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Manöver im Herbst

Manöver im Herbst

Titel: Manöver im Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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General Müller weiter. »Wollen Sie wie Ihr Onkel entlassen werden? Oder wollen Sie jetzt, wo ein anderer Wind weht, durch Hinternlecken in guter Erinnerung bleiben? Das hier –«, er klopfte mit den Knöcheln der rechten Hand auf die Personalakte Schützes, »ist mehr als alles, was ich bisher gelesen habe. Verhaftet drei Leutnants, weil sie der Zeit voraus sind. Ich werde Ihren Fall gleich morgen Herrn Minister v. Blomberg vortragen.« Plötzlich lächelte er wieder, hämisch, breit. »Wird das eine Freude in der Margarineindustrie geben, wenn ein Fachmann zu ihr zurückkommt –«
    Zerknirscht verließ Hauptmann Schütze das Offiziers-Personalamt. Er fuhr zu seiner Dienststelle, schloß sich in seinem Zimmer ein und rief seinen Schwiegervater in Trottowitz auf Gut Perritzau an. Der alte Baron war selbst am Telefon.
    »Na, du Hitlerjüngling?« fragte er, ehe Heinrich Emanuel etwas sagen konnte. »Ich nehme an, du sonnst dich bereits im Glanz der Gnadensonne. Warst ja immer ein fixer Junge. Was macht Amelia? Wie geht's den Kindern?«
    »Papa!« Heinrich Emanuel saß steif hinter seinem Tisch. »Wie beurteilst du die landwirtschaftliche Lage?«
    »Gut. Es wird in Zukunft soviel Mist wie selten geben.«
    Schütze schluckte. »Bitte ernst Papa. Kannst du einen Verwalter gebrauchen?«
    »Nee. Ich habe einen. Seit dreißig Jahren. Der macht's gut wie immer.«
    »Vielleicht einen Subverwalter? Ich … ich …« Hauptmann Schütze rang nach Worten. Er war dem Schluchzen nahe. »Es ist so, Papa. Onkel Eberhard –«
    »Aha. Man tritt dich in Berlin in den Hintern.«
    »Bildlich gesehen … ja. Man wirft mir vor … du weißt ja, die Sache mit den drei Leutnants, 1930. Außerdem glaube ich, daß Hitler …«
    Baron v. Perritz putzte sich die Nase. Heinrich Emanuel hörte es deutlich über sechshundert Kilometer hinweg.
    »Du willst deinen Abschied nehmen?«
    »Ich werde es müssen.«
    »Und was sagt Amelia dazu?«
    »Sie weiß es noch nicht. Ich habe es vor einer Stunde erfahren, wie man mich beurteilt. Obwohl ich im Recht bin.«
    »Wie damals im Herbstmanöver beim Kaiser. Erst der Wilhelm, jetzt der Adolf. Du bist ein Magnet für regierende Häupter. Also denn – einen Verwalter brauche ich nicht. Aber ich will ein Sägewerk gründen. Man will jetzt viel bauen, und Holz wird einmal sehr gefragt sein. Wenn du als Geschäftsführer dieses Holzwerk –«
    »Sehr gern, Papa, Sehr gern.« Der Hörer zitterte in Schützes Hand. »Wenn du wüßtest, wie dankbar ich bin …«
    »Ich hör's an deiner Stimme, Heinrich. Überleg es dir also. Und mit dem Generalstab –«
    »Bitte, Papa … sprich nicht darüber.« Er legte den Hörer auf. Es tat ihm weh, als habe man seine Brust mit heißen Nadeln durchbohrt.
    Geschäftsführer eines Sägewerkes, statt vor dem Kartentisch des Generalstabs, Armeen verschiebend und Schlachten gewinnend.
    Er legte die Hände vor das Gesicht und saß so eine ganze Weile, stumm und wie leblos.
    Es war schrecklich, so völlig umdenken zu müssen.
    *
    Eine Woche später – Schütze hatte sein Entlassungsgesuch fertig in der Schublade liegen und wartete einen günstigen Moment ab, um es einzureichen – wurde er erneut zu General Müller bestellt. Er steckte sein Gesuch ein und fuhr in die Bendlerstraße.
    General Müller saß wieder hinter seinem Schreibtisch. Er sah freundlich aus, stand auf, als Heinrich Emanuel eintrat, und reichte ihm sogar die Hand zum Gruß entgegen.
    »Heil Hitler!« sagte er. Heinrich Emanuel stand stramm. Er starrte den General an. Es war unfaßbar, daß er nicht angebrüllt wurde. In der Tasche seines Uniformrockes knisterte das Entlassungsgesuch, als er die Hände anlegte.
    »Ich habe Sie aus einem besonderen, und ich hoffe freundlicherem Anlaß als vor kurzem – ehem – rufen lassen, Herr Hauptmann.« General Müller setzte sich wieder. Er schob eine Zigarrenkiste über den Tisch zu Schütze hin. Heinrich Emanuel lehnte ab. »Ich habe Ihre Denkschrift weitergereicht … diese Schrift über die ›Möglichkeiten einer Landung auf den britischen Inseln‹. General v. Blomberg hat sie an Ministerpräsident Göring weitergegeben, und dieser hat sie dem Reichskanzler vorgelegt. Der Führer hat mit großem Interesse darin gelesen und sich lobend geäußert. Er hat Ihre Schrift behalten und zur Geheimsache Heer erklärt.«
    General Müller sah auf seine Hände. Es war fast, als sei er eifersüchtig auf das, was er sagen wollte oder sagen mußte.
    »Unter diesen Umständen bedarf

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