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Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Titel: Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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hatte er die Stirn gerunzelt, doch dann lächelte er matt.
    »Ich bin ins Kloster gegangen«, sagte er.
    Während ich noch überlegte, ob das als Witz gemeint war, fügte er hinzu: »Ich hab mich daran erinnert, was du mir von diesem Meditationszeug erzählt hast, und mich einer Gruppe von Zen-Buddhisten in der Nähe des Grand Concourse in der Bronx angeschlossen. Hauptsächlich Schwarze.«
    Hush hatte einmal eine Bemerkung darüber gemacht, wie cool ich in brenzligen Situationen blieb. Ich hatte ihm von Zazen erzählt.
    »Und hilft es?« Ich hatte keine Angst, aber mein Puls ging trotzdem schneller.
    »Ich bleib klar dadurch«, sagte er. »Ich bleib konzentriert. Die bringen einem bei, wie man stundenlang dasitzen kann, während man im Kopf ganz woanders ist. Das nimmt einem ein bisschen was von dem Druck.«
    Ich konnte mir nur ausmalen, welchen Druck er meinte.
    Fünf Minuten mussten verstrichen sein. Er saß immer noch mit dem Rücken zur Fahrertür.
    »Ich hab mein Mädchen und meinen Sohn auf eine Insel vor der Küste von Carolina gebracht«, setzte er das Gespräch plötzlich fort. »Alles, was du über sie wissen musst, findest du in einem Umschlag, den ich deinem Anwalt gegeben habe – diesem Breland Lewis. Keine Sorge, er wird nicht erfahren, dass du mich kennst, bis er den Brief aufmacht.«
    Von mir hatte er Brelands Namen nicht, ich hatte nie einen Anwalt erwähnt.
    »Ich möchte, dass du von Zeit zu Zeit nach ihnen siehst, falls ich außer Gefecht gesetzt oder tot bin«, fügte er hinzu. »Du wirst Zugriff auf die notwendigen Mittel haben. Tamara muss natürlich gegenzeichnen.«
    »Natürlich«, erwiderte ich konversationshalber.
    Ich nehme an, das war Hushs Art, mir zu sagen, dass er mich als Freund betrachtete. Es fühlte sich an, als würde eine Kobra auf den Barhocker neben einen gleiten: Man war nicht unbedingt angetan von der Gesellschaft, hatte jedoch Bedenken, plötzliche Bewegungen zu machen, geschweige denn aufzustehen und wegzugehen.
    Um 2.18 Uhr meldete sich mein Handy mit dem Schrei einer Hyäne.
    »Hallo?«
    »Sanderson ist aufgewacht«, sagte Carson Kitteridge mir ins Ohr.
    Hush übernahm den Laptop, und ich ging zur 10 th Avenue, wo ich mir ein Taxi heranwinkte.
    Das Krankenhaus, in dem Sanderson versorgt wurde, befand sich in der East Side zwischen 60 th und 70 th Street.
    Der Mann, der eigentlich tot sein sollte, lag im vier-ten Stock, vor seiner Zimmertür standen zwei stramme Polizisten.
    Als ich kam, standen sie auf und bildeten eine überaus wirkungsvolle Blockade. Hätte ich nicht gegen das Monster, das sie bewachten, gekämpft und gewonnen, wäre ich vielleicht nervös geworden.
    »Kein Zutritt«, sagte der eine Bulle. Er hatte kupferfarbenes Haar und Haut, die so weiß war, dass sie grünlich zu schimmern schien.
    Er legte eine Hand auf meine Schulter.
    »Nimm deine Dreckspfote weg, Kleiner«, sagte ich. Fragen Sie mich nicht, warum. Vielleicht lag es an der Anspannung, nachdem ich gut vier Stunden auf engstem Raum mit einem Profikiller verbracht hatte.
    »Was?«, fragte der helle Bulle warnend.
    »Ist schon gut, Landis«, sagte Carson Kitteridge, der in diesem Moment aus dem Krankenzimmer kam. »LT ist ziemlich dünnhäutig. Es reicht, ihn falsch anzuhauchen.«
    Landis war 1,80 Meter groß und musste runtergucken, um mir in die Augen zu sehen. Er mochte mich nicht. Ich hätte ihm vielleicht eine Nummer geben und erklären sollen, er möge sich hinten anstellen.
    »Sollen wir?«, fragte Kitteridge und wies mit dem Kopf auf das Zimmer hinter sich.
    »Ich möchte allein mit ihm reden«, sagte ich.
    Diesmal schüttelte er den Kopf.
    »In diesem Fall war’s nett mit Ihnen zu plaudern.« Als ich mich abwendete, um zu gehen, erhob Landis erneut seine Stimme.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind.«
    »Wie bitte?«
    »Sie haben mich verstanden.«
    »Sagen Sie mal, Junge«, erklärte ich langsam und deutlich. »Hat Ihre Mutter Ihnen nicht beigebracht, dass man Kinder zwar sehen, aber nicht hören darf?«
    Die grünliche Schattierung seines Gesichts wurde rosafarben.
    »Lassen Sie’s gut sein, Landis«, sagte Carson. Und dann zu mir: »Okay, LT. Aber ich will wissen, was Sie rauskriegen.«
    In dem privaten Krankenzimmer standen lebenserhaltende Apparate, die jedoch nicht angeschlossen waren. Zwei Kanülen versorgten Sanderson intravenös mit Medikamenten und Nährlösung, die zwei strohhalmartigen Schläuche zur Sauerstoffzufuhr hatte er aus seinen Nasenlöchern gerissen. Er saß von mehreren

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