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Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Titel: Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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starrte. Es war ein Moment der Würde in einem misslichen Leben. Ich weiß noch, dass ich ein bisschen neidisch war.
    Nach dieser Fünf-Minuten-Pause schleppte das Duo sich zurück nach Hause – wahrscheinlich um ein Mittagsschläfchen zu machen.

32
    Als ich von Coney Island zurückfuhr, war ich völlig konfus, wie meine Pflegetante Moth immer zu sagen pflegte. Einerseits wollte ich A nicht ins Visier eines bezahlten Killers stellen, andererseits war er so oder so ein toter Mann. In meinem früheren Leben hätte ich Tony vielleicht abweisen können; ich hätte andere Klienten gehabt, die sich seinen Forderungen in den Weg hätten stellen können. Aber so wie die Dinge lagen, hatte ich keinen Schutz. Und ich hatte auch nicht viel Bewegungsfreiheit; es gab andere dringende Jobs, die erledigt werden mussten.
    Ich schaute bei Gordo’s Gym vorbei, um ein bisschen was von meinem Frust abzuarbeiten.
    Gordo setzte wieder dieses Grinsen auf, als ich durch die Tür kam, und ließ seinen Blick zu einem geschmeidigen jungen Kämpfer wandern, der sich vor der gegenüberliegenden Wand in elegantem Schattenboxen übte.
    Jimmy Punterelle war ein gutaussehender weißer Junge mit dichtem braunen Haar und einem dunkelblauen Rocky-Marciano-Tattoo auf der rechten Schulter. Er hatte die Trainingsjacke schon abgelegt und sich aufgewärmt, so dass es sich, nachdem Gordo uns miteinander bekannt gemacht hatte, wie von selbst ergab, einen freundschaftlichen Sparring-Kampf vorzuschlagen. Der Junge grinste spöttisch, wurde allerdings ein wenig argwöhnisch, als Gordo mir erklärte, dass ich keinen Kopfschutz brauchen würde.
    Jimmy hätte besser die Flucht ergriffen.
    Er hatte eine gute Gerade und bewegte geschickt seinen Oberkörper, doch ich habe trotz meiner Körpergröße eine große Reichweite, vor allem bei Schlägen auf den Brustkorb.
    Mitte der dritten Runde ging Jimmy in die Knie. Es erforderte meine ganze Selbstbeherrschung, ihn nicht noch einmal zu schlagen, als er am Boden war.
    Am nächsten Morgen fuhr ich zur Larchmont Correctional Facility. Christian hatte recht: Am Eingangstor des Gefängnisses wurde ich empfangen wie königlicher Besuch. Ich wurde nicht mal durchsucht.
    Nachdem sie mir einen wirklich schlechten Kaffee angeboten hatten, brachten mich die beiden Wärter, deren Namen – TOMI und PETERS – über ihrem Herzen aufs Hemd gestickt waren, zu einem Sondertrakt der Krankenabteilung.
    »Warum ist er hier?«, fragte ich Tomi, den Jüngeren der beiden.
    »Jemand hat ihn niedergestochen«, sagte der weiße Junge. »Kann man ihm kaum verübeln. Nilson ist ein fettes Schwein.«
    Peters, ein fülliger Schwarzer, grunzte.
    Sie fragten nicht, warum ich dort war. Ich war ein VIP, den ihre Vorgesetzten aus eigenen Gründen geschickt hatten.
    Für die Befragung hatte man Toolie ein Einzelzimmer zugeteilt. Peters fragte, ob ich wollte, dass jemand dabei blieb, aber ich lehnte ab. Toolie war niedergestochen worden, und auch sonst hätte sich der dreieinhalb Zentner schwere Sträfling wohl kaum schnell genug bewegen können, um mir Anlass zur Sorge zu geben.
    Er saß an die Wand gelehnt auf zwei zusammengebundenen Einzelbetten, die massigen Beine ausgestreckt und festlich gekleidet: Er trug einen mit ein paar Dutzend roten X gemusterten knallgelben Schlafanzug.
    Toolie sah aus wie ein großes schwarzes Walross, das ein paar Meter zu weit vom Wasser entfernt gestrandet war, kahl und an Händen, Fingern, Backen, Nacken und auch überall sonst mit Fett gepolstert. Ich fragte mich, wie man auf Gefängniskost dermaßen fettleibig werden konnte.
    Als ich hereinkam und einen Stuhl an sein Bett zog, atmete er schwer und musterte mich argwöhnisch aus blutunterlaufenen Augen.
    »Zigarette?«, war meine erste Frage.
    »Rauchen verboten«, sagte er. »Hier liegen überall Kranke.«
    »In unserem Fall wird man eine Ausnahme machen«, sagte ich und klopfte eine Zigarette aus der Packung.
    Er nahm gleich die ganze Schachtel. (So habe ich zum sechsten Mal mit dem Rauchen aufgehört.) Ich gab ihm Feuer.
    »Wer hat Sie niedergestochen?«, fragte ich.
    »Wie heißen Sie?«, fragte er zurück.
    »Greely. Ich arbeite für jemanden in der Stadt. Er muss etwas wissen und dachte, dass Sie ihm vielleicht helfen können.«
    Aus irgendeinem Grund beruhigten diese Worte den Riesen. Als Antwort auf meine Frage öffnete er die Brust seines gelben Pyjamas und zeigte mir einen dickenVerband und die geschwollene, blutfleckige, schwarze Haut drumherum.
    »Der

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