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Manhattan

Manhattan

Titel: Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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erwiderte Paulie. »Lass dich nie mit Schriftstellern ein. Sie halten sich für berechtigt, sich selbst ein Happy End zu schreiben. Wieso? Kennst du den Kerl, Walter?«
    »Können wir reingehen?«
    Paulie schob Walter durch die Tür und sagte zu seinem Bodyguard: »Es ist okay. Er gehört zu mir.«
    »Ich kenne Walter Withers«, sagte der Bodyguard.
    »Hallo, Carmine«, sagte Walter.
    Carmine Badoglio hatte lange Zeit zum Gefolge von Albert D'Annunzio gehört. Er war damals jünger gewesen und hatte vor rund zwölf Jahren auch etwas weniger Speck auf den Hüften gehabt, als ein College-Student einen idiotischen Buchmacher überredet hatte, für ihn zwei Riesen auf das Spiel Yale gegen Harvard zu setzen. Er hatte verloren. Und Albert, der sich damals noch persönlich für solche Details interessierte, war der Meinung gewesen, jemanden bis an den äußersten Rand von New Haven schicken zu müssen, um den Jungen auf den Kopf zu stellen, damit sein Geld herausfiel. Yale-Studenten hatten nämlich die Angewohnheit, ihre Schulden nicht zu bezahlen. Carmine erzählte gern die Geschichte über den jungen Walter Withers, der in einem grauen Flanellanzug, mit einem Yale-Schal um den Hals und sternhagelvoll mit zweitausendzweihundert Dollar in bar vor die Tür gerollt
war und sagte, er müsse das Geld Signor D'Annunzio persönlich geben, worauf der dämliche kleine Bookie sich derart nass machte, dass ihm der Urin am Bein herunterlief, aber Albert nahm das Geld, und dann zog dieser Junge noch einen Riesen aus der Tasche und gab ihn Albert als »Sicherheit gegen künftige Verluste«, sagt es aber auf Italienisch, wirklich, und lud Albert ein, gelegentlich mit ihm im Club Tennis zu spielen. Alle warteten darauf, dass Albert dem Jungen den Kopf abriss und ihn aufaß, aber Albert sah sich um, lächelte breit und sagte: »Wer ist dieser Junge? Er hat Stil.« Folglich war Walter im Parma Social Club willkommen. In den nachfolgenden Jahren waren einige von Albert D'Annunzios Vorgesetzten eines natürlichen Todes gestorben – wobei mehrfache Schusswunden in diesem besonderen Beruf ebenso natürlich waren wie alles andere –, und Albert war in dem, was jetzt ein landesweiter Konzern mit Büros im Großraum New York, Las Vegas und Phoenix in Arizona war, zu einer hohen Führungsposition aufgestiegen. Der alte Club in der Carmine Street war jedoch immer noch Alberts Lieblingslokal, und hier konnte man ihn auch meist finden, wenn man es schaffte, durch die Tür zu kommen.
    »Mit Schriftstellern und Künstlern bin ich durch«, sagte Paulie. »Sie sind eine lausige Bande, Abschaum.«
    »Mit Schriftstellern möchte ich auch nichts mehr zu tun haben«, bestätigte Walter.
    »Bist du beim Spiel mit heiler Haut herausgekommen?«
    »Ich habe überlebt.«
    »Das höre ich gern.«
    »Ich hatte das Gefühl, dass Mr. Rosenbloom großes Geld auf einen Fünf-Punkte-Vorsprung gesetzt hatte.«
    Paulie grinste. »Das ist vielen anderen nicht klar gewesen.«
    Der Club hatte sich seit Walters letztem Besuch nicht sehr
verändert. Das gleiche schlechte Wandgemälde des Ätna, an dessen Hängen ein unendlicher blutroter Lavastrom zu Tal stürzte, bedeckte die im Übrigen kalkweißen Wände. Über kleinen runden Tische waren immer noch weiße Tischtücher gelegt, und die Bar war immer noch aus dunklem Mahagoni mit kunstvollen Schnitzereien italienischer Jagdszenen, wenn man davon absieht, dass die Sizilianer dort auf Hirsche Jagd machten statt aufeinander, was Walter für ein wenig irreführend hielt.
    »Zwei Glas Wein«, sagte Paulie zum Barkeeper. »Ich werde künftig nicht einmal mehr Bücher lesen. Davon kriegt man nur Flausen im Kopf, verstehst du?«
    »Ich weiß«, bestätigte Walter.
    »Dieses gottverdammte Highway by Night «, schnaubte Paulie. »Noch ein paar Wochen mehr, und dann wäre er selbst ein Teil des Highway bei Nacht gewesen, verstehst du, was ich meine?«
    Walter zog den Umschlag aus seiner Jackentasche und reichte ihn Paulie. Paulie sah die Geldscheine an und fragte: »Was zum Teufel ist das, Walter?«
    »McGuires Schulden«, sagte Walter. »Abzüglich einiger Spesen.«
    »Jedenfalls genug«, sagte Paulie. » Salute , Walter.
    » Salute, Paulie.«
    Walter trank den kräftigen Rotwein und sagte: »Ich würde gern mit Albert sprechen, wenn ich kann.«
    »Er ist im Hinterzimmer«, sagte Paulie, senkte dann die Stimme und fügte hinzu: »Er isst gerade. Das ist alles, was er heute noch tut, Walter, essen. Sein Leben ist eine einzige

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