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Mann meiner Sehnsucht (German Edition)

Mann meiner Sehnsucht (German Edition)

Titel: Mann meiner Sehnsucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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hier?”
    “An einem heiligen Ort.”
    “Ein heiliger Ort?”
    Gabriel nickte. “Meinem Volk sind solche Orte heilig. Ich denke, die meisten Indianerstämmen empfinden so. Schon vor Urzeiten müssen die Menschen das Besondere dieses Ortes gefühlt haben. Warum sonst hätten sie die Zeichnungen anbringen sollen?”
    “Kennst du ihre Bedeutung?”
    Gabriel schüttelte den Kopf. “Nein. Ich glaube, niemand kennt sie. Vielleicht waren es Gebete für eine gute Jagd oder eine Danksagung. Vielleicht wollten die Zeichner aber auch nur nicht, dass das Wissen um ihre Welt verloren geht.” Er zuckte mit den Achseln. “Wer weiß.”
    Nachdenklich betrachtete Hope die bunten Figuren, die vor ihren Augen zum Leben zu erwachen schienen.
    “Sie sind wunderschön”, hauchte sie andächtig. Gabriel schloss von hinten seine Arme um sie, und zog sie an seine Brust. Sie fühlte, wie er sein Kinn auf ihren Kopf legte.
    “Es freut mich, dass du so empfindest”, er presste einen Kuss auf ihren Scheitel, “aber ich glaube, den meisten Weißen wären diese Zeichnungen völlig egal.” Seine Stimme klang bitter, als er weiter sprach. “Sie kommen in unser Land, nehmen es sich, ohne zu fragen, und sie töten die Tiere nur so zum Vergnügen. Sie zerstören alles, was ihnen nicht nützlich ist oder das sie nicht verstehen.” Seine Arme schlossen sich fester um sie. “Sie haben keinen Respekt vor unseren Traditionen, keinen Respekt vor dem Leben.”
    Hope wusste nicht, was sie erwidern sollte, denn tief in ihrem Herzen befürchtete sie, er hatte Recht.
    “Laß uns gehen”, sagte er nach einer Weile.
    “Heißt das, du hast einen Weg hinaus gefunden?”
    Gabriel grinste bei dem Eifer in ihrer Stimme. “Hast du etwa daran gezweifelt?”
    “Aber nicht eine Sekunde”, gab Hope mit gespielter Entrüstung zurück und eilte ihm nach, um ihre Sachen zu holen.
     
    “Oh nein!”, rief Hope entsetzt, als sie vor den rauchenden Überresten ihrer Hütte standen. Cummings und seine Männer hatten ganze Arbeit geleistet. Was nicht verbrannt war, hatten sie niedergerissen, sodass nicht ein brauchbares Teil übrig geblieben war. Sogar die Schwitzhütte war ihrer Zerstörungswut zum Opfer gefallen.
    “Großvaters Bücher”, schluchzte sie, “unsere Vorräte.” Gabriel zog sie tröstend in seine Arme. Sie hatte nie viel besessen in ihrem Leben, aber das wenige, das sie ihr Eigen nennen konnte, war ihr schon wieder genommen worden.
    “Was sollen wir denn jetzt nur tun?”
    Gabriel sah sich um. Der Schnee auf dem freien Platz vor der Hütte war aufgewühlt, so als hätten Cummings und seine Männer noch nach etwas gesucht. Vermuteten sie, dass Hope und er noch am Leben waren?
    Möglich war es.
    Als sie den Ausgang der Höhle erreicht hatten, hatte sich ihnen ein fantastischer Blick über die atemberaubende Welt der Berge geboten, sodass sie Cummings und seine Schergen am liebsten vergessen hätten. Schneebedeckte Gipfel, tiefe Schluchten und Täler, steile Abhänge, rauschende Wälder und glitzernde Seen in der Ferne unter einem stahlblauen Himmel. Es war nicht schwer, sich vorzustellen, warum diese Höhle für die Indianer ein heiliger Ort war, denn auch Hope fühlte den Hauch des Magischen, der ihn umwehte.
    Vorsichtig hatten sie sich dann auf den beschwerlichen Weg zurück zur Hütte gemacht. Es gab keinen Pfad, dem sie hätten folgen können, somit mussten sie sich selbst einen Weg entlang der teils extrem brüchigen Felswand suchen. Falls es einst einen Pfad gegeben hatte, so war er längst hinabgestürzt in die Tiefe. Mehr als einmal waren sie ins Rutschen gekommen, jeder Schritt, beinahe jede Bewegung konnte den sicheren Tod bedeuten. Motte, sicher verstaut in einer Trageschlaufe, die Gabriel aus ihrer Decke gefertigt und sich über den Rücken gehängt hatte, hatte sich erstaunlich ruhig verhalten, auch wenn ihr hin und wieder klagendes Maunzen unschwer erkennen ließ, dass sie sich alles andere als wohl fühlte. Hope hatte es am schwersten gehabt. Ihre Arme und Beine waren kürzer, somit konnte sie die meisten Handgriffe und Spalten, in denen Gabriel festen Halt fand, nicht erreichen. Zudem pfiff ein eisiger, schneidender Wind, der ihre Kleidung scheinbar bis in die Knochen durchdrang und die Finger in kürzester Zeit gefühllos werden ließ. Der Wind trieb Wolkenfetzen von sich her, die dichter und dichter wurden, bis sie erneut schwer und grau den Himmel bedeckten. Dazu sank die Temperatur ständig.
    Aber sie hatten es geschafft.

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