Manipulationstechniken. So wehren Sie sich. (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
stehen in Verhandlungen mit einem amerikanischen Unternehmen. Sie besitzen ein Patent auf ein neues technisches Gerät und sie hatten geplant, die Lizenz an das amerikanische Unternehmen zu vergeben. Die Forderungen der amerikanischen Seite aber werden aus Ihrer Sicht immer dreister. Man setzt Sie unter Druck, indem man andeutet, eine eigene Entwicklung auf den Weg zu bringen, wenn Sie die Konditionen nicht akzeptieren. Sie drehen sich seit etlichen Verhandlungsrunden im Kreis; Sie haben das Gefühl, einen Endpunkt erreicht zu haben. Wie formulieren Sie den Gesprächsabbruch?
(Kleiner Tipp: Denken Sie an eine gute Begründung des Abbruchs; wie könnte eventuell eine goldene Brücke aussehen? Hinweis dazu: auf die gemeinsamen Interessen und die bereits erzielten Vereinbarungen aufmerksam machen etc.)
Sachliche Robustheit
Im ersten Abschnitt dieses Kapitels haben wir uns mit konkreten Kommunikationswerkzeugen beschäftigt, die helfen können, Manipulationen abzuwehren. Diese Werkzeuge sind relativ einfach und leicht zu lernen. Sie sind gewissermaßen unsere Floretts, Degen und Säbel, die wir zu unserem Schutz verwenden können. Diese Werkzeuge sind wichtig, aber es gibt noch einen anderen Weg, wie wir uns verteidigen können. Wir legen uns eine Rüstung zu. Weniger bildlich gesprochen: Wir entwickeln sachliche Robustheit.
Robustheit ist ein Schutzfaktor, an dem Manipulationen abprallen können. Robustheit besteht im Grunde aus nichts anderem als der sachlichen Festigkeit der eigenen Position. Wenn meine Position gut begründet, meine Anliegen berücksichtigt sind, dann werde ich bereits auf der sachlichen Ebene gut gegen unfaire Verhaltensweisen und Angriffe gewappnet sein.
Vier Elemente oder Faktoren helfen bei der Entwicklung von Robustheit:
Sie kontrollieren die Beweislast.
Sie bauen Begründungsdruck auf.
Sie verteidigen Ihre Anliegen.
Sie kennen Ihre Ausstiegsoption.
Diese vier Elemente wollen wir uns im Folgenden etwas genauer anschauen.
Sie kontrollieren die Beweislast
Vor Gericht gilt das Motto: in dubio pro reo, im Zweifel für den Angeklagten. Das heißt: Die Unschuldsvermutung hat Priorität. Ein Angeklagter ist solange als unschuldig anzusehen, solange seine Schuld nicht zweifelsfrei nachgewiesen ist. Vor Gericht liegt somit die Beweislast nicht auf Seiten des Angeklagten, sondern auf Seiten des Staatsanwalts.
Die Beweislast ist ein zentraler Faktor in Diskussionen und argumentativen Situationen. Wer die Beweislast kontrolliert, befindet sich zunächst in einer stärkeren Position. Er kann sich darauf verlegen, den Gesprächspartner um gute Gründe für die von ihm vertretene Position zu bitten. Wenn die Beweislast auf der Seite meines Gesprächspartners liegt, bin ich nicht genötigt, selbst nach Gründen für meine Meinung oder meinen Standpunkt zu suchen. Vielmehr kann ich durch geschicktes Fragen die Position des Gesprächspartners testen.
Gerade dann, wenn jemand eigentlich keine guten Gründe hat, und das ist bei Manipulatoren ja häufig der Fall, gerade dann kann die Beweislast ein wichtiger Verbündeter für mich sein. Das gilt besonders in argumentativen Auseinandersetzungen. Ich kann mir die Beweislast zu nutze machen, wenn der Manipulator versucht, mich in die Enge zu treiben.
Zuerst entsteht natürlich die Frage, woher man weiß, wer die Beweislast eigentlich trägt. Zur Identifikation der Beweislast gibt es ein paar Faustregeln:
Die Beweislast trägt, wer
etwas verändern möchte und gegen den Status Quo argumentiert
eine neue, ungesicherte Behauptung in das Gespräch einführt
etwas vertritt, was der allgemeinen Meinung entgegen steht
für die riskantere Seite argumentiert.
Am besten illustrieren wir das anhand konkreter Beispiele:
Beispiel 1
Das Alphateam bei Promog hat einen Plan zur Einführung eines neu entwickelten Produkts aufgestellt. Klaus, ein Teammitglied, konfrontiert Max, den Projektleiter, bei einer Besprechung mit einem Vorschlag, der den Ablauf in Frage stellt.
Hier liegt die Beweislast auf der Seite von Klaus; also nicht Max muss zeigen, dass man an dem gemachten Plan festhält, sondern Klaus, dass er geändert werden sollte. Das heißt Klaus braucht gute Gründe. Max kann sich auf kluges Fragen zurückziehen.
Beispiel 2
Jürgen und Ferdinand machen eine Bergtour. Sie haben die Zeit für den Aufstieg zur Hütte, die sie erreichen wollen, etwas unterschätzt. Ferdinand schlägt vor, einen etwas weniger sicheren, steileren, aber kürzeren Aufstieg zu
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