Mann Ohne Makel
wussten Deutsche nicht, wem das gehört hatte, was sie auf Straßen gekauft oder ersteigert hatten. Und die Finanzbeamten hielten sich weiter an das Gesetz.
Die Namen Enheim und Holler kannte Stachelmann, die anderen nicht. Enheim und Holler waren Makler, Enheim war ermordet worden, das hatte er gelesen, Holler hatte seine Frau und zwei Kinder verloren. Wer waren Grothe, Meier und Ammann? Es waren Hamburger SS-Leute, die Juden ausgeplündert hatten und deswegen Ärger bekamen. Wenn er zurück war in Hamburg, würde er mehr herausfinden. Vielleicht ging es aber auch schneller.
Er hatte es nicht gemerkt, er war eingeschlafen. Die Sonne schien ihm ins Gesicht. Er blinzelte, schloss die Augen. Ihm fielen die Akten ein, die er kopiert hatte. Was sollte er jetzt tun? Zurück nach Hamburg oder nach Weimar? Er entschied sich für Weimar. Er stand auf und schloss sein Notebook an die Telefondose an. Er wartete, bis die Internetverbindung stand, und rief dann die Seite der Online-Telefonauskunft auf. Er gab den Namen Ammann ein, der Bildschirm zeigte drei Einträge. Grothe war häufiger vertreten. Er verzichtete darauf, Meier einzugeben.
Holler und Enheim waren Makler. Der junge Holler hatte seine Firma geerbt vom alten Holler, dem SS-Mann. Der SS-Offizier Robert Enheim hatte Judeneigentum geraubt, und wenn Norbert Enheim sein Sohn war, dann ähnelte der eine Fall dem anderen. Nach dem Krieg wurden aus den SS-Räubern Immobilienmakler, und das Startkapital verdankten sie womöglich einem Diebstahl, den Himmler und das SS-Gericht deckten. Auch wenn die Kopien, die Stachelmann besaß, diesen Verlauf nicht bewiesen, so schien es doch widersinnig, die Sache anders zu interpretieren.
Stachelmann wählte auf seinem Handy Ossis Nummer.
»Winter.«
»Stachelmann. Heißt der ermordete Makler Norbert Enheim und trug sein Vater den Vornamen Robert?«
»Warum willst du das wissen? Der Präsident tobt, wenn er auch nur riecht, dass du dich einmischst in unseren Fall. Und ich tobe mit.«
»Reg dich ab, immerhin habe ich euch gerade den ganz heißen Tipp gegeben. Stell dich nicht so an, beantworte meine Fragen. Das sind doch keine Staatsgeheimnisse.«
Ossi schnaufte. »Ist ja gut. Norbert ist richtig. Robert weiß ich nicht, ich kriege es raus und sag es dir. Wenn du etwas herausfindest, was uns helfen könnte, sag es. Wenn nicht, kriegst du Ärger.«
»Ihr sitzt auf dem Trockenen, stimmt’s.«
»Ist eine zähe Geschichte.«
»Anders kann ich mir dein freundliches Entgegenkommen auch nicht erklären.« Stachelmann legte auf.
Er packte seine Sachen, bezahlte die Hotelrechnung und fuhr los. Der Weg nach Weimar war weit. Er führte teilweise über Rumpelstrecken, Autobahnstücke aus DDR-Zeiten, die noch nicht in Baustellen verwandelt waren. Immer wieder blickte Stachelmann in den Rückspiegel, um herauszufinden, ob ihm einer folgte. Es sah nicht danach aus. Der Verkehr staute sich an Engpässen. Oft stand Stachelmann und fand Zeit nachzudenken. Ein Bild drängte sich ihm auf. Eine Verschwörung, die die Zeit überdauert hatte. Ihm fehlten Beweise, er würde sie suchen. Das Handy klingelte. Ossi meldete sich.
»Robert, du hattest Recht. Woher weißt du das?«
»Reiner Zufall. Robert Enheim war bei der Hamburger Gestapo.« Stachelmann steuerte einen Parkplatz an. Er stellte seinen Golf hinter einen Wohnwagen.
»Aha«, sagte Ossi. »Und mein Alter war Oberleutnant in der Wehrmacht und Hitler-Fan. Was sagt uns das?«
»Das sagt uns, dass die Lösung deiner Mordfälle mehr als ein halbes Jahrhundert in der Vergangenheit zu suchen ist.«
»Quatsch«, erwiderte Ossi. Er lachte. »Wir stecken zwar fest, aber da ist ein Licht am Horizont. Da gibt es Makler, die haben dem Holler ihre Firmen verkauft. In allen Fällen scheint es Zoff gegeben zu haben. Oder würdest du dir ein paar hunderttausend Mark freiwillig wieder abknöpfen lassen? Einer dieser Makler scheint die Sache in den falschen Hals bekommen zu haben und ist ausgerastet.«
»Aber das erklärt den Mord an Enheim nicht.«
»Noch nicht. Vielleicht wollten sich zwei oder drei an Holler rächen, und Enheim ist aus der Reihe getanzt. Vielleicht hat Enheim Holler bedroht, und der hatte jemanden an der Hand, der ihm die Arbeit abnahm.«
»Wie heißen die anderen Makler?«
»Helmut Fleischer, Karl Markwart, Otto Grothe, Otto Prugate, Johann-Peter Meier, Ferdinand Meiser, Gottlob Ammann.«
»Und du bist ganz sicher, dass ich dir nicht helfen kann?«
»Da ist sich auf jeden
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