Mann mit Anhang
Granada
und Lorca nach Alicante und dem nahegelegenen Altea kommen.
Ronald hatte sich schon am
zweiten Tag einen Sonnenbrand geholt. »Daß mir nur mit Nico-Zwos geheiligter
Haut nichts passiert«, legte er Angelika ans Herz.
Sie beruhigte ihn. Nico Zwo saß
während der heißen Stunden unter einem roten Sonnendach, und wenn er kreischend
ins Meer robbte, wurde er eingeölt wie eine Ölsardine.
»Ich fahre heute abend nach
Calpe hinüber und esse im Pasador zu Nacht«, sagte Ronald am dritten Tag. Ihn
gelüstete plötzlich nach Menschen, nach einer anderen Bucht, nach einem Abend
ohne Enkelkind und Kinderschwester, nach einem winzigen Seitensprung in das
Leben eines sich plötzlich wieder jung fühlenden Mannes, bevor Goggi und Nico
kamen und ihn die liebe Familie mit ihrem Lärm und ihren Erzählungen und
gemeinsamen Unternehmungen wieder völlig einkreiste.
Dort, wo von der Hauptstraße
nach Valencia der Weg nach Calpe abbog, stand ein bestaubter, weißer Sportwagen
mit englischer Nummer. Der junge Mann, ein Bulle mit einem gewinnenden
Etonlächeln, der offenbar zu dem Wagen gehörte, stand da und winkte. Ronald
stoppte und erfuhr, daß dem Engländer das Benzin ausgegangen war.
»Ich kann Ihnen aushelfen, ich
habe einen Reserve-Kanister bei mir.«
Der Bulle mit dem Kindergesicht
dankte. »Das ist gut, denn ich möchte möglichst bald von dieser Bucht
wegkommen.«
»Warum? Gibt’s Haifische? Oder
Typhus?«
»Das wäre nicht so schlimm,
aber sie!«
»Ach so, ich verstehe.« Ronald
holte unter Jackys argwöhnischen Blicken den Kanister aus dem Gepäckraum. Jacky
konnte es nicht leiden, wenn von seinem Auto irgend etwas in das Auto eines
anderen überging.
Der Engländer kippte das Benzin
in seinen Tank. »Sie verpflichten mich sehr.« Er zog seine Brieftasche.
Aber Ronald wehrte ab. »Bitte,
lassen Sie das! Helfen Sie mir aus, wenn ich mal irgendwo nicht mehr weiter
kann. Oder opfern Sie für mich eine Kerze, wenn Sie in eine Kirche kommen.«
»Ich werde in eine Kirche
kommen, so wahr ich hier stehe. Denn ich werde das Gelübde ablegen, daß ich nie
mehr im Leben mit! einem halbverrückten Mädchen etwas zu tun haben will.
Letzten Endes sollte ein Mann sich doch nur mit vernünftigen Mädchen
einlassen.«
Ronald lächelte. »Die anderen
sind nur leider die Reizvolleren.«
Der große Junge blickte betrübt
in die Richtung, aus der er gekommen war. Dann holte er seine Karte aus der
Brieftasche. »Wenn Sie mal nach England kommen, nach Schottland, besuchen Sie
mich doch bitte. Ich würde mich freuen.«
»Gem.« Ronald suchte nach
seinen Karten, aber er hatte sie nicht bei sich. Er kritzelte seine Adresse auf
einen Zettel. »Sicher kommen hundert Schottländer eher nach München als ein
Münchner nach Schottland. Sie rufen mich an, ja?«
»Oh, München! Hofbräuhaus,
Platzl!«
»Ja, und noch ein paar andere
Kleinigkeiten. Aber die sind für Touristen wahrscheinlich völlig uninteressant.
Die Pinakothek zum Beispiel.«
Der Mann mit dem Sportkragen
entblößte seine Zähne. »Seien Sie ehrlich, auch Sie erwarten in Schottland
nicht viel mehr als ein paar alte Schlösser mit festangestellten Gespenstern.
Und schottischen Whisky.«
»Ja.«
»Bei mir gibt’s beides.«
Sie schieden mit Handschlag,
und Ronald fuhr in den heißen Abend hinein. Er hatte die Sonne im Rücken. Die
Salzberge längs der Straße sahen aus wie kleine Schneekuppen. Der hoch
emporgereckte Fels des Ifach, vom Gischt umspült, stand als ein riesiger
Wächter hinter dem Fischerhafen.
Ronald parkte den Wagen vor dem
Pasador-Hotel und lief die sandige Straße hinunter zur Mole. Es war die Stunde,
zu der die dunklen Fischkutter einer nach dem anderen in den Hafen einbogen und
längs der Kaimauer festmachten. Ihr Fang lag in großen Haufen auf dem
sonndurchglühten Pflaster, Thunfische, Tintenfische, Makrelen, Schollen,
Seezungen und Langusten und noch ein Dutzend anderer Fischsorten, die Ronald
nur über den Umweg von Juanitas Kochkunst kannte. Der Börsenmacher stand mit
Bleistift und Notizbuch, notierte den Fang und schrie mit monotoner Stimme die
Marktpreise aus. Die Fischer mit ihren salzgegerbten Gesichtern und den
hochgekrempelten Hosen über den wie Kiefernrinde glänzenden dunklen Beinen
schleppten immer neue Körbe aus den Kuttern und kippten die Fische aufs
Pflaster. Die Fischersfrauen von Calpe und die Dienstmädchen der feinen Damen
aus Valencia und Madrid, die hier ihre Sommerresidenz hatten, füllten ihre
Tragkörbe
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