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Mann Ohne Makel

Titel: Mann Ohne Makel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Treppe saß immer noch der Alte und las. Er schien nichts wahrzunehmen von dem, was sich abspielte um ihn herum. Stachelmann setzte seine Bahnsteigwanderung fort. Er ging an der Bank vorbei, auf der der Mann saß. Dann trat Stachelmann an die Bahnsteigkante und schaute, ob der Zug kam, der angezeigt war. Er fühlte Ungeduld in sich. Er wollte seine Dinge endlich in die Hand nehmen. Er schaute nach den Scheinwerfern des Zugs. Er sah die zwei Punkte, dann auch die innen beleuchteten Wagen. Der Zug näherte sich schnell. Gleich würden die Bremsen quietschen. Etwas stieß ihm in den Rücken. Nicht fest, aber stark genug, um ihm das Gleichgewicht zu nehmen. Es zog ihn nach unten, zu den Gleisen hin. Er ruderte mit den Armen, bog den Oberkörper nach hinten. Der Zug war nah. Stachelmann fiel auf die Gleise. Er war wie erstarrt, sah noch eine Frau, die die Hand vor den Mund hielt. Sie hatte große Augen. Dann hörte er einen Schrei. Er war weit weg. Hatte er selbst geschrieen? Ein Gesicht blickte nach ihm, ein alter Mann mit weißen Haaren und einem grauen Jackett. Stachelmann sah ihn wie durch einen Nebel. Der Mann lächelte ihm zu aus einem sonnengebräunten Gesicht.
    ***
    Sie saßen in Tauts Dienstzimmer, Kamm und Kurz rauchten, Ossi hustete und steckte sich eine Zigarette an. Taut saß hinter seinem Schreibtisch wie eine Sphinx. Er schaute aus seinen kleinen Augen im dicken Gesicht auf seine Kollegen und schwieg. Die Tür öffnete sich, Carmen erschien, sie atmete hastig. »Entschuldigung, Kollegen, ich musste schnell noch was besorgen. Wenn wir fertig sind, sind die Läden zu.«
    Taut brummte etwas, dann sagte er: »Fangen wir an. Wer will was sagen?« Keiner meldete sich.
    »Wie immer«, sagte Taut, als wäre es nicht seine Aufgabe als Vorgesetzter, die Diskussion zu leiten. »Wir haben zwei Fälle, Holler und Enheim, und eine tote Kollegin, die überfahren wurde. In den Fällen Holler und Kreimeier tappen wir im Dunkeln, bei Enheim haben wir einen wackeligen Zeugen. Es gibt sogar ein Phantombild.« Taut schaute Ossi an.
    »Stimmt, wir haben ein Phantombild und eine Personenbeschreibung. Kamm und Kurz« – Ossi zeigte mit dem Finger auf die beiden Kollegen – »klappern seit gestern früh die Taxifahrer ab. Angeblich kam der Gesuchte mit dem Taxi, vielleicht fuhr er mit einem Taxi ab. Letzteres wissen wir nicht. Es handelt sich um einen alten Mann, weiße Haare, nicht ganz halblang, am Ende gelockt. Trug ein graues Jackett.«
    »Die Frage ist, ob wir mit dieser Personenbeschreibung und diesem Bild an die Öffentlichkeit gehen«, sagte Kamm.
    »Warum nicht?«, erwiderte Carmen.
    Ossi wäre fast die Bemerkung herausgerutscht, Carmen möge doch die nächste halbe Stunde den Schnabel halten. Stattdessen sagte er: »Die Beschreibung ist mies, und ob das Bild etwas mit dem Mann zu tun hat, der Enheim hin und wieder besucht hat, ist fraglich. Wenn wir mit einem Phantombild fahnden, das vielleicht auf hundert andere Leute passt, nur nicht auf den Verdächtigen, machen wir uns im günstigsten Fall lächerlich, wahrscheinlich aber werden wir überrollt von Schwachsinnsmeldungen.«
    »Besser als nichts«, sagte Kamm.
    »Ich sehe das genauso«, sagte Kurz. »Möglicherweise kommt uns Kommissar Glück zur Hilfe.«
    »Der meldet sich nur am Telefon«, sagte Carmen.
    »Vielen Dank für Ihren klugen Beitrag, Frau Kollegin«, sagte Taut. »Wir machen es so: Wir benutzen das Phantombild und die Personenbeschreibung für die Suche nach einem Zeugen. Könnte ja sein, dass uns das den größten Blödsinn vom Hals hält. Der Mann mit dem grauen Jackett ist offiziell ein Zeuge, und damit hat es sich. Was er ist, wenn wir ihn kriegen, ist eine andere Frage. Leute, wir haben nichts anderes in der Hand. Ich will nicht wiedergeben, was mir der Präsident heute früh geflüstert hat. Und nachher habe ich ein Rendezvous mit dem Kriminalrat. Mit der Fahndung erreichen wir auf jeden Fall eines: Wir verringern den Druck auf uns. Es freuen sich der Präsident und der Innensenator, und wir machen unseren Job eine Weile ungestört weiter. Und vielleicht kommen wir mit Bild und Personenbeschreibung voran. Auch wenn ich deine Bedenken teile, Ossi. Du machst dich zusammen mit der Kollegin Hebel noch mal an den Holler ran. Selbst wenn es in die Irre führen sollte, ich will wissen, was das mit dieser Liste von dem Steinbeißer auf sich hat.«
    Kurz kicherte.
    »Dein Name ist auch nicht witzig«, sagte Taut. »Du machst zusammen mit Kamm bei den

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