Ich brauchte drei Minuten, um zum Telefon zu kommen, und weitere zwei, um Breland Lewis anzurufen, meinen langjährigen Anwalt und manchmal auch Freund.
Lange bevor Breland eintraf, kniete ich auf dem Boden, die Hände mit
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