Mann Ohne Makel
Adlon-Portiers verfeinern?«, sagte Carmen.
»Gute Idee«, sagte Ossi widerwillig. Er hatte sie auch gehabt, aber zu spät geäußert. Carmen dachte nicht immer schneller, aber ihr Mundwerk war fixer.
»Das ist Unsinn«, sagte Taut. »Wenn wir es doch mit zwei Personen zu tun haben, versauen wir uns den einzigen Anhaltspunkt, den wir besitzen, nämlich die Personenbeschreibungen des Taxifahrers und von Stroh. Davon können wir ausgehen, dieÜbereinstimmungen sind eindeutig. Wer da allerdings in Berlin herumgeturnt ist, wissen wir noch nicht. Wahrscheinlich war es unser Mann. Aber beweisen können wir es nicht. Wir wissen doch alle, wie wacklig die Sache mit den Phantombildern sein kann. Da hältst du einem Hotelfritzen, der jeden Tag die Gesichter von tausend Leuten sieht, eine grobe Zeichnung vor die Nase, machst Druck auf einen, der keine Zeit hat, und schon gibt’s ein flottes Wiedererkennen. Ossi, du bittest die Kollegen in Berlin, mit dem Portier zusammen ein eigenes Phantombild zu basteln. Und dann benutzen wir beide Bilder, statt aus ein paar Beobachtungen ein Mischwesen zu erschaffen, das in Wahrheit nur die Summe unserer Irrtümer darstellt. Okay?«
Ossi nickte. Er fand Tauts Argumente haarspalterisch, aber immerhin, so vermieden sie einen möglichen Fehler. Wenn er auch unwahrscheinlich war.
»Wissen wir, wie der Mann Enheims Wohnung und das Adlon verlassen hat?«, fragte Taut.
Keiner antwortete.
»Wissen wir, ob und, wenn ja, was das Phantom zu tun hat mit den Holler-Morden?«
Schweigen.
»Wir haben also nichts als das Phantombild und die Beschreibungen eines Taxifahrers und eines Säufers. Wir ahnen, dass der Typ, den das Bild darstellen soll, in die Morde an Ulrike und Enheim verwickelt ist. Vielleicht hat er was zu tun mit dem Anschlag auf Stachelmann. Und vielleicht was mit dem Fall Holler.« Taut blickte Ossi an.
Ossi sagte nichts.
»Wenn es den Anschlag auf Stachelmann überhaupt gegeben hat. Plausibilität ist der Feind der Neugier. Das stammt zwar nur von mir, aber dieser Spruch stünde einem chinesischen Weisen gut zu Gesicht. Leider hatten Konfuzius und Co. nichts am Hut mit der Aufklärung von Verbrechen. Deshalb haben sie uns keine schlauen Sprüche dazu hinterlassen. Hätten sie es getan, wären wir vielleicht überflüssig. Das wäre auch nicht toll. Wer will schon überflüssig sein?«
Ossi hasste diese pseudophilosophischen Monologe. Taut sagte sonst nicht viel, nur wenn sie nicht weiterkamen, fing er an Reden zu halten. Vielleicht dienten sie dem Zweck, die Zuhörer abzulenken, zu irritieren, damit sie eine neue Sicht auf die Verbrechen gewannen. Ossi zweifelte, ob diese Absicht dahinter steckte. Der eine schwieg, wenn er ratlos war, der andere redete viel.
»Wenn der Alte mit dem grauen Jackett vom Flughafen abgeholt wurde und er der Mörder ist, dann ist es möglich, dass er nach seinen Morden weggeflogen ist. Dass wir ihn also irgendwo zwischen Peking und Honolulu vermuten dürfen. Das stimmt mich richtig optimistisch. Wir fabrizieren einen internationalen Haftbefehl mit unserem Phantombild und der Beschreibung des Taxifahrers. Die Kollegen Kurz und Kamm klappern mit dem Bild ganz Fuhlsbüttel ab, die Schalter aller Fluggesellschaften und die Personenkontrolleure. Klar?«
Kamm nickte, Kurz schaute aus dem Fenster.
Taut wandte sich an Ossi. »Der Holler ist eine komische Nummer. Kauft Firmen, um sich nach ein paar Monaten einen Teil des Kaufpreises zurückgeben zu lassen. Wie die Wirtschaftsermittler sagen, hat er das in allen Fällen getan. Hat Holler was mit dem Enheim-Mord zu tun?«
Ossi schüttelte den Kopf. »Glaub ich nicht. Der hat bestimmt wieder das perfekte Alibi. Gegen ihn spricht höchstens, dass er seit einiger Zeit anscheinend die Makler anruft, die dereinst an ihn verkauft haben. Bei Ammann war es jedenfalls so. Ich tippe da aber eher auf die üblichen krummen Geschäfte. Holler als Mörder, das wäre nicht logisch.«
»Du kannst mir bestimmt erklären, was an diesen Fällen logisch ist.«
»Ist ja gut, nur, warum sollte Holler einen umbringen oder umbringen lassen, der ihm Geld zurückerstattet hat? Wenn der Kauf im Fall Enheim genauso gelaufen ist wie in den anderen Fällen, gibt es kein Motiv. Und warum sollte die Geschichte bei
Enheim anders gelaufen sein? In den Büchern gibt es keinen Hinweis darauf. Das Einzige, was wir wissen, ist, dass Holler seine Frau und zwei Kinder verloren hat. Wenn es derselbe Täter war, dann stimmt es, was in der Zeitung
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