Manhattan
neugierigerer Cop unerwartet auftauchte. Dann ging er ins Badezimmer, das, wie jeder gewöhnliche Partygast bestätigen kann, am schnellsten über die Gastgeber Auskunft gibt.
Als erstes fiel Walter das Fehlen bestimmter Gegenstände auf. Keine Frauenkosmetika, kein Haarspray, kein Parfum. Keine Chi-Chi-Handtücher, keine rosafarbenen Seifen, keine Nylonstrümpfe, die auf der Leine hingen.
Hier lebt keine Frau, dachte Walter.
Zwei Zahnbürsten, eine blau, eine rot – auf dem Regal.
Er öffnete den Medikamentenschrank. Eine Flasche Aspirin, eine Tube Zahnpasta, ein kleines Fläschchen Mundwasser. Zwei Rasierer und Rasiercreme. Er zog den Duschvorhang zur Seite. Hier kein Rasierer im Regal.
Walter spürte, dass seine Waden steif wurden. Kein Truthahnwatscheln, dachte er und holte tief Luft. Keine imaginären Schritte auf der Treppe. Arbeite schnell, arbeite sauber, erledige deine Arbeit und verschwinde.
In der Schlafzimmergarderobe fand er ein paar Cordjacken, Größe 42, ein paar graue Twillhosen, ein paar Slipper aus Ziegenleder und ein paar alte Turnschuhe. Alles passte zu Howards Körperbau. Interessanter waren die Kleidungsstücke, die Michael Howard nicht passten: eine schwarze Lederjacke, Größe 38; drei Paar Latzhosen, Taille 32, Länge 34; schwarze Schaftstiefel, Größe 8. Ein paar weiße Hemden, Kragen 15, Ärmel 32. Männerkleidung.
Howards Geliebte war ein Mann.
Dann durchsuchte Walter die Kommode. Untere Schublade leer. In der mittleren Schublade Männerunterwäsche, Socken, ein paar T-Shirts. Größe medium. Zu klein für Howard. In der oberen Schublade mehr davon, aber Größe »L«.
Das ist vielleicht ein Job, dachte er, als er in Howards Unter
wäsche herumwühlte. Er war dankbar, dass Howard im Augenblick nicht darin steckte.
»Es ist eine traurige Welt voller Misstrauen«, murmelte er leise, als er eine dünne lederne Brieftasche fand. Er zog sie mit Daumen und Mittelfinger heraus und klappte sie auf.
Auf dem Führerschein stand »Howard Benson«, doch die Beschreibung passte zu Michael Howard, 1,86 Meter, braunes Haar, braune Augen. Die Unterschrift stimmte mit der Handschrift von Howards Bewerbung überein. Das »Howard« war identisch.
Die Unterschriften auf den Kreditkarten von American Express und Diners Club erzählten die gleiche Geschichte: Howard Benson war Michael Howard.
Wann, o wann werden Amateure endlich ein bisschen kreativer bei der Wahl der falschen Namen werden?, fragte sich Walter. Wenn man ein Doppelleben führt, gehören ein paar Pflichten dazu, darunter die, dass man sich ein wenig anstrengen muss. »Howard Benson«, wirklich.
Jack in der Stadt und Ernest im Vorort, dachte Walter, dem passenderweise Oscar Wildes Ernst sein ist alles einfiel.
Doppelzüngig sein ist alles, dachte Walter. Besonders im Amerika der letzten Tage des Jahres 1958. Nun, die große Beförderung wird weder Michael Howard noch Howard Benson bekommen, dachte Walter. Homosexuelle sind im Casino für leitende Angestellte personae non gratae . Unerwünscht. Bedauerlicherweise war die Möglichkeit, dass Howard etwas mit Industriespionage zu tun hatte, damit noch nicht vollständig ausgeschlossen. Also musste er noch Howards Liebhaber ausfindig machen und bestätigen, dass es eine rein sexuelle Beziehung war.
Rein sexuell, dachte Walter. Das ist doch der Lacher des Tages. Rein sexuell.
Du sollst nicht Pause machen und nachdenken, ermahnte sich Walter. Du sollst dir auch keine Zeit für eine Analyse lassen, denn wer auf feindlichem Terrain zögert, ist verloren.
Weiter ins Wohnzimmer. Bemerkenswert unbemerkenswert. Sofa, Sessel, Couchtisch. Ein einzelnes Bücherregal mit Bestsellern. Ein paar Bände, die ein mögliches Interesse fürs Theater verrieten.
Hier wohnt niemand, dachte Walter. Es ist eine konspirative Wohnung.
Doch dann fiel ihm etwas auf dem Couchtisch auf. Was war das?
Streichholzbriefchen in einer Glasschüssel. Etwas Pinkfarbenes fiel ihm auf. Die Silhouette eines Mannes, der die Welt auf den Schultern trug. Das Good Night.
Walter durchwühlte die Schüssel. Nicht ein Streichholzbriefchen vom Good Night, sondern vier.
Man frequentierte den Laden also.
Und nicht nur Michael Howard/Howard Benson, dachte Walter. Anne und auch Alicia, die dort arbeitet, frequentieren ihn. Und wenn du zu der Weihnachtsparty gekommen wärst, Michael Howard, hättest du mir die Mühe ersparen können, in deine Wohnung einzubrechen. Aber du warst bei deiner Familie zu Hause in deinem Vorort.
Er
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