Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mann Ohne Makel

Titel: Mann Ohne Makel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
Vom Netzwerk:
gesehen.«
    »Aber Sie sind ihm doch begegnet?«
    »Ja, aber da hat er sich weggedreht, als er mich sah.«
    »Und das kam Ihnen nicht komisch vor?«, fragte Carmen.
    Er schaute sie streng an. »Natürlich kam mir das komisch vor.«
    »Am besten wäre, Sie kommen gleich mit uns. Ich bringe Sie auch wieder nach Hause.« Ossi stand auf.
    »Haben Sie guten Kaffee im Präsidium?«
    »Sie kriegen einen aus der Kantine, nicht aus dem Automaten. Einverstanden?«
    Mortimer nickte, nahm seine Krücke und erhob sich. Er stieg geschickt die Treppe hinunter. Dann quälte er sich auf die Rückbank des Passat, Carmen fuhr zum Präsidium. Dort angekommen, begleitete sie Mortimer zum Zeichner, während Ossi Kaffee in der Kantine holte. Auf dem Weg traf er Taut. »Wir müssen uns mal zusammensetzen«, sagte Taut. »Vielleicht kriegen wir dann einen Faden in die Hand. Sagen wir, heute Abend, achtzehn Uhr.«
    »Das ist nach Dienstschluss.«
    »Ja. Wir kriegen sonst keine Ruhe.«
    Ossi balancierte drei Becher Kaffee zu dem Raum, in dem Mortimer dem Zeichner erklärte, wie der Mann mit dem grauen Jackett aussah. Als Ossi die Tür mit dem Ellbogen geöffnet hatte, schaute ihn Carmen mit hochgezogenen Augenbrauen an. Das mochte heißen, es bringt nichts. Oder das Gegenteil. Ossi setzte den Kaffee ab und beobachtete Mortimer und den Zeichner. Mortimer machte den Mann nervös. Er war ungeduldig. Ein Zeichen, es würde nichts herauskommen. Das Fahndungsbild konnten sie sich abschminken. Gewiss, der Zeichner war kein Psychologe, aber Mortimers Fantasie hätte auch einen Seelendoktor platt gewalzt.
    Mortimer trank einen Schluck Kaffee und verzog das Gesicht. »Ist der immer so schlecht?« Er wartete die Antwort nicht ab, wandte sich gleich wieder dem Zeichner zu.
    »Die Backen müssen Sie aber schmaler machen.«
    »Vorhin sollte ich sie weiten.«
    »Weiten?« Mortimer schaute ihn an. »Dicker machen. Aber nun sind sie zu dick. Und außerdem, es fällt mir gerade ein, hatte er unheimlich buschige weiße Augenbrauen.«
    »Ich lasse Sie jetzt allein arbeiten«, sagte Ossi.
    Carmen erhob sich. »Rufen Sie mich an, wenn Sie so weit sind.«
    Sie gingen in ihr Zimmer. »O Gott«, sagte Carmen.
    »Das ist ein Schuss in den Ofen.« »Du hattest es ja so eilig. Um sechs ist Besprechung bei Taut.« »Toll, hat mir gerade noch gefehlt.« »Du magst deine neuen Kollegen wohl nicht.« »Ich kenne sie nicht. Ich hatte heute Abend eigentlich was anderes vor.«
    Ossi erwiderte nichts. Er beugte sich über die Akte Kreimeier. Es gab keinen Fortschritt im Fall Kreimeier, es gab keinen Fortschritt im Fall Holler, es gab keinen Fortschritt im Fall Enheim. Mortimer würde ihnen nicht helfen. Wenn überhaupt ein Phantombild herauskam, konnten sie es in den Papierkorb werfen. Wer war der Mann mit dem Jackett? Ossi griff zum Telefonhörer und rief Kurz an. »Habt ihr die Taxifahrer befragt?«
    »Wir haben noch nicht alle erwischt. Wir sind nur Normalsterbliche und keine Zauberer.« Kurz war gereizt.
    »Es muss doch möglich sein, einen supergebräunten weißhaarigen Mann mit einem grauen Jackett zu finden, der mehrfach mit einem Taxi nach Ohlsdorf zur selben Adresse gefahren ist!«
    »Nichts leichter als das.«
    Ossi legte auf. »Wir fahren noch mal nach Ohlsdorf«, sagte er.
    Carmen schüttelte den Kopf. »Das bringt nichts mehr.«
    »Vorhin bist du gerast wie eine Irre, und jetzt sitzt du da und verplemperst unsere Zeit.« Er warf ihr einen wütenden Blick zu. Er wurde nicht schlau aus ihr. Einmal war sie hellwach, geradezu überdreht, sprühte vor Tatendrang, dann erschien sie ihm wie eine Schnecke. Fehlt noch, dass sie eine Schleimspur hinter sich herführt. Als er seine neue Kollegin kennen lernte, hatte er sich gefreut. Sie schien flink im Kopf und unkompliziert. Hübsch war sie außerdem. Aber ihre Eigenmächtigkeit ging ihm auf die Nerven. Wie sie alles an sich riss. Zuerst hatte er es geduldet, sich belustigt. Aber nun, als sie in Lethargie verfiel, reichte es ihm. Er blickte zu ihr hinüber. Sie starrte wie abwesend an ihm vorbei an die Wand. Als hätte jemand heute Morgen eine Spielzeugmaus aufgezogen und sie losgelassen. Erst rast sie durch die Gegend, aber wenn die Feder entspannt ist, liegt sie auf dem Boden und erstarrt.
    Und nun? Sie mussten Enheims Nachbarn noch einmal abklappern, vielleicht fanden sie jemanden, der sich an den alten Mann erinnerte. Vielleicht erhielten sie doch noch eine Täterbeschreibung, die sie weiterbrachte. Vielleicht führte

Weitere Kostenlose Bücher