Mannerfreie Zone
Tabitha. Sie klappt die Speisekarte zu und holt ihre Zigaretten aus der Tasche. Rosie wedelt gedankenverloren den Rauch weg. Der Ober nimmt unsere Bestellung auf. Tabitha grinst, als Rosie ein Omelett aus Eiweiß mit gegrilltem Gemüse bestellt.
„Die Omeletts hier sind toll“, sage ich, starte also noch einen Versuch.
„Obwohl du das nur aus Eiweiß nie probiert hast. Willst du eine Zigarette?“
Rosie entschuldigt sich, sie geht auf die Toilette.
„Muss sie jetzt brechen?“ Ich hoffe, dass ich Tabitha nie von Roseannes früherer Essensstörung erzählt habe.
„Tabitha, was ist dein Problem?“
„Was für ein Problem?“
Ich schüttle den Kopf. Der Ober bringt uns weitere Mimosas. Diese Drinks sind nie wirklich stark, aber normalerweise habe ich noch Restalkohol von der vorausgegangenen Nacht. Ich zerre eine Zigarette aus Tabithas Packung und rauche wütend.
„Und diese Klamotten?“ Sie verdreht die Augen. „Hochmodisch.“
„Tabitha, benimm dich wie eine Erwachsene. Bitte.“
„Na gut, ich werde mit deiner kleinen Freundin spielen.“
Also Rosie zurückkommt, nimmt Tabitha endlich ihre Sonnenbrille ab und bietet ihr eine Zigarette an. Wenn Sie wie ich Tabithas Körpersprache studiert hätten, würden sie das für ein gutes Zeichen halten. Nun, mal sehen.
„Also, in welcher Richtung suchst du einen Job?“
„Finanzen. Das war mein Hauptfach, und ich habe für eine kleine Beratungsfirma in Hartford gearbeitet.“
„Hast du schon irgendwelche Kontakte geknüpft?“ Unser Essen kommt. Der Ober stellt aus Versehen Roseannes Essen vor Tabitha. „Nein,
das
ist nicht für mich.“
„Na ja, ich habe ein paar Bewerbungen losgeschickt und zwei Vorstellungsgespräche nächste Woche. Und ich habe mich auch bei einer Vermittlungsagentur angemeldet.“
„Diese Agenturen bringen meistens gar nichts.“ Tabitha schaufelt sich eine riesige Gabel
Eier Benedict
in den Mund. Glauben Sie es oder nicht, aber ich glaube, sie will ihren ungeheuren Appetit demonstrieren. „Es ist bewundernswert, dass du einfach hierher kommst, ohne einen Job zu haben oder zumindest die Hoffnung auf einen.“ (Ist das ein Kompliment?)
„Ich dachte, das ist der beste Weg, um mich zu motivieren.“
Tabitha bittet den Ober um neues Brot.
„Weißt du.“ Sie macht eine Pause, um unsere ganze Aufmerksamkeit zu bekommen, dann spricht sie weiter. „Ich habe einen Freund bei der Deutschen Bank. Erinnerst du dich an Johann?“
Ich nicke, erinnere mich an seinen schrecklichen Geschmack, was Kleidung angeht.
„Spricht er noch mit dir?“
„Ich habe aufgehört, mit ihm zu sprechen.
Danke
.“ Darüber muss Rosie lachen. „Egal, mach erst mal deine anderen Vorstellungsgespräche, und wenn nichts draus wird, rufe ich mal Herrn Johann an. Wenn du möchtest.“ Ist sie wirklich so hilfsbereit?
„Danke.“ Rosie ist wirklich dankbar, aber natürlich kann dieser glückliche Augenblick des Zusammenseins nicht lange andauern. „Ich kann es gar nicht abwarten, bis wir eine Wohnung gefunden haben. Dann können wir gleich in einem Fitness-Studio eintreten.“
„Was für ein Spaß.“ Tabitha übertrifft sich selbst, was Sarkasmus angeht und sagt, sie müsse sich schnell die Nase pudern gehen. Ich starre betreten auf meine belgischen Waffeln.
„Ist sie immer … so?“ fragt Rosie.
„Ich weiß, ich weiß, ich weiß. Sie braucht einfach immer ein bisschen, um warm zu werden. Sie meint das gar nicht so. Wirklich.“
Tabitha kommt in dem Augenblick zurück, in dem uns die Rechnung gebracht wird. Rosie streckt die Hand danach aus, doch Tabitha hält sie auf.
„Hey, lass mich mal.“ Wir protestieren, aber es ist wirklich nicht leicht, Tabitha etwas auszureden, also bezahlt sie. Erleichtert atme ich aus, denn offenbar läuft hier alles doch ganz glatt, und wir beschließen, in die zweite Phase einzutreten: Einkaufen! Doch da erkennt Roseanne einen Schauspieler aus einer Seifenoper, und das ist wirklich nicht sehr schön anzusehen. Sie bekommt fast einen Herzinfarkt. Zuerst kapieren wir gar nicht, was los ist. Rosie deutet auf den Fast-Promi. Sie wird knallrot und sagt immer wieder: „Star, Star, Star, Star.“ Schnell schieben wir sie aus dem Restaurant und versuchen, sie zu beruhigen. Tabitha raucht kopfschüttelnd eine Zigarette. Ich fürchte, es wird sehr lange dauern, bis die beiden sich aneinander gewöhnen.
Rosie und ich kommen erst gegen halb acht nach Hause, gerade rechtzeitig, um mit meinen Eltern noch das Ende von
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