Mann Ohne Makel
City Nord für knapp dreißig Millionen verkauft.«
Ossi kratzte sich am Kinn. »Wenn Ihr Vater oder Sie, sagen wir mal, vergessen haben sollten, Steuern zu bezahlen, es wäre mir egal. Es wäre verjährt, außerdem arbeite ich nicht beim Finanzamt.«
Holler nickte fast unmerklich. »Sehr freundlich, dass Sie darauf hinweisen. Aber ich habe noch nie vergessen, Steuern zu bezahlen.« Er betonte das Wort »vergessen«.
»Sie können uns also nicht erklären, woher die elf Millionen kommen?«, sagte Ossi.
»Vielleicht hat mein Vater kurz vor seinem Tod ein paar gute Geschäfte gemacht. Ich habe mich damals nicht darum gekümmert.« Holler war immer noch in Bewegung.
»Außerdem, was hat das mit dem Mord an meiner Tochter zu tun?«
»Es könnte sein, dass da noch eine Rechnung offen ist. Vielleicht hat Ihr Vater etwas getan, was einem anderen nicht gefallen hat. Sosehr missfallen hat, dass er alles umbringen will, was den Namen Holler trägt.«
»Dann hätte er sich an mich wenden müssen. Wir hätten eine Lösung gefunden. Wenn er Geld gefordert hätte, dann hätte er welches bekommen, wenn auch nur der Verdacht begründbar gewesen wäre, dass mein Vater ihm Unrecht getan haben könnte.«
Stachelmann bewunderte die Wortwahl. Etwas gestelzt, aber genau.
Die Tür sprang auf. Ein Kind rannte in den Raum, rief »Papa! Papa!« und zeigte ihm ein Spielzeugauto.
»Ist es kaputt?«, fragte Holler.
»Auto putt«, sagte der Junge.
In der Tür erschien eine Frau, jung und schön. Ein Anflug asiatischer Exotik. »Es tut mir Leid, Herr Holler. Ich war einen Moment in der Küche, und schon ist es passiert.«
»Es macht nichts«, sagte Holler. »Es macht nichts.« Sein Gesicht verfinsterte sich. »Man kann ein Kind nicht vierundzwanzig Stunden festbinden. Und weil man es nicht kann, sind Sebastian und Valentina gestorben.«
Die Frau erbleichte.
Holler winkte ab. »Nehmen Sie ihn wieder?«
Der Kleine ergriff bereitwillig die Hand der Frau, sie verließen den Raum. Holler stellte das Spielzeugauto auf den Tisch.
»Wir müssen mit den Maklern sprechen, deren Firmen Sie gekauft haben«, sagte Ossi.
»Wenn Sie es müssen.«
»Unter denen gibt es keinen, der Grund hätte, sich an Ihnen zu rächen?«
»Das hat mich schon einmal jemand gefragt. Sehen Sie, ich habe veranlasst, dass unabhängige Gutachter den Wert jeder Firma schätzen, die ich kaufen wollte. Ich habe acht Firmen gekauft, und acht Mal haben die Leute einen Haufen Geld gekriegt. Die haben ausgesorgt, warum sollten Sie mich hassen? Da gab es kein Gefeilsche, sondern Preise, wie sie in einer Konjunktur bezahlt werden. Damals war die Branche aber im Abschwung.«
»Haben Sie die Namen der Käufer?«
»Die stehen doch in den Akten, die Sie mitgenommen haben.«
»Wir müssten sie heraussuchen. Sie haben sie bestimmt parat.« Ossi hoffte auf Abweichungen zwischen der Liste der Wirtschaftsermittler und Hollers Zusammenstellung. Vielleicht entdeckte er etwas, das Holler verbergen wollte. Aber optimistisch war er nicht.
Holler griff nach dem Hörer des Telefons auf dem Tisch.
Er drückte einen Knopf und bat irgendjemanden, die Käuferliste zusammenzustellen und sie ans Präsidium zu faxen. »Wenn Sie wieder im Präsidium sind, haben Sie die Liste auf Ihrem Schreibtisch«, sagte Holler.
Ossi warf Stachelmann einen Blick zu. »Danke. Eine ganz andere Frage. Wann hat Ihr Vater das Maklerbüro gegründet?«
»1946.«
»Woher hatte er das Geld dazu?«
»Keine Ahnung. Aber es war nicht schwer, so ein Büro zu eröffnen. Das ist es heute noch nicht. Wenn ich mir so anschaue, wer alles Maklerbüros aufmacht. Nein, man braucht die Kunden und vor allem deren Vertrauen. Das wächst in den Jahren, wenn man anständig arbeitet. Das habe ich von meinem Vater gelernt, ab und zu verzichtet man auf einen Vorteil, um auf lange Sicht umso besser dazustehen. Das ist gewissermaßen unsere Firmenphilosophie. Man wird in dieser Branche nur etwas, wenn man zu Geschäftspartnern, aber auch zu Wettbewerbern fair ist.«
»Was machte Ihr Vater, bevor er Makler wurde?«
»Er war ein Kollege von Ihnen, er war Polizist. Er hat wenig darüber erzählt. Das kann man ja verstehen, es war eine furchtbare Zeit. Er hatte einen angeborenen Herzschaden, wurde nicht zur Wehrmacht eingezogen, sondern blieb bei der Polizei. Mehr hat er mir nicht gesagt.«
Holler setzte sich hin. Er war ruhig. »Sie wollen jetzt bestimmt fragen, was er bei der Polizei war. Ich weiß es nicht.«
»Und er lebte
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