Mann Ohne Makel
Zucker zu einer Bestätigung veranlasst haben, dann schicken Sie diese bitte an die Finanzbehörde Hamburg, z. Hd. des Oberscharführer Schirmer, der mir seine Unterstützung angeboten hat für den Fall, dass ich den rechtlich einwandfreien Erwerb des Anwesens Grindelallee 53a nachweisen kann. Wenn ich dies nicht nachweisen kann, fällt das Besitztum an die Finanzbehörde beziehungsweise das Deutsche Reich, und mir droht der Verlust des Kaufpreises.
Das andere Dokument war ein Schreiben des Hauptamts SS-Gericht an Pohl vom Juli 1941. Stachelmann überflog es, entdeckte die Namen Holler, Grothe, Ammann, Meier, schloss einmal kurz die vor Müdigkeit brennenden Augen und las. Es war eine Antwort auf einen Brief von Pohl an das Hauptamt. Das Hauptamt SS-Gericht unterrichtete den Kameraden Pohl, es habe in dieser Sache Rücksprache gehalten mit dem RF-SS und ist zu der Entscheidung gekommen, das Verfahren gegen den Sturmbannführer Holler, die Hauptscharführer Ammann, Meier und Grothe sowie weitere Kameraden einzustellen. Die betreffenden Erwerbungen der verdienten Kameraden sind rechtlich nicht zu beanstanden. In dieser heldenhaften Zeit, in der die Schutzstaffel unermesslichen Herausforderungen im Kampf gegen unsere Feinde im Äußeren wie im Innern ausgesetzt ist, grenzt es an Wehrkraftzersetzung, dieses überflüssige und ehrabschneidende Verfahren weiter zu betreiben. Der RF-SS hat zugesichert, die Sache dem Reichsfinanzminister vorzutragen. Außerdem wurde die Stapo-Leitstelle Hamburg angewiesen, auf die dortigen Finanzbehörden in diesem Sinne einzuwirken. Sie können also davon ausgehen, dass der Fall in kürzester Zeit zu den Akten gelegt sein wird.
Stachelmann legte sich aufs Bett und kämpfte gegen die Müdigkeit. Die Sache schien einfach. Enheim und ein paar SS-Kameraden hatten Juden um ihr Eigentum gebracht. Da es sich um kluge Leute handelte, haben sie so getan, als hätten sie irgendein Haus oder Grundstück von irgendeinem Hamburger Bürger gekauft. Wüsste man nicht, dass die Juden seit 1933 aus dem öffentlichen Leben verdrängt wurden, dass die Entjudung der Wirtschaft bedeutete, die Juden auszurauben und ins Ausland zu vertreiben, bis mit Kriegsbeginn der Mord an die Stelle der Auswanderung trat, wüsste man dies und vieles andere nicht, man könnte glauben, es handelte sich um legale Geschäfte zum Nutzen des Käufers und des Verkäufers. Es waren aber erzwungene Verkäufe, oft an Nazis, die sich bereichern wollten, bevor der Staat das Judeneigentum beschlagnahmte, natürlich mit Grundbucheintrag in den Amtsgerichten. Stachelmann erinnerte sich an Diskussionen in seinen Seminaren. Was viele Studenten zuerst nicht begriffen. Die Hauptbedrohung für die Juden bis zum Beginn ihrer Ausrottung waren nicht die SA-Horden, die sich auf das Judenblut freuten, das vom Messer spritzen sollte. Das war nicht die Gestapo mit ihren Verhaftungen in der Nacht und ihren Folterkellern. Das waren nicht die Gerichte mit ihren Rasseschandeurteilen. Die Hauptbedrohung waren die Finanzämter, die Beamten, die per Federstrich Existenzen vernichteten. Vor dem Mord stand die Ausplünderung.
Die beiden Dokumente aus der Kopierfirma zeigten, dass sich die Hamburger Finanzbehörde gestritten hatte mit SS-Leuten über Judeneigentum. Die Finanzbehörde hatte sich an das Hauptamt SS-Gericht gewandt und die SS-Leute angeschwärzt. Üblich war in solchen Fällen der Vorwurf der Korruption und Bereicherung. Die SS-Leute hatten sich Eigentum verschafft, das der Staat für sich beanspruchte. Judeneigentum war Feind-vermögen, und das war von Staats wegen einzuziehen. Das Hauptamt SS-Gericht, die SS-interne Untersuchungsbehörde, hatte den Fall geprüft. Nach Intervention von Pohl und dem Reichsführer-SS Heinrich Himmler wurde das Verfahren niedergeschlagen, und die Kämpfer an der Judenfront siegten heldenhaft.
Stachelmann kannte solche Fälle. Oberschlaue Nazis machten sich an Juden heran, bedrängten sie, drohten ihnen, schlugen sie, erpressten sie, ließen sie um ihr Leben und das ihrer Angehörigen zittern und präsentierten schließlich einen Kaufvertrag.
Superschlaue drehten die Sache anders. Sie versprachen Juden, ihr Eigentum zu verwahren, bis bessere Zeiten kämen. Als bessere Zeiten kamen, der Krieg zu Ende war, da überfiel diese Judenfreunde das Vergessen, eine Krankheit, die in Deutschland nach der Niederlage 1945 um sich griff, schlimmer als die asiatische Grippe. Da kannten neue Eigentümer die alten nicht mehr,
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