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Mann Ohne Makel

Titel: Mann Ohne Makel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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steht, dass nämlich die Mordfälle zwei und drei auf unsere Kappe gehen, weil wir zu blöd waren, den Mörder nach dem ersten Fall zu kriegen. Hat noch jemand eine geniale Idee?« Taut schaute seine Kollegen an. »Dann schnapp dir deine vorlaute Kollegin und rück noch mal dem Holler auf die Bude. Macht Druck, auch wenn er danach beim Präsidenten heult.«
    ***
    Leopold Kohn lag auf seinem Bett und schimpfte mit sich selbst. Du hast dich aus dem Konzept bringen lassen. Was geht dich Enheims Ende an? Du musst deinen Auftrag erledigen, du hast nicht mehr viel Zeit. Doch der Besuch bei Goldblum ließ ihm keine Ruhe. Gab es noch einen, der für Gerechtigkeit sorgte, für Gerechtigkeit in ihrem ursprünglichen Sinn? Nicht Täterschutzveranstaltungen, nicht Verjährung, Beweismangel, sondern Strafe, die so hart traf wie das Verbrechen. Auge um Auge. Erst wenn Holler so allein war wie Leopold Kohn, herrschte Gerechtigkeit.
    Die Fernbedienung fiel ihm ein. Bei einem Fachversandhandel hatte er für teures Geld als Expresslieferung eine Fernbedienung bestellt, Sender und Empfänger. Ihre Reichweite übertraf fünfhundert Meter. Die Signalgüte würde sich nicht wesentlich verschlechtern, wenn Hindernisse zwischen Sender und Empfänger standen.
    Wer hatte Enheim getötet? Die Frage ließ sich nicht verdrängen. Hatte Holler es getan? In der Zeitung hatte Kohn gelesen, Enheim habe seine Maklerfirma an Holler verkauft, vor langem schon. Enheim war ein Schwein, das den Tod verdiente. Holler verdiente den Tod nicht weniger.
    Ein Schreck durchfuhr Leopold Kohn. Sein Körper begann zu zittern. Die Angst erfasste ihn. Und wenn der Unbekannte sich an Holler rächte, wie er sich an Enheim gerächt hatte? Dann würde er Holler töten und Kohn um die Vollendung seiner Rache bringen. Wenn er seine Rache nicht vollenden konnte, musste er sterben, ohne dass sein Leben einen Sinn gehabt hatte. Seine Rache hatte ihm die Kraft gegeben, fremde Leute zu töten, die schuldig geworden waren, weil sie mit einem Schuldigen zusammenlebten. Schuld vererbt sich, wenn der Schuldige nicht ausgestoßen wird aus seiner Familie. Nichtwissen schützt nicht vor einer Bestrafung, es war gerecht. Die Gedanken rasten durch Kohns Hirn. Er musste Holler schützen. Er musste verhindern, dass Holler starb, bevor er sterben durfte. Holler soll lange leben, er soll spüren, wie lange der Schmerz einen quälen kann, wie er immer tiefer wird.
    Was tun? Kohn ging zum Telefon und nahm ab. Dann legte er den Hörer wieder auf. Er griff nach seiner Jacke und verließ die Wohnung. Er ging zum Bahnhof Dammtor und nahm die S 11 nach Blankenese. Er stieg in Altona aus und ging zur nächsten Telefonzelle. Er wählte die Nummer der Polizei. »Geben Sie mir die Mordkommission.«
    Eine Frau verband ihn mit dem Leiter der Rufbereitschaft 3.
    »Taut«, meldete sich eine ruhige Stimme.
    »Spreche ich mit der Mordkommission?«
    »Ja.«
    »Bearbeiten Sie die Fälle Holler und Enheim?«
    »Ja.«
    »Schützen Sie Holler. Er wird sonst umgebracht. Genauso wie Enheim.«
    »Wer sind Sie?«
    »Einer, der weiß, dass Holler in Gefahr ist. Schützen Sie ihn.«

XIV
    Stachelmanns Augen brannten. Er stieg in seinen Golf und fuhr zurück zum Haus Morgenland. Er hoffte, sein Verfolger hatte aufgegeben. Er redete sich zu, die Angst zu überwinden. »Sei keine Flasche«, sagte er halblaut. »Du gehst ins Hotel, durch den Hintereingang, machst kein Licht an, schleichst dich in dein Zimmer und duschst erst mal.« Er ging ins Hotelzimmer und schloss von innen ab, die Angst lauerte in jeder Ecke. Er zog sich aus und duschte. Dann nahm er frische Kleidung aus dem Koffer. Er holte die kopierten Aktenseiten aus seiner Jacke, setzte sich an den Schreibtisch und las.
    Der SA-Standartenführer Enheim, Wirtschaftsberater der NSDAP-Gauleitung Hamburg, schrieb an Pohl, damals Chef des SS-Hauptamts. Der Brief trug das Datum des 12. Februar 1941. Der Ton zeigte, dass Enheim Pohl schon länger kannte. Der Jude Robert Israel Zucker sei im November 1939 nach dem Osten verreist. Er wisse aber nicht, wohin. Ich bitte Sie, verehrter Kamerad Pohl, den Aufenthalt des Juden Zucker herauszufinden und ihn bestätigen zu lassen, dass ich dessen ehemaligen Besitz Grindelallee 53a in Hamburg rechtlich einwandfrei erworben habe, und zwar vor dem 8. November 1938. Die Dokumente, die diesen Kauf bestätigen, habe ich angefügt. Stachelmann hatte keine angefügten Dokumente entdeckt. Wenn Sie, verehrter Kamerad Pohl, den Juden

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