Manipulationstechniken. So wehren Sie sich. (Haufe Sachbuch Wirtschaft) (German Edition)
und Mitteleuropa.
Diesen latent vorhandenen Konsensdruck kann der Manipulator sich zu nutze machen, um die sogenannte Konsensfalle aufzustellen. Das heißt mit anderen Worten, der Manipulator nutzt unsere Tendenz aus, jene Verhaltensweisen als richtig zu empfinden, die wir bei anderen Menschen beobachten. „Wenn die anderen das auch machen,dann muss das O.K. sein.“ Dieses Prinzip ist umso wirkungsvoller, je mehr Unsicherheit wir spüren, je unsicherer wir selbst in der Einschätzung von Situationen sind. Da, wo wir keine klaren Handlungsanleitungen haben, wo wir mit neuen Dingen konfrontiert sind, da orientieren wir uns gern daran, was die anderen machen. Betrachten wir hierzu wieder ein Beispiel:
Beispiel Teil 1
Ludwig erklärt seiner Mitarbeiterin Claudia, die sich weigert für das neue Projekt Überstunden zu machen: „Ich kann verstehen, dass Sie am Wochenende gern bei Ihrer Familie sein möchten. Uns geht es allen so. Aber die meisten in unserem Projekt, auch die mit Familie, haben bereits eingesehen, dass angesichts der Wichtigkeit dieser Sache mal eine Ausnahme gemacht werden muss. Sie würden zu den sehr wenigen gehören, die sich dagegen stemmen.“
Ludwig versucht gezielt sozialen Druck aufzubauen, indem er darauf aufmerksam macht, dass bereits eine Mehrheit hinter ihm steht. Eine Mehrheit von Personen, die auch – wie Claudia – Familie haben und für die auch die Familie eine wichtige Rolle spielt. Ludwig nimmt auf diese Weise Claudia die zentrale Rechtfertigungsbasis für ihren Standpunkt. Es wird klar: Sie hat keinen guten Grund, die Überstunden abzulehnen. Claudia steht mit ihrem Ansinnen also ziemlich isoliert da.
Der Trick des Manipulators besteht also darin, darauf hinzuweisen, dass es eine Mehrheit für seine Sache gibt. Seine Absicht ist, den anderen zu isolieren und so den Wunsch in ihm entstehen zu lassen, sich der breiten Mehrheit anzuschließen. Es fällt schwer sich dagegen zur Wehr zu setzen. Immerhin sind wir Gruppenwesen. Und in unserer Erfahrung sind wir ja meistens gut damit gefahren, wenn wir uns den Sichtweisen und den Verhaltensweisen der anderen Menschen angeschlossen haben. Unser Konsensinstinkt ist, wie Cialdini formuliert, ein Art Autopilot, der uns durch schwieriges und unbekanntes Gelände zu navigieren hilft.
Wie schützt man sich in Situationen, in denen der Manipulator versucht sozialen Druck aufzubauen und die Konsenstaktik anzuwenden? Hier gibt es eigentlich nur eine Antwort: standhaft bleiben und dem eigenen Urteil vertrauen. Außerdem: Sich weitere Informationen verschaffen und so die Unsicherheitssituation überwinden.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, gezielt Fragen zu stellen, um offen zu legen, wie viele Personen wirklich schon auf der Seite des Manipulators stehen. Häufig ist die starke Position nämlich nur vorgetäuscht. Man kann dies daran erkennen, dass der Manipulator nur recht vorsichtig und abgeschwächt formuliert, wie viele Leute er tatsächlich hinter sich hat. Und so kommt es zu Formulierungen wie:
Beispiel
„Es gibt eine große Anzahl von Befürwortern meines Plans.“
„Wirklich? Wer denn alles?“
„Nun, so genau darf ich Ihnen das nicht sagen.“
Beeindruckt Sie das jetzt noch? Ich hoffe, nicht. Sehen wir uns an, wie Claudia aus unserem Beispiel von oben reagiert.
Beispiel Teil 2
Claudia: „Das ist ja sehr gut, wenn es schon so viele gibt, die bereit sind, die Überstunden zu machen. Dann brauchen Sie mich ja eigentlich nicht.“ (Claudia kehrt die Argumentation geschickt in ihrem Sinne um.)
Ludwig: „Würden Sie das nicht für unfair halten, wenn die anderen bleiben und Sie gehen.“ (Ludwig versucht ein schlechtes Gewissen zu erzeugen.)
Claudia: „Nein. Unfair wäre es, wenn man bleiben müsste, obwohl man nicht will. Die anderen wollen ja bleiben. Das ist eine faire Sache.“ (Schönes Eigentor, Ludwig.)
31. Übung: Konsensfalle
Überlegen Sie bitte ein eigenes Beispiel für eine Konsensfalle.
32. Übung: Konsensdruckfaktor (siehe Lösungsteil)
Neben dem Faktor Unsicherheit gibt es noch einen weiteren Faktor, der den Konsensdruck fördert. Welche könnte das sein?
Langeweile
Ähnlichkeit
Sympathie
Emotionale Anspannung
Selbstgewissheit
Die Falle des schlechten Gewissens
In unserer Trickkiste finden wir ein kleines Kissen. Aufgestickt ist der Spruch: „Ein ruhiges Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen“. Wer kennt nicht diese etwas abgedroschen klingende Alltagsweisheit.
Aber sie trifft einen durchaus
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