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Mann mit Anhang

Mann mit Anhang

Titel: Mann mit Anhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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Sorglosigkeit kannte
keine Grenzen. Er zuckte die Schultern. »Es wird sich alles aufklären.
Jedenfalls finde ich sie charmant.«
    »Ich auch«, sagte Goggi knapp.
Sie brütete düster vor sich hin. »Ich wollte sie eigentlich gräßlich finden,
aber ich bringe es einfach nicht fertig.«
    Jeannette kam schon wieder
zurück. »Das ging schnell, nicht wahr?« Auf ihrem Gesicht lag ein flaches
Lächeln. »Leider muß ich heute noch nach Paris. Sheila braucht mich. Ich habe
mich schon erkundigt. Ich kann um 16.15 Uhr fliegen und bin um 18.45 Uhr in
Paris.«
    Der Ober hatte das Hors
d’oeuvre gebracht und die Gläser gefüllt. Jeannette war nachdenklich, seit sie
mit Paris telefoniert hatte, und das Gespräch begann zu stocken.
    Nico erzählte von den Plänen,
die er gemeinsam mit seinem zukünftigen Schwager ausgeheckt hatte, und
Jeannette erwies sich als eine aufmerksame Zuhörerin. Sie machte Einwände und
stellte Fragen. »Ich wünschte, ich hätte auch einen Schwiegersohn«, sagte sie
abschließend mit der ihr eigenen Art, die Dinge unverblümt auszusprechen.
»Unverheiratete Töchter sind sehr problematisch, sie sind exaltiert und fallen
von einem Extrem ins andere. Läßt man den Zügel lang, nützen sie diese
Freizügigkeit aus, hält man sie kurz, finden sie einen engherzig und werden
verstockt. Ich würde Sheila lieber heute als morgen verheiraten.«
    Goggi spießte eine gefüllte
Olive auf und ließ sie gedankenvoll hinter ihren Lippen verschwinden. »Sie
sollten sich an unseren Freund Paul wenden. Der macht so was aus dem
Handgelenk. Er hat auch mich verheiratet, trotz Papas Widerstand.«
    Nico fletschte die Zähne. »Und
er hat eine glückliche Hand. Sie sehen ja, was für einen guten Griff er mit mir
getan hat.«
    »Wer ist Paul?«
    Goggi suchte nach einer
treffenden Erklärung. »Paul Uckermann ist ein Universalmensch, Maler, Oberster
unseres Familienrates, Finanzberater, Mäzen, verknurrtes Ekel, Kindermädchen
für Papa. Und eben Heiratsvermittler.«
    Jeannette ließ die Hand, die
die Gabel hielt, langsam auf den Tisch zurücksinken. Ihre Augen wurden schmal.
»Ach ja, Uckermann. Ich erinnere mich. Es gab ihn damals auch schon, als ich
noch in München war. Ich glaube, er hatte immer eine Vorliebe fürs Ehestiften.«
Sie hob ihr Glas. »Ich möchte auf Sie beide trinken.«
    Nachdem Goggi getrunken hatte
und ihr Glas eben absetzen wollte, hielt sie in der Bewegung an. »Da ist er«,
sagte sie und blickte starr auf den Eingang zum Speisesaal. »Papa!«
    Alle drei sahen zu Ronald
hinüber, der mit Jacky an der Leine dastand und seine Augen über die Tische
gleiten ließ. Ein Hotelgast mit einem Hund, der nach einem freien Platz sucht.
    Jeannette wechselte die Farbe,
aber niemand bemerkte es.
    Endlich sah Gutting Goggis
erhobene Hand, mit der sie ihm winkte. Er stutzte und kniff nach Art der
Kurzsichtigen die Augen zusammen. Wie er sich anstellte! Goggi war empört.
Einen Augenblick sah es so aus, als wollte er kehrtmachen und ausreißen. Doch
dann straffte er sich und durchschritt mit Würde den Speisesaal. Neben ihm her
ging im Stechschritt Jacky, der die Feierlichkeit des Augenblicks spürte. Er
setzte die Pfoten hart wie gespitzte Griffel auf. Im allgemeinen schätzte er spiegelblanke
Parkettböden nicht sehr, Böden in Hotels bildeten jedoch eine Ausnahme. Hotels
waren angenehme Aufenthaltsorte, denn hier bekam man erfahrungsgemäß von den
Speisen vorgesetzt, an denen sich auch die Menschen delektierten, leckere,
scharfgewürzte Brocken oder knusprig Gebackenes aus der Pfanne. Zu Hause gab es
immer Gesundheitsnahrung, salzlos, fettarm. Keine Götterkost wie im Hotel.
Ronald rang, während er dem Tisch immer näher kam, um Sicherheit. Er war wie
vom Blitz getroffen. Ein Blitz aus heiterem Himmel! Er hatte in seinem
Hotelzimmer gelegen und darüber nachgedacht, daß er nun, da Goggi verheiratet
war, nicht mehr viel Verantwortung dem Leben gegenüber hatte. Er konnte es sich
leichter machen und das Dasein aus der Perspektive eines behaglich alternden
Mannes betrachten. Nicht immer auf Draht sein müssen, das war keine unangenehme
Vorstellung. Nicht immer auf Jugendlichkeit und Figur achten müssen. Er hatte
sich auf eine ausgiebige Mahlzeit gefreut und sich, während der Lift ihn sachte
von oben nach unten getragen hatte, eine Speisenfolge ausgedacht, die jeder
Schlankheitstheorie spottete.
    Und nun saß da Jeannette, die
schattenhafte Frau seiner Träume, und sah jünger und hübscher aus, als

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