Manhattan
gerade selbst umgebracht«, sagte er. »Und Anne dazu. Ihr Name ist der erste, den ich ihnen nennen werde.«
»Ich fürchte, das ist ihr Problem«, erwiderte Walter. »Was mich betrifft, werde ich meine Chancen wahrnehmen.«
»Walter, das ertrage ich nicht«, schniefte er. »Ich kann damit nicht umgehen. Die Verhöre … das Eingesperrtsein … ich kann nicht … erschieß mich, Walter. Na los, wir waren doch Freunde. Erschieß mich einfach.«
»Ich würde es gern, Michael. Wirklich.«
Wirklich, Michael. Jetzt, da mir die Gesichter meiner armen toten Opfer, die ich verführt habe, durchs Gedächtnis wandern. Zusammen mit Marta. Und Alicia. Und Anne. Oh, ich würde es nur zu gern, Michael.
Morrison beugte sich vor und schluchzte.
»Ich habe alle deine Leute umgedreht, Walt. Jeden einzelnen. Diejenigen, die noch nicht tot sind, werden es bald sein.«
»Führe mich nicht in Versuchung.«
»Ich will dich in Versuchung führen«, sagte Morrison. »Ich habe Anne benutzt, um dir auf die Spur zu kommen, Walter. Ich kannte jede Stadt, in der du gerade warst, und habe sie benutzt, um deine Agenten aufzuspüren. Drück ab, Walter.«
»Ich nehme an, dass sie dich am Leben erhalten werden, Michael. Sie werden dich jahrelang reden lassen«, sagte Walter. »Ich stelle mir eine kleine Zelle irgendwo in einem Keller vor, eine kleine Elektroschock-Therapie von Zeit zu Zeit, um dein Gedächtnis anzuregen … eine Art Vorhölle.«
Morrison blickte hoch. »Vielleicht werde ich dort Anne treffen.«
Walter zuckte die Schultern und gab Morrison mit der Pistole zu verstehen, dass er aufstehen sollte. Er führte ihn vorsichtig vom Boot aufs Dock und dann auf den Riverside Drive. Zwei hochgewachsene, kräftige Männer stiegen aus einer schwarzen Limousine, packten Morrison und legten ihm Handschellen an.
»Ich werde Anne von dir grüßen«, sagte Morrison.
»Tu das«, erwiderte Walter. Ihre Blicke trafen sich für eine Sekunde, bevor die Jungs der Firma Morrison einen schwarzen Beutel über den Kopf zogen und ihn auf den Rücksitz stießen.
Die vordere rechte Seitenscheibe ging herunter. 16 C steckte den Kopf heraus und fragte: »Haben Sie angerufen?«
»Da unten muss gründlich aufgeräumt werden«, sagte ihm Walter.
16 C nickte. Walter wusste, dass es noch vor Sonnenaufgang keine Leichen und kein Boot mehr geben würde.
»Die Waffe«, sagte 16 C.
»Bitte?«
»Sie werden mir vermutlich die Waffe geben wollen.«
»Ach ja, richtig. Hier.«
Er reichte 16 C die Waffe.
»Wo ist sie?«, fragte 16 C.
»Im Stanhope«, erwiderte Walter. »Werden Sie …«
»Wir werden uns darum kümmern.«
Die Seitenscheibe ging hoch, und der Wagen rollte davon.
Walter blieb ein paar Minuten auf dem Bürgersteig stehen und wartete darauf, dass sich die Adrenalinschübe legten. Als es soweit war, bedauerte er es, denn jetzt begann es im Hinterkopf wieder zu pochen, und sein linkes Auge fühlte sich geschwollen und wund an. Die Rippen schmerzten, der Fußknöchel tat ihm weh. Er wollte nur noch nach Hause, eine Zigarette rauchen und etwas trinken und seinen geschundenen Körper in heißes Badewasser legen, während auf der Hi-Fi-Anlage ruhiger Jazz zu hören war.
Doch aus irgendeinem Grund bewegte er sich nicht von der Stelle. Er zog sein Zigarettenetui aus der Tasche, zündete eine Gauloise an, blieb in der kalten Luft stehen, um über alles nachzudenken. Dann humpelte er auf die 72. Straße, hielt ein Taxi an und fuhr ins Büro.
Er läutete und wartete ein paar Minuten, bis der jüngste Mallon – Billy, nicht wahr? –, derjenige, der von der Anwerber-Dienststelle der Marines als ein wenig zu klein und viel zu gewalttätig abgelehnt worden war, an die Tür kam.
»Mr. Withers?«
»Derselbe.«
»Sie sehen furchtbar aus, Mr. Withers. Haben Sie was vergessen?«
»Nur einige Papiere.«
»Kommen Sie doch rein. Draußen ist es so kalt.«
»Ach, übrigens«, sagte Walter. »Ich danke Ihnen für das kleine Ablenkungsmanöver heute.«
»Machen Sie Witze, Mr. Withers?«, sagte Billy Mallon. »Es hat mir Spaß gemacht.«
Spaß, dachte Walter. Ich werde wohl langsam alt.
»Nun, sagen Sie Ihrem Vater, dass ich ihm danke.«
»Sie können sich darauf verlassen.«
Walter fuhr hinauf in sein Büro und stellte sich eine Zeitlang ans Fenster, um hinauszusehen. Er genoss seine Teilaussicht auf Saks und St. Patrick's, die jetzt spätabends beide still dalagen und von den Straßenlaternen in weiches Licht getaucht wurden.
Dann setzte er sich
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