Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Banner
Vom Netzwerk:
Husten. »Du liest also schon wieder diesen englischen Dichter. Was wirst du dabei lernen? Nichts. Er schreibt über die Liebe.«
    Sie konnte Ryans Antwort nicht verstehen. Dann k a men sie näher an den Zaun. Sie stand ganz still und hörte wieder Ryans Onkel sprechen.
    »Du darfst deine Pflichten nicht vernachlässigen, R y an«, sagte er. »Du hast seit einer Woche weder Boge n schießen noch Fechten praktiziert. Du hast nichts in G e schichte gelernt und auch nichts in Geografie. Nichts hast du getan. Zumi nd est nichts ordentlich. Du bist an alles halbherzig herangegangen.«
    »Warum kann ich nicht mal Ferien machen?«
    »Du kennst den Grund. Ich habe es dir schon tausend Mal erklärt, verdammt noch mal. Hör mir zu.« Ihre Stimmen wurden lauter.
    »Ich höre ja zu. Aber du bist in den letzten Wochen sehr streng gewesen, Onkel, und ich bin müde.«
    »Du hast nur eine begrenzte Zeit, um diese Dinge zu lernen, und du musst sie lernen. Du hast eine Pflicht a n deren gegenüber. Es steht dir nicht zu, an dich selbst zu denken. Du kannst nicht einfach weglaufen, um dieses Mädchen zu treffen.«
    »Ich kenne sie doch gerade erst zwei Tage, Onkel. Denkst du wirklich …«
    »Ich weiß nicht, was ich denken soll. Es waren zwei Tage ohne sinnvolle Arbeit. Du hast sie schon vier- oder fünfmal besucht. Aber schon bevor sie aufgetaucht ist, hast du nach etwas gesucht, das dich von deiner Arbeit ablenkt.«
    »Das ist nicht wahr.« Nach einer kurzen Pause sagte Ryan voller Ernst: »Ihr gehören mein Herz und meine Seele.«
    »Ryan, mit deinen romantischen Spielereien riskierst du eine Menge mehr als nur dein Herz.«
    »Bei dir hört es sich wie eine Todsünde an, wenn ich tue, was ich tun möchte. Ich will doch nichts weiter als einen einzigen Freund. Möchtest du, dass ich einsam bin?«
    »Hör mir zu, Ryan.«
    »Ich habe gesagt, dass ich zuhöre.«
    »Es existiert nur ein einziges Mädchen, an das du dich binden solltest. Ich meine das, das den Silberadler hat und …«
    »Es sind jetzt schon zehn Jahre, und trotzdem tust du so, als würde es morgen geschehen. Deine großen Pläne, Onkel – du befiehlst mir sogar, wen ich lieben muss. Und was, wenn sie diejenige ist? Daran hast du nicht g e dacht.« Er schwieg kurz.
    »Oder wenn sie wirklich eine Verwandte deines Br u ders wäre, wie du sagst?«
    »Es macht keinen Unterschied, falls sie es ist. Das g e hört jetzt der Vergangenheit an. Du musst nicht deine ganze Zeit mit ihr verbringen. Was du hingegen tun musst, ist fechten, die Sterne studieren und Bogenschi e ßen üben. Und du musst so viel wie möglich über dein Land wissen, sonst – «
    »Sonst was? Welcher Malonier schert sich einen Dreck darum, wenn ich nicht der weitbeste Bogenschütze bin oder nicht weiß, wer die Schlacht auf den Feldern des Ostens gewonnen hat, oder …«
    »Cassius Ryan Angel Donahue.« Der Mann hielt inne, dann begann er zu lachen, wenn auch leicht verärgert. »Ich meine es wirklich ernst. Hast du irgendeine Vorste l lung davon, wie es unter Luciens Herrschaft in Malonia ist? Weißt du es? Weil ich nämlich versucht habe, es dir zu schildern, nur leider hörst du nicht zu.«
    »Aber, Onkel …«
    »Aber was? Die Menschen wollen einen König, der tanzen, patriotische Reden halten, reiten und fechten kann. Sie wollen nichts Neues oder Anderes oder Einzi g artiges. Sie wollen jemanden, auf den sie sich verlassen können. Begreifst du das? Du wirst dieses Mädchen nicht mehr treffen, bis du bewiesen hast, dass du deiner Ve r antwortung gewachsen bist.«
    »Ich habe nicht darum gebeten …«
    »Das spielt keine Rolle. Man kann sich seine Ve r pflichtung nicht aussuchen, und du tätest gut daran, das zu akzeptieren.«
    »Aber hör mir doch …«
    »Genug jetzt.« Seine Schritte auf dem Kiesstrand wurden leiser. »Die Diskussion ist beendet. Zeichne die wichtigsten Sternbilder nach und überlege dir die Bedeutung dieser Muster für diejenigen, die eine Rev o lution erwarten. Ich arbeite unterdessen in der Bibli o thek.«
    Es blieb lange still. Dann wurde jenseits des Rasens die Haustür zugeschlagen. In der Dunkelheit fragte Ryan: »Anna?«
    Sie trat unter den Bäumen hervor und ging zu ihm z u rück.
    »Ich dachte, du wärst vielleicht weg.«
    »Du hast mich gebeten zu warten.«
    »Hast du gehört …«
    »Ja.« Er erwiderte nichts. »Ryan, was hast du da über mich gesagt? Von wegen, dass ich eine Verwandte de i nes Onkels sein könnte?«
    »Das hättest du nicht hören dürfen. Aber ich

Weitere Kostenlose Bücher