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Mann Ohne Makel

Titel: Mann Ohne Makel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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gefunden, was darauf schließen ließe, er könnte sich selbst eine Kugel in den Kopf gejagt haben. Dagegen spricht ja auch der Schalldämpfer.«
    Ossi schüttelte den Kopf.
    »Ist ja egal«, sagte Ablass. »Kaliber neun Millimeter, ich tippe auf eine Walther P 1 beziehungsweise P 38.«
    »Das ist eine Militärwaffe«, sagte Ossi.
    »Nicht nur. Sie wurde ab Ende der fünfziger Jahre bei Bundeswehr, BGS und Polizei benutzt. Neben der SIG P 210-4 oder P 49 war sie die Standardpistole der Nachkriegszeit. Die P 38 löste im Krieg die Luger 08 ab, auch als Dienstwaffe der Polizei. 1957 wurde die Produktion wieder aufgenommen, die Pistole kriegt ein Griffstück aus Leichtmetall und einen neuen Namen: P 1. Das jedenfalls behaupten die lieben Kollegen von der Kriminaltechnik. Aber es ist schon schrill, die Polizisten der sechziger und siebziger Jahre liefen mit der gleichen Knarre rum wie einst die lieben Kollegen der Gestapo. Äußerst geschmackvoll. Es waren ja auch Kollegen dabei, für die es nie eine Stunde null gegeben hat.« Ablass schüttelte sich leicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen.
    »Lässt sich denn rauskriegen, ob die Pistole aus dem Krieg stammt oder aus den fünfziger Jahren?«
    »Halt, halt, nicht so eilig. Sie übersehen, dass ich nur laut geraten habe. Da sind ein paar Spuren auf der Kugel, die ich schon ein paar Mal bei anderen Kugeln gesehen habe, die aus einer P 1 abgefeuert wurden. Das beweist aber gar nichts.«
    »Aber Sie würden uns doch nichts darüber sagen, wenn Sie nicht einigermaßen sicher wären?«
    Ablass antwortete nicht. Carmen kaute auf ihrer Unterlippe.
    »Wann ist Enheim erschossen worden?«, fragte sie.
    »Zwischen elf und zwölf, wahrscheinlich ziemlich genau um halb zwölf.«
    »Dann ist der Mann mit dem grauen Jackett der Hauptverdächtige.«
    »Der einzige Verdächtige, wir kennen nämlich keinen anderen«, sagte Ossi.
    »Wir müssen sofort zu Mortimer und sehen, dass wir eine bessere Personenbeschreibung kriegen, ein Phantombild. Komm!«, sagte Carmen.
    Gleich zieht sie mich am Arm hinter sich her, dachte Ossi. Mein Gott, ist die hektisch.
    Er trottete absichtlich langsam hinter ihr her. Sie drehte sich auf dem Weg zum Auto einige Male ungeduldig nach ihm um.
    »Polizeiarbeit macht man mit dem Kopf!«, rief er ihr zu.
    »Und manchmal mit den Beinen. Da nutzt dir der schnellste Kopf nichts, wenn du nicht gut zu Fuß bist. Was hast du davon, wenn du einen Täter kennst, ihn aber nicht fängst, weil du ein Lahmarsch bist?«
    Ossi fand, sie lief nun noch schneller. Als er am Wagen ankam, saß sie bei laufendem Motor am Steuer. Er setzte sich auf den Beifahrersitz, sie fuhr mit quietschenden Reifen los. »Fehlt nur noch das Blaulicht«, sagte Ossi.
    »Gute Idee.« Sie setzte das Blaulicht aufs Dach und schaltete die Sirene ein. Sie raste in Richtung Ohlsdorf.
    Sie fuhr gut, aber Ossi ging die Hektik auf die Nerven. Es war egal, ob das Phantombild, wenn überhaupt eines dabei herauskam, zehn Minuten früher oder später verteilt wurde. »Das macht dir Spaß«, sagte er.
    »Ein bisschen schon.« Sie schimpfte über einen Opelfahrer, der nicht schnell genug auswich.
    »Und jetzt stell dir vor, du baust einen Unfall, weil du so rast. Dann gibt’s so schnell gar kein Phantombild.«
    »Ich baue keinen Unfall«, sagte sie.
    Sie baute keinen Unfall. Mit quietschenden Reifen hielt sie vor der Tür des Hauses, in dem Enheim ermordet worden war.
    Sie hatten Glück, Mortimer war zu Hause. Er schaute Ossi überrascht an, grinste dann, als er Carmen sah, und bat sie herein. »Haben sich Verstärkung mitgebracht«, sagte er. »Das lässt man sich gern gefallen.« Er humpelte auf seiner Krücke zum Wohnzimmer.
    »Ja, ja«, sagte Ossi.
    »Nun, haben Sie Ihren Mörder?«
    »Wir suchen zurzeit ein paar, welchen meinen Sie?«, fragte Carmen.
    »Ein paar«, sagte Mortimer. »Hamburg wird immer unsicherer.«
    »Und deswegen werden Sie wahrscheinlich auch einen durchgeknallten Amtsrichter in die Bürgerschaft wählen«, sagte Carmen.
    Mortimer schaute sie an, dann schüttelte er den Kopf. Speichelfäden hingen zwischen Ober- und Unterlippe.
    »Ich glaube, das gehört nicht zum Verhör.«
    »Das ist kein Verhör«, sagte Ossi. »Wir haben eine Bitte.
    Wir möchten, dass Sie uns ins Präsidium begleiten, wir brauchen ein Phantombild von dem Herrn, der ab und zu im Haus war, der mit dem grauen Jackett.«
    »O je«, sagte Mortimer, »ich glaube nicht, dass dabei was rauskommt. Ich habe ihn kaum

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