Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mann Ohne Makel

Titel: Mann Ohne Makel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
Vom Netzwerk:
stören Sie nicht die anderer Benutzer.«
    Stachelmann ging zu beiden Herren. Er blieb einen Augenblick in ihrem Rücken stehen. Beide hatten Akten aufgeschlagen vor sich liegen. Die Aktenköpfe wiesen sie aus als Briefe und Notizen aus dem Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt. Der Mann, der am Gang saß, drehte sich um, vielleicht hatte er gemerkt, dass er beobachtet wurde.
    »Guten Tag«, flüsterte Stachelmann. »Haben Sie einen Augenblick Zeit?«
    Der Mann hatte ein kleines, dünnes Gesicht und eine Glatze. Er trug eine Hornbrille, die zu schwer erschien. Sie saß fast auf der Nasenspitze. »Eigentlich nicht«, sagte er. »Aber ich komme mal mit auf den Gang.«
    Der kleine Mann ging voraus auf krummen Beinen. Im Gang drehte er sich abrupt um. »Bitte?«, sagte er. Seine Stimme klang blechern.
    Stachelmann war überrascht und ärgerte sich darüber. Sein Ton wurde schärfer, als er es gewollt hatte. »Ich hatte mich hier fristgerecht angemeldet, um unter anderem die Akten einsehen zu können, die Sie für sich reserviert haben. Die Fahrt hierher kostet mich Zeit und Geld.«
    »Das bedaure ich«, sagte der kleine Mann. »Aber ändern kann ich es nicht.«
    »Und wann kann ich die Akten haben?«
    »Weiß ich nicht«, sagte der Mann.
    »Sind Sie in der Lage, mich zu informieren, wenn es so weit ist?«
    »Das steht außerhalb meiner Möglichkeiten.«
    »Von welcher Behörde sind Sie eigentlich?«
    Der Mann drehte sich um und ging zurück in den Lesesaal.
    Stachelmann ging vor die Tür ins Freie. Er lief über den ehemaligen Kasernenhof zur Kirche, die als Bibliothek genutzt wurde. Die Kirche zeugte davon, dass die Anlage in wilhelminischer Zeit als Hauptkadettenanstalt genutzt wurde. Preußens Elite, dann die der SS. Er holte das Handy aus der Hemdtasche und wählte Ossis Nummer im Präsidium.
    »Winter.«
    »Stachelmann.«
    »Dich gibt’s auch noch?«
    »Leider. Sag mal, habt ihr Leute nach Berlin ins Bundesarchiv geschickt?«
    Schweigen. Dann sagte Ossi: »Was sollen wir getan haben?«
    »Leute ins Bundesarchiv geschickt zur Aktenrecherche.«
    »Entschuldige, hast du was getrunken?«
    »Im Gegensatz zu dir trinke ich selten und wenig.«
    Schweigen. »Hast du sonst noch was?«, fragte Ossi.
    »Nein. Ist was?«
    »Was soll sein?« Es klickte.
    Stachelmann setzte seinen Spaziergang fort. Er brauchte einige Minuten, um zu begreifen. Er hatte Ossi beleidigt. Ossi gehörte zu jenen Trinkern, die sich für ihre Sucht schämten. Das hatte Stachelmann nicht gewusst und auch nicht, dass die Sucht Ossi so stark bedrängte.
    ***
    Ossi legte den Hörer weg und starrte an die Wand.
    »Was ist los?«, fragte Carmen. Sie saß ihm gegenüber und tippte einen Bericht in den PC. Die Finger tanzten auf der Tastatur.
    »Nichts«, sagte er. »Gar nichts.«
    »Dann ist ja gut.« Sie tippte eine Weile. »Was macht eigentlich der Finanzbericht?«
    »Welcher Finanzbericht?« »Na ja, die Auswertung der Holler-Buchhaltung.« »Sag mal, du kennst die Akten schon auswendig.« »Ich bin eine gute Polizistin.« Ossi lachte. »Eine bescheidene Polizistin.« »Ich kümmere mich mal drum«, sagte Carmen. »Und ich organisiere in der Zwischenzeit eine Runde Kaffee.« Als Ossi mit dem Kaffee in Plastikbechern zurückkam, sagte Carmen fröhlich: »Der Steinbeißer kommt gleich. Wunderbarer Name. Saß mit seinem Arsch auf seinem gemütlichen Schreibtischstuhl und hat gewartet, bis sich jemand bei ihm meldete. Ganz Kollege der alten Schule.«
    Sie tranken Kaffee. Ossi fiel das Telefonat mit Stachelmann wieder ein, seine Laune wurde schlechter.
    »Was ist dir denn über die Leber gelaufen?«, fragte Carmen.
    Ossi staunte, wie schnell sie sich eingelebt hatte. Sie hatte manchmal das Mundwerk eines Droschkenkutschers. »Wie viele Geschwister hast du gehabt?«
    »Sechs, wie kommst du jetzt darauf?«
     »Nur so, nicht wichtig. Wollte nur wissen, warum du so eine große Klappe hast.«
    »Jetzt weißt du es.«
    Es klopfte an der Tür.
    »Herein«, brüllte Ossi. Es klang böse, aggressiv.
    Steinbeißer erschien. Er sah eingeschüchtert aus. Er blickte sich um, als wollte er alle Gefahrenquellen erkennen, dann stand er in seinem verschlissenen grauen Anzug mit der grauen Krawatte vor Ossi und schwieg. Er trug einen Aktenordner unter dem Arm.
    »Nehmen Sie Platz, Kollege Steinbeißer.« Ossi zog den Stuhl vor, der auf der anderen Seite seines Schreibtischs stand. Steinbeißer setzte sich und schwieg.
    »Was hat Ihre Untersuchung ergeben?«
    »Nichts

Weitere Kostenlose Bücher