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Mann mit Anhang

Mann mit Anhang

Titel: Mann mit Anhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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Privatgespräche zu belauschen.«
    Mrs. Bonnard sagte: »Wunderbar.
Heute mittag zum Lunch. Wann paßt es Ihnen?«
    »Um ein Uhr, wenn es Ihnen
recht ist. Und wo?« Wieder hielt sie die Hand über die Sprechmuschel und raunte
Nico zu: »Nimm sofort die dritte Schinkensemmel aus dem Mund, Liebster, wir
sind zum Lunch eingeladen.«
    »Kommen Sie zu mir ins Hotel,
ja? Hotel >Regina<«, sagte Mrs. Bonnard.
    »Ja, furchtbar gern.«
    Nachdem Goggi eingehängt hatte,
legte sie den Arm um Nico. »Unsere erste Einladung. Herr und Frau Orlano werden
gebeten. Und ausgerechnet von der sagenhaften Jeannette Bonnard, von der Papa
zweimal im Jahr einen Brief bekommt und einmal in drei Jahren spricht und rot
dabei wird wie ein Pennäler.«
    Nico marschierte ins Bad. Er
sprach durch die offene Tür. »Wir treffen uns also um ein Uhr dort. Wirst du
pünktlich sein?«
    »Wieso treffen? Das fängt ja
schon gut an. Du kannst mich doch nicht allein dorthin laufen lassen, an meinem
ersten Ehetag!«
    »Wer spricht von laufen,
Schatz? Du kannst die Straßenbahn nehmen. Ich erlaube es dir und finanziere es
sogar.«
    Goggi setzte sich im Bett
zurecht. Sie zog die Knie an und stützte den Kopf darauf. »Oh, so bist du?
Sarkastisch und gemein, ein brutaler Mann, der seine Frau demütigt. Und mit so
was ist man verheiratet.«
    Nico unterbrach sein Pfeifen.
»Was hast du eigentlich an der Linie 25 auszusetzen?«
    »Daß sie kein Taxi ist. Ich
werde ein Taxi nehmen.«
    »Davon kann ich dir nur abraten«,
entgegnete Nico zum Rauschen der kalten Brause. »Du bist jetzt kein
wohlhabendes Mädchen mehr, sondern eine junge, mittellose Frau, die Frau eines
Mannes, der mit einer drückenden Schuldenlast in diese Ehe gegangen ist. Jetzt
wird gespart. Taxi fällt aus.«
    Goggi kicherte. »Du bist
wirklich ein Prunkstück. Zuerst läßt du dir von mir das Frühstück ans Bett
servieren, dann läufst du ohne irgendeine Erklärung weg und hältst mir
Moralpredigten aus dem Bad. Was hast du eigentlich vor?«
    »Ich gehe schuften. Aufnahmen
machen bei einem Modellfrisieren. Strampelhöschen verdienen für unsere Kinder.
Du bist ja zu spießig, um sie nackt und gesund aufwachsen zu lassen.«
    Goggi lächelte. »Charmant bist
du zu Frauen. Wo hast du das eigentlich gelernt?« Sie ließ sich ins Bett
zurücksinken und kreuzte die Arme hinter dem Kopf. Es war wunderbar, mit Nico
verheiratet zu sein. Man konnte so herrlich mit ihm flaxen, fast so gut wie mit
Papa. Das blaue Rauchwölkchen ihrer Zigarette stieg kerzengerade in die Luft,
machte dann einen kleinen Bogen und löste sich auf. Wir sind eine wunderbare
Familie, Nico, Papa, Jacky und ich, überlegte sie. Kein Platz für einen
Fünften. Sie verspürte plötzlich eine heimliche Genugtuung, daß Papa Mrs.
Bonnard verfehlt hatte. Nebenan rumorte Nico. Sie hatte nie geahnt, wieviel
Lärm ein Mann bei der morgendlichen Toilette machen konnte.
    »Neulich beim Frühstück habe
ich Papa zugeredet, er solle doch heiraten«, rief sie ins Bad hinüber. »Was
meinst du, Nico? Wäre das gut für Papa?«
    Nico war schon fertig
angezogen. Er trat zu Goggi ans Bett und küßte sie. »Jawohl, dein Vater soll
heiraten. Er hat mich um eine Schwiegermutter geprellt.« Er hob Goggis Kinn.
»Punkt ein Uhr am Hotel >Regina<. Wird die Signora pünktlich sein?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Dann gibt es unseren ersten
Ehekrach.«
    »Auf offener Straße?«
    »Auf offener Straße.«
    »Ich bin doch lieber pünktlich.
Ich nehme mir ein Taxi.«
    »Du nimmst die Linie 25. Und
dann die 6. Auf Wiedersehen.« An der Tür blieb er stehen und zeigte seine
schönen, großen Zähne. »Das Herz bricht mir, weil ich dich verlassen muß.«
    Sie winkte mit einer tragischen
Gebärde. »So zieh denn hin. Was für ein grausamer Hochzeitsmorgen.«
    »Rauch nicht zu viele
Zigaretten. Du weißt, du hast mir Gehorsam geschworen.«
    Als Goggi allein war, schloß
sie die Augen. Es war so wunderbar gewesen, all diese verliebten Wochen und
Monate mit Nico. Aber seit gestern war alles noch viel, viel schöner, jedes
Wort, jede noch so kleine Gebärde hatte einen Sinn bekommen. Ein Leben lang mit
Nico. Kinder mit Nico, Sorgen mit Nico, Krach mit Nico, Versöhnung mit Nico,
Freude, Enttäuschung, Reisen, Winter, Sommer, Herbst, alles mit Nico. Das
Frühstück, das Abendessen, die Launen von Fräulein Muhr, die Rosen und das
frisch geschnittene Gras im Garten, der Igel Alois und heute mittag die
Begegnung mit Mrs. Bonnard, alles gemeinsam mit dem geliebten Mann.

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