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Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Titel: Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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sexuelle Vorlieben«, sagte er aus eigenem Entschluss.
    Ich verzog das Gesicht. »Nicht? Wissen Sie, diese Leute haben mich engagiert, damit ich herausfinde, warum ihr Sohn sterben musste. Ich dachte, vielleicht wüssten Sie hier oben irgendwas.«
    Gorling hatte kleine Hände, die er jetzt in die Luft warf, um seine ganze Hilflosigkeit zu demonstrieren.
    »Willie war ein Angestellter, kein Patient«, log er.
    »Aber die Dame draußen hat mir erzählt, dass er erst Patient hier war, bevor er den Job bekommen hat.«
    »Welche Dame?«
    »Die mit dem rosafarbenen Sonnenschirm.«
    Ich hätte einfach »Schirm« sagen sollen. Besser noch hätte ich das schützende Utensil überhaupt nicht erwähnt. Präziser Sprachgebrauch löst bei Leuten wie Gorling irgendeinen Alarm aus. Ich bin mir nicht einmal sicher, dass es ihm selber bewusst war, doch seine Haltung mir gegenüber veränderte sich, und sein kleines Gesicht erstarrte ein bisschen.
    »Ach ja«, sagte er. »Das hätte ich fast vergessen. Es ist schon so lange her. Das war vor meiner Zeit.«
    »Und was für ein Problem hatte er?«
    »Das ist eine medizinische Frage, Mr. Trotter. Das Gesetz verbietet uns, solche Informationen weiterzugeben.«
    »Sie können mir nicht einmal sagen, ob er eingewiesen wurde, weil er potentiell gewalttätig war?«
    »Ich betrachte diese Einrichtung weniger als ein Krankenhaus denn als Universität für die Verrückten und Verwirrten«, sagte er mit einem angedeuteten Lächeln. »Die Menschen hier lernen ihre unterschiedlichen Lektionen wieder und wieder, Schritt für Schritt. Wir sorgen, so gut wir es können, für sie und würden ihr Vertrauen niemals missbrauchen.«
    Der außerirdische Klinikverwaltungschef blinzelte mich mit selbstgefälliger Befriedigung an.
    »Das heißt, wenn ich zu den Browns gehen und ihnen sagen würde, dass ihr Sohn von einem Mann ermordet wurde, der wegen Totschlags hier eingewiesen und dann ohne angemessene ärztliche Begleitung wieder entlassen wurde, würden Sie nicht Ihre Akten öffnen wie ein schmutziger alter Mann, der sich in einem Crosstown-Bus vor Kindern entblößt?«
    Das drückte Gorling zurück in seinen Stuhl.
    »Wir sind nicht dafür verantwortlich, ob der Mann seine Medikamente nimmt«, sagte er.
    »Das, mein Freund, sollen die Juristen entscheiden.«
    Die aggressive Taktik war mein zweiter Fehler. Gorling wirkte weich und korrupt, doch er hatte die Reflexe und den Instinkt eines Preisboxers. Er würde nicht zu Boden gehen, bloß weil ich mich vor ihm produziert hatte. Er war aus sehr viel härterem Holz geschnitzt.
    »Cedric!«, rief er.
    Sofort kamen die beiden Wärter, augenscheinlich zu körperlicher Gewaltanwendung bereit, ins Zimmer zurück.
    »Ich denke, es ist an der Zeit, dass Sie das Grundstück verlassen, Mr. Trotter«, sagte Gorling.
    Er stand auf, und ich folgte ihm nach kurzem Zögern.
    Es gefiel mir nicht, doch diese Runde hatte ich verloren. Ich hatte ein paar Körner Wissen gewonnen, doch ohne fremde Hilfe ergaben sie für mich keinen Sinn.
    Gorling und seine Handlanger führten mich den Flur entlang zum Eingang des Verwaltungsgebäudes, wo keine Patienten und nur wenige Angestellte zu sehen waren.
    »Sie werden feststellen, dass Drohungen hier bei uns keine Wirkung zeigen, Mr. Trotter«, belehrte mich Gorling, als wir durch die Doppeltür in den strahlenden Sommertag traten. »Dies ist ein Ort, wo wir Menschen helfen. Dessen ungeachtet sind wir in keiner Weise für sie verantwortlich, nachdem sie uns verlassen haben. Wie sind Sie überhaupt hier reingekommen?«
    »Ich hab dem Wachmann erzählt, ich wollte mich für einen Job bewerben, bei dem man ein graues T-Shirt und eine Baumwollhose tragen darf.«
    »Ich werde ihn anweisen, einen Packen Bewerbungsformulare am Torposten vorrätig zu halten. Steht Ihr Wagen auf dem Parkplatz neben dem Personalgebäude?«
    »Genau. Soll ich einem Ihrer Jungs den Schlüssel geben, damit er ihn für mich vorfahren kann?«
    Ich hasste mich dafür, Gorling unterschätzt zu haben. Als New Yorker überkam mich bisweilen ein falsches Gefühl von Überlegenheit, was meist dazu führte, dass ich irgendwas schwer vermasselte.
    »Das wird nicht nötig sein«, sagte Gording. »Die beiden werden Sie zu Ihrem Wagen begleiten.«
    Ich tat noch einen Schritt, bevor ich mich umdrehte und wie ein guter Verlierer die Hand ausstreckte. Gorling wollte sie nicht schütteln, doch das war egal. Als ich zu seinem Adamsapfel hinaufblickte, sah ich die Widmung, die über der

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