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Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman

Titel: Manhattan Karma: Ein Leonid-McGill-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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knallgelber Papagei kreischend aus dem dichten Blattwerk aufflatterte und sich im obersten Stock auf das Geländer unter dem Glasdach hockte.
    »Das ist Bernard«, sagte Hannah mit der korrekten britischen Aussprache. »Er gehört meiner Mutter. Daddy möchte ihn in einen Käfig sperren, aber sie meint, er müsse frei herumfliegen. Das Personal muss ständig hinter ihm sauber machen.«
    Bernard kreischte erneut und flog an einen anderen Platz in seiner Multimillionen-Dollar-Voliere.
    »Kommen Sie«, sagte die Kindfrau.
    Sie führte mich durch einen breiten Flur, der aussah wie die Galerie eines Kunstmuseums. An den Wändenhingen impressionistische und post-impressionistische Meisterwerke. Es gab einen Cézanne, den ich nie zuvor gesehen hatte, und auch einen Modigliani, der mir unbekannt war.
    Ich hatte einen großen Teil meiner Jugend in Kunstmuseen verbracht – dort und in Gordos Box-Studio. Ich konnte ums Verrecken nicht zeichnen, doch ich mochte das stilisierte Chaos, das Künstler des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts geschaffen hatten.
    Am Ende des Flures hing in einer Nische zur Linken ein kleines Gemälde von Paul Klee. Es war zusammengesetzt aus roten, gelben und goldenen Blöcken mit einigen abgehobenen kobaltblauen Linien. Ein Schnörkel in hellerem Blau in der rechten unteren Ecke stellte möglicherweise einen Kringel dar, der sich in einen Menschen verwandelte, oder umgekehrt, und in der oberen linken Ecke gab es ein ovales in zwei Teile zerschnittenes Gesicht, das der Kringelmann verloren hatte, oder vielleicht war es auch die Sonne. Es war das fesselndste Gemälde, das ich je gesehen hatte.
    »Es ist wunderschön, nicht?«, sagte Hannah nach etwa einer Minute anerkennenden Schweigens.
    »Ja, das ist es.«
    »Wollen Sie es haben?«
    Ja, das wollte ich, sagte es aber nicht.
    »Sie können es haben«, bot sie mir leichthin an
    »Es ist unbezahlbar.«
    »Nein. Meine Mutter hat es mir zu meinem zwölften Geburtstag gekauft. Ich würde es Ihnen wirklich gerne schenken.«
    Ich glaube, wenn sie mir einen Baseballschläger überden Schädel gezogen hätte, wäre die Wirkung nicht weniger heftig ausgefallen.
    Materielle Güter haben mir nie viel bedeutet. Dafür hat mein kommunistischer Vater gesorgt. Obwohl ich kein Marxist oder Anhänger des Anarcho-Syndikalismus war, widmete ich Besitztümern einfach nie viele Gedanken. Geld bezahlte meine Miete, doch anders als bei so vielen besitzhungrigen westlichen Menschen lenkte es nicht meine Bedürfnisse. Ich hatte keinen Lieblingsring und keine Lieblingsuhr. Ich sparte auf nichts, das keinen praktischen Nutzen hatte. So war ich schon mein ganzes Leben gewesen, doch in diesem Flur, an der Grenze zum Alter fühlte ich mich nach Hannahs Angebot mit einem Mal wie ein Kind, das noch alles lernen muss.
    »Wow«, sagte ich. »Ich glaube, das dürfte das beste Angebot sein, das ich je bekommen habe.«
    »Das heißt, Sie wollen es haben?«
    »Können wir uns jetzt irgendwo hinsetzen, Hannah?«
    »Klar«, sagte sie und zuckte leicht mit den Schultern, als ob ihre Pflichten und dieses Mausoleum von einem Haus sie nicht im Geringsten belasteten.

49
    Drei südamerikanische Frauen in schwarz-weißen Dienstmädchenuniformen arbeiteten in der großen Küche, die wir durchquerten. Sie hatten unterschiedlich braune Haut und waren verschieden groß, breit und alt. Gemeinsam war ihnen nur, dass sie Spanisch sprachen. Mit einem feineren Ohr für ihre Aussprache hätte ich vielleicht verschiedene Akzente erkannt, weil sie bestimmt nicht alle aus demselben Land stammten.
    Die Damen warfen uns besorgte Blicke zu und fragten sich offensichtlich, ob ich irgendeine Bedrohung für das Kind oder sie selber darstellte. Diese Wirkung habe ich häufig auf andere Menschen.
    Hannah bemerkte die Beunruhigung der Angestellten gar nicht. Sie führte mich durch eine Schwingtür aus Aluminium und einen kurzen Flur in ein kleines, lavendelfarbenes, ovales Zimmer mit Erkerfenster und Blick auf einen kleinen Gemüsegarten, ebenfalls sehr ungewöhnlich für ein Haus in Manhattan.
    Der Raum war mit zwei abgewetzten, rissigen, braunen Polstersesseln möbliert. Der Kiefernboden war voller Macken, irgendwie passend für ein Zimmer, in dem die Herrschaften sich eigentlich niemals aufhalten sollten. Ich setzte mich auf einen der Sessel, Hannah nahm mir gegenüber im Schneidersitz Platz.
    Ich brauchte einen Moment, bis ich mich wieder auf meine Ermittlung konzentrieren konnte. Die letzten paar Minuten

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