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Mann Ohne Makel

Titel: Mann Ohne Makel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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trat selbstsicher auf. Sie hatte einen kräftigen Händedruck. Die Vorstellung war kurz. Alle sagten das Übliche. Viel Erfolg und gute Zusammenarbeit.
    Ossi ging mit Carmen Hebel in ihr gemeinsames Dienstzimmer.
    »Das ist also der Platz der getöteten Kollegin«, sagte sie.
    »Der ermordeten Kollegin«, erwiderte Ossi.
    Sie blickte ihn kurz an, antwortete aber nicht.
    Er unterrichtete sie kurz über den Fall Holler und merkte schnell, dass sie sich bereits eingelesen hatte. Als er über Enheim sprach, waren ihre Augen auf ihn gerichtet. Sie hörte gespannt zu. Sie hatte wache schwarze Augen.
    Dann sagte sie: »Ich heiße Carmen.«
    »Oskar.« Er streckte ihr die Hand entgegen.
    »Also Ossi«, sagte sie und nahm die Hand.
    In Ossis Dienst-Passat fuhren sie nach Ohlsdorf. Ossi steckte sich eine Zigarette in den Mund. Carmen sagte: »Bitte nicht.«
    Er schaute sie verdutzt an, hob die Zigarettenschachtel an den Mund und steckte die Zigarette zurück. »Das werden schwere Zeiten«, sagte Ossi.
    »Gesunde Zeiten«, erwiderte sie.
    Enheim wohnte im Jupiterweg, einer kleinen Straße mit zweistöckigen Häusern aus rotem Klinker. Ossi stellte den Wagen vor der Hausnummer 27 ab. Es gab vier Klingeln, rechts oben stand in verblassten handgeschriebenen Blockbuchstaben ENHEIM. Ossi drückte auf den Klingelknopf. Sie warteten. Ossi drückte noch einmal lang auf den Knopf. Es geschah nichts. »Wir waren doch verabredet«, murmelte er. »Ob er kneift?«
    Carmen drückte nacheinander auf die anderen drei Klingeln. Der Türöffner ratterte zweimal. Ossi öffnete die Tür. Eine alte Frau mit breiten Hüften watschelte ihnen im Erdgeschoss entgegen. Sie schaute sie misstrauisch an. Carmen hielt ihr ihren Dienstausweis vor die Augen.
    »Polizei«, sagte die Frau erschrocken.
    »Wir wollen zu Herrn Enheim?«, sagte Ossi »Hat er was getan?«, flüsterte die Frau.
    »Nein«, erwiderte Ossi. »Überhaupt nichts.«
    »Warum klingeln Sie dann bei mir?«
    »Herr Enheim hat nicht aufgemacht.«
    Oben von der Treppe schaute ein Mann herunter. Ossi erkannte einen Krückstock am linken Arm. Der Mann trug eine Glatze über einem fleischigen Gesicht. Die Backen hingen schwer. Carmen stieg die Treppe hoch.
    »Sie haben bei mir geklingelt«, sagte der Mann.
    »Ja, wir wollen zu Herrn Enheim.«
    »Und warum klingeln Sie dann bei mir?«
    »Weil Herr Enheim nicht geöffnet hat.«
    Der Mann schüttelte den Kopf und ging zurück in seine Wohnung. Gegenüber war Enheims Tür. Carmen klopfte kräftig. Ossi kam nach oben. Sie schauten sich an, Ossi zuckte mit den Achseln. Carmen kramte in der Tasche ihrer Jacke. Als sie die Hand wieder herauszog, lagen drei Dietriche darin. »Vielleicht passt ja einer.« Sie steckte den kleinsten in das alte BKS-Schloss, ruckelte, es knackte, sie zog die Tür auf. Es ging so schnell, dass Ossi vergaß zu protestieren. »Das gibt Ärger«, sagte er.
    »Nur wenn’s einer merkt oder verpfeift«, erwiderte sie und grinste ihn an.
    »Da haben sie mir ja eine ganz schlaue Kollegin aufs Auge gedrückt.«
    »Sei froh«, sagte sie. Ossi fragte sich, warum er froh sein sollte.
    Carmen rief in die Wohnung hinein: »Herr Enheim, sind Sie da?«
    Keine Antwort. Ossi und Carmen schauten sich an und fassten schweigend den Beschluss, sich die Wohnung anzuschauen.
    Im Flur ein abgetretener Läufer, Imitat eines Perserteppichs. An der Wand eine alte Kommode, darauf das Telefon. Darüber ein Kupferstich mit dem Motiv des Hamburger Hafens. Es stank muffig. Vom Flur zweigten drei Türen ab. Carmen öffnete die Tür an der rechten Wand. Es war die Küche. Es stank nach verbranntem Fett. Schmutziges Geschirr lag neben und im Becken. Der Hahn tropfte. Sie erschrak, als ein Brummen einsetzte. Der Kühlschrank war angesprungen. Carmen verließ die Küche und schüttelte den Kopf. »Nichts«, flüsterte sie. Ossi öffnete die Tür links im Flur. Das Badezimmer. Angelaufenes Waschbecken, der Spiegel über dem Waschtisch blind an einigen Stellen. Der Duschvorhang zeigte braune und schwarze Flecken. In zwei Ecken entdeckte Ossi blauschwarze Verfärbungen, Schimmel. Die Kacheln an den Wänden und auf dem Boden erschienen Ossi klein. An einer Stange hing ein Handtuch mit ausgefranstem Saum. Die Kloschüssel stand offen, sie war grau verfärbt. Ossi verließ das Badezimmer und schüttelte den Kopf. Carmen zeigte auf die Tür am Ende des Flurs und dann auf sich. Ossi blieb im Flur stehen, während Carmen zur Tür ging. Vorsichtig drückte sie die Klinke

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