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Mannerfreie Zone

Mannerfreie Zone

Titel: Mannerfreie Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Papa Ariella
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Herb einmal in die Runde. Wenn er eine Zeichentrickfigur wäre (und nicht selten glaube ich das), würde in der Sprechblase stehen: „Das ist langweilig, ich habe keine Lust mehr, ich würde lieber an meinem Schreibtisch sitzen und schreiben. New-Age-Musik anhören und richtiges Atmen üben – vielleicht könnten wir nächstes Mal die Konferenz auf unseren Fahrrädern abhalten, in langsamem Tempo zehn Meilen bergab fahren, was meint ihr?“ Das wären ziemlich viele Worte für eine Sprechblase. Ich merke, wie ich mich gedanklich schon wieder aus dem Meeting ausblende – ich bin stolz darauf, dass ich in der Lage bin, mich auf gegrillte Auberginen zu konzentrieren.
    „Was nicht heißt, dass wir nicht noch viel Arbeit vor uns haben. Wie ihr wisst gibt es Pläne, das Format zu ändern.“ Ich höre, wie ein paar Kollegen nach Luft schnappen. Herb atmet einmal tief ein. „Noch ist das alles in der Entwicklungsphase, und ich glaube nicht, dass diese Veränderungen sehr bald greifen werden, aber trotzdem sollten wir das im Hinterkopf behalten, wenn wir jetzt ins neue Jahr starten. Wir sollten offen sein für neue Möglichkeiten und müssen daran arbeiten, unserer Zusammenarbeit mit den anderen Prescott-Nelson-Zeitschriften zu intensivieren …“ Blablabla.
    An diesem Punkt (falls Sie es nicht sowieso erraten haben) kann nicht mal meine gegrillte Tomate mich mit diesem Meeting aussöhnen. Ich frage mich, ob jemand bemerkt, dass ich mit meinen Gedanken woanders bin, oder ob nicht sowieso jeder in diesem Raum in seiner eigenen kleinen Traumwelt gefangen ist. Ich versuche, mich wieder auf Herb zu konzentrieren, aber nur ganz bestimmte Wort und Sätze dringen zu mir durch: „Ich hasse es, Worte wie ‚Synergien‘ zu benutzen“, sagt er, er spricht von „der Bedeutung unserer Arbeit“ und davon, „unserem Namen alle Ehre zu machen“. Ich reagiere einfach genauso wie meine Kollegen. Ich lache, wenn sie lachen, und wenn einige beginnen, ernsthaft mit dem Kopf zu nicken, versuche ich, einen positiven Gesichtsausdruck aufzusetzen. Ich bin über mich selbst erstaunt, dass ich so aufmerksam wirken kann, ohne überhaupt zuzuhören. Andererseits habe ich mit dieser Masche schon einen Haufen Buchhaltungsstunden in der Schule überlebt. Ich schaue heimlich auf die Uhr. Ich habe diesen Raum nur für eineinhalb Stunden reserviert, jetzt ist etwa eine Stunde rum. Ich stelle mir Rob Kings Schultern vor. Mir gefällt es, dass er so groß ist. Es kommt selten vor, dass man einen netten großen Typen findet. Ich frage mich, ob Rob King mein kleines Bäuchlein mögen wird, falls er es überhaupt jemals zu sehen bekommt. Mist! Ich fürchte, er hat es bereits gesehen. Ich bin eine Hure. Ich bin gespannt, ob ich Rob King davon überzeugen kann, dass unsere Zeitschrift „ihrem Namen alle Ehre macht“, wenn ich erst einmal die Chefdirektion übernommen habe.
    „Danke, Eve“, sagt gerade Herb in der realen Welt. Was?
    „Danke, Eve.“ Jetzt wiederholen das auch die anderen. War das vielleicht doch nicht nur ein innerer Monolog, wissen jetzt alle über Robs Brust Bescheid?
    „Eve gibt sich nur mit dem Besten ab.“ Rob ist ja auch
tatsächlich
ein Leckerbissen.
    „Nun ja“, sagt Jim, während er seine letzte Pommes Frites in den Mund steckt. Was geht hier vor sich? Alle stehen auf und verlassen das Zimmer. Oh, das Meeting ist vorbei. Sie haben mir für das Essen gedankt.
    „Gerne“, sage ich und beginne, die Abfälle einzusammeln. „Kein Problem.“
    Lorraine hilft mir ein wenig, obwohl ich ihr sage, dass sie sich keine Mühe machen soll. Da beginnt sie schon zu nörgeln. „Ich dachte schon, das Meeting hört niemals auf.“
    Nachdem ich das Konferenzzimmer aufgeräumt habe, gehe ich zurück an meinen Platz und spiele für den Rest des Tages Galgenmännchen.
    Ich habe nicht erwartet, dass ich Rob am Mittwoch in der Redaktionskonferenz sehen würde. Wie er da in seinem Anzug sitzt, wirkt er ein wenig fehl am Platz zwischen all den superlocker gekleideten Redakteuren. Ganz bewusst presse ich meinen Unterkiefer nach oben, damit mein Mund nicht offen stehen bleibt. Natürlich gibt es am Konferenztisch keinen Platz mehr, ich muss mich auf den Boden setzen. Als Rob sein Jackett auszieht, verdreht er den Hals so, dass er mich ansehen kann. Als unsere Blicke sich treffen, zwinkert er. Wow! Ich schaue weg. Brian, der Praktikant, sitzt neben mir.
    „Das neue Semester hat doch begonnen. Solltest du nicht wieder zurück an der Uni

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