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Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Titel: Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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nicht meine) ihres Geliebten überzeugen würden. Es war ein komplizierter Auftrag, denn auch wenn die Todds den Freund ihrer Tochter als minderwertig betrachteten, war dieser seinerseits Mitglied einer Familie, die eine Menge sehr rohe und dezidiert körperliche Macht ausüben konnte.
    Alphonse kannte die Situation nur zu gut und hatte seine eigenen Gründe zu hoffen, dass ich erfolgreich war und nicht ... aber das ist eine andere Geschichte.
    Am Ende war niemand glücklich, doch der Kontakt zu dem bedeutenden Mann war hergestellt, und ich tatihm hin und wieder einen Gefallen, den er auf seine Weise erwiderte.
    Ich hatte Rinaldo nicht mehr gesehen, seit ich beschlossen hatte, vom Ganoven zum halbwegs ehrlichen Gauner zu werden, deshalb war es heikel, ihn heute um einen Gefallen zu bitten, wenn ich ihn morgen schon möglicherweise zurückweisen musste. Aber so wie ich das sah, musste ich erst mal das Heute überleben, um später die Folgen erdulden zu können.
    »Was kann ich für Sie tun, Mr. McGill?« Rinaldo war Geschäftsmann durch und durch. Falls er Freunde hatte, gehörte ich nicht zu ihnen. Meine Gesundheit oder mein Tag waren ihm egal.
    »Ich muss einen Mann finden und mit einem anderen sprechen.«
    »Leute, an denen mir etwas liegt?«
    »Das bezweifle ich.«
    »Menschen von Belang für die Stadt?«
    »Vielleicht. Ich könnte Ihren Leuten möglicherweise behilflich sein, einen Schlamassel zu klären, und mich selbst aus einem anderen herauszuwinden.«
    Ich respektierte seinen Sekretär Christian, das war eine Tatsache. Er war auf seine Weise einzigartig, jemand, der nach seiner eigenen Weltanschauung lebte. Meiner Meinung nach waren Menschen wie er die einzigen echten Menschen. Ich hatte Respekt vor Christian, aber Alphonse Rinaldo erfüllte mich unwillkürlich mit Ehrfurcht. Der im Geheimen ernannte Manager der Stadt hatte eine übernatürliche Ausstrahlung. Er verschwendete nie einen Handgriff oder ein Wort. Manchmal tat er etwas, das ich nicht verstand, aber ich wusste, dass er für jede seiner Aktionen oder Nicht-Aktionen einen guten Grund hatte.
    Er fragte mich nicht, was ich meinte. Er wartete einfach, bis die Beweise evident wurden.
    Ich war gut, aber nicht gleichauf mit Alphonse. Ich hatte es bis in seine Höhle geschafft, doch ich hatte nach wie vor meine Zweifel.
    »Ich möchte Sie nicht drängen«, sagte er, nachdem ich etwa eine halbe Minute lang still nachgedacht hatte, »aber in neun Minuten erwarte ich den Attaché des neuen russischen Präsidenten.«
    Das war keine Angeberei, er zeigte mir nur meinen Platz im Gesamtgefüge der Dinge.
    »Ich brauche einen Passierschein für das Staatsgefängnis in Larchmont und eine Stunde allein mit einem Häftling namens William Nelson. Sein Spitzname ist Toolie. Und ...« Ich zögerte wieder. Mein altes Leben schwirrte mir um die Ohren, ein Schwarm von Killerbienen, die einen Schatten warfen und ein Totenlied summten. »... und ich möchte den Aufenthaltsort eines Mannes erfahren, eines Buchhalters namens A Mann.«
    »Sind Sie überzeugt, dass Sie diesen Mann finden wollen?«
    »Ja? Warum? Wissen Sie irgendwas?«
    »Sie wirken bloß ein wenig unsicher.«
    »Das Leben ist unsicher, oder nicht, Mr. Rinaldo?«
    Das brachte mir ein breites Lächeln ein.
    »Sein Vorname?«
    »Nur der Vokal.«
    Er griff unter seinen Schreibtisch und tippte auf irgendwas herum. Das Ganze dauerte eine Minute. Dann stand er auf.
    Das war die übliche Routine. Auch ich erhob mich. Es wurde von mir erwartet, dass ich ging. Wie bei Harris Vartan war es auch in Rinaldos Äther entscheidend, dass die Menschen, mit denen er zu tun hatte, die Feinheiten seiner Gestik und Mimik erkannten. Deswegen war ich überrascht, als ich seinen fragenden Gesichtsausdruck bemerkte.
    »Was?«, fragte ich.
    »Ich hab gerade überlegt«, sagte er und klang beinahe menschlich.
    »Was?«
    »Sie und Christian sind die beiden einzigen Schwarzen, die beiden einzigen gebürtigen schwarzen Amerikaner, die je in diesem Büro waren. Finden Sie das seltsam?«
    »Seltsam ist nur, dass es Ihnen aufgefallen ist.«
    Er bot mir genauso wenig die Hand an wie ich ihm. Ich ging die paar dutzend Schritte den Weg zurück, den ich gekommen war, und verließ diesen speziellen Schacht zur Hölle.

31
    Als ich Christians Zelle betrat, hatte er fast alles, was ich brauchte. Alphonse musste unter seinem Schreibtisch einen Computer haben, über den er mit seiner lebenden Datenmaschine kommunizierte. Christian kritzelte gerade alle

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