Mann mit Anhang
Segen
erzwingen?«
»Ein Kind.«
»Goggi! Ich möchte dich doch
dringend ersuchen —«, sagte er nach einer kleinen Schrecksekunde.
»Keine Aufregung, Papa. Man
kriegt kein Kind vom Rock’n’ Roll. Und vom Anhimmeln auch nicht.«
Gutting wurde böse. »Hör zu,
ich bin bestimmt ein aufgeschlossener und moderner Vater, aber es gibt da
gewisse Grenzen.«
Goggi machte ihr bockiges
Gesicht und zeichnete mit dem Daumennagel aufs Tischtuch. »Ein Baby ist was
Süßes, auch ein zu früh gekommenes Baby.« Sie sah ihren Vater bedeutsam an. »Du
solltest das doch am besten wissen, Papa.«
So,
nun war es heraus. Endlich! Sie hatte es jahrelang mit sich herumgetragen, und
einmal mußte sie darüber sprechen: sie war zu früh auf die Welt gekommen,
unschicklich früh im landläufigen Sinn.
Die Kenntnis dieser Tatsache
verdankte Goggi einem Zufall. Eines Tages hatte sie im Auftrag des Vaters ein
bestimmtes Papier aus dessen Schreibtisch herausgesucht und war bei dieser
Gelegenheit auf den Heiratsschein ihrer Eltern gestoßen. Sie hatten an einem
10. Januar geheiratet, und am 10. Juli desselben Jahres war sie auf die Welt
gekommen. Papa war damals erst 23 Jahre alt gewesen und ihre Mutter 21. Mein
Gott, wie jung!
Aus Bemerkungen ihres Vaters
hatte sie herausgehört, daß sich sein Leben mit seiner Verheiratung schlagartig
geändert hatte. Er war ursprünglich mit großen Ideen an das Studium der Chemie
herangegangen, aber dann hatte er, um eine Existenz für seine Familie zu
gründen, das Studium aufgegeben. Jemand hatte ihm einen Batzen Geld zur
Gründung seines jetzigen Betriebes gegeben, »einer, der meiner und Margots
Verbindung wohlwollend gegenüberstand«, hatte Gutting einmal gesagt. Goggi nahm
an, daß dieser Jemand Paul Uckermann war, aber sie hatte nie genau hinter diese
Zusammenhänge kommen können.
Nach ihrer Bemerkung, die sie
schon wieder bereute, äugte sie verstohlen zu ihrem Vater hinüber. »Ich wollte
mir kein Urteil anmaßen, ich wollte nur auf die Tatsache hinweisen, daß
verfrühte Babys in den besten Familien vorkommen.«
Sie sah, wie es hinter Ronalds
Stirn arbeitete, und zerbrach sich den Kopf, wie sie ihre ungeschickte Bemerkung
wiedergutmachen könnte. Verlegen fragte sie: »Magst du noch eine Tasse Kaffee?«
Er nickte zerstreut.
»Mama war deine ganz, ganz
große Liebe, nicht wahr? Ich finde das wunderbar.«
Der Kaffee hatte sie belebt.
Vielleicht war es besser, diese Dinge einmal auszusprechen, als ewig mit sich
herumzutragen. »Aber du bist eigentlich zu jung, um dich für ewige Zeiten zu
vergraben Du hättest nicht allein bleiben sollen nach Mamas Tod.«
Ronald griff über den Tisch und
holte Goggis Hand zu sich hinüber »Das verstehst du nicht. Und außerdem bin ich
nicht allein geblieben. Ich habe ja dich.«
»Ich weiß schon. Aber ich bin
doch nicht so ganz die richtige.«
Sie lächelte betrübt. »Ich
mache dir nur Scherereien. Ich bin egoistisch und schlecht erzogen und koste
dir einen Haufen Geld. Und du hast eigentlich gar nichts von mir als nur
Ärger.«
Er
ließ ihre Hand los und griff in die Tasche seines Morgenrocks. »Rauch mal eine
Beruhigungszigarette«, sagte er und hielt ihr die Packung hin.
Goggi nahm eine Zigarette aus
der Packung und lehnte sich über den Tisch, während er ihr Feuer reichte. »Wenn
du nicht mein Papa wärst, könnte ich mich in dich verlieben«, meinte sie. »Was
für ein Unsinn, daß Töchter heiraten und von zu Hause weglaufen.«
Ronald drehte seine Zigarette
zwischen den Fingern. »Nicht alle laufen von zu Hause weg. Von dir zum Beispiel
wäre es sehr unrecht. Das Haus ist viel zu groß für mich. Ich müßte die Hälfte
niederreißen, um mich darin wohlzufühlen. Außerdem bist du für einen Mann
allein viel zu schwer erziehbar. Mit dir haben zwei Männer flott zu tun, um
dich zu bändigen.«
Er sah mit einer Mischung aus
Verzweiflung und Zorn zu ihr hinüber. »Du kannst nicht einfach von mir
wegrennen, verstehst du?« Er schob die Tasse ärgerlich von sich weg. »Nein, das
verstehst du natürlich nicht. Aber das soll dich nicht daran hindern, mit Nico
hier deinen Einzug zu halten, wenn du nicht ohne ihn leben kannst.«
Goggi stand auf. Sie ging
langsam um den Tisch herum und machte vor ihm halt. Sie war zu bewegt und auch
viel zu verkatert, um über diesen großzügigen Vorschlag jetzt sprechen zu
können. »Du fängst an, ein bißchen grau zu werden, Papa«, sagte sie und zog mit
ihrem Zeigefinger Kreise durch sein dichtes Haar.
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