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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Banner
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einem charmanten Lächeln direkt in die Kamera. Mit der einen Hand hielt er die kleine Monica beiläufig auf seinen Schultern fest; die andere lag in der Hand der vierjährigen Michelle.
    »Ich erkenne es«, sagte Ryan. »Du auch? Sie sehen sich unglaublich ähnlich. Er könnte tatsächlich eine jü n gere Ausgabe von Aldebaran sein.«
    Anna hatte schon immer gefunden, dass da etwas an diesem Mann, ihrem Großvater, war – etwas in Bezug auf seinen gelassenen, selbstsicheren Ausdruck und die Weise, wie er so direkt und beinahe herausfordernd in die Kamera blickte –, das ihn von anderen Menschen unte r schied. Und es war dasselbe, dämmerte ihr nun, wie bei Arthur Field.
    »Er wusste es«, sagte sie. »Darum hat er sich den Kopf an der Motorhaube angeschlagen, als ich ihm g e sagt habe, dass Monicas Mädchenname Devere ist.«
    Ryan nickte. »Er wusste, dass das der Name der Frau war. Aber er wollte dir nichts von all dem erzählen.«
    »Warum nicht?«
    »Er will keine Verbindung zu irgendjemandem in di e sem Land, damit er ohne Komplikationen verschwinden kann. Aber er begreift nicht, dass du in das Ganze verw i ckelt sein könntest, ob ihm das nun gefällt oder nicht. Und zwar nicht nur, weil du mit ihm verwandt bist, so n dern auch wegen meiner eigenen Geschichte.«
    »Was ist das für eine Geschichte?«
    »Sie ist kompliziert.« Er gab ihr das Foto zurück und ließ den Blick über den dunklen See schweifen. »Es ist schwierig, dir von diesen Dingen zu erzählen, Anna. Ich werde versuchen, ganz ehrlich zu sein. Können wir eine Weile spazieren gehen? Es wird dann einfacher sein, das Ganze zu erklären.«
    Sie schlenderten in Richtung Lakebank.
    »Ich habe dir schon gesagt, dass meine Eltern tot sind«, fuhr er fort. »Sie wurden vor zehn Jahren erscho s sen. Mein Onkel ist derjenige, der den Auftrag dazu g e geben hat. Mein wirklicher Onkel, zu Hause in Malonia, wo ich herkomme. Der ältere Bruder meiner Mutter.«
    Anna sah ihn von der Seite an, doch er ging mit g e senktem Blick und gleichmäßigen Schritten weiter. »Er hat sie ermorden lassen? Sitzt er jetzt im Gefängnis?«
    Ryan schüttelte den Kopf. »Es war eine politische S a che. Mein Vater war ein sehr bedeutender Mann, und mein Onkel wollte seinen Platz.« Er blieb auf der dun k len Straße stehen und sah sie direkt an. »Es geht um sehr ernste Dinge, wenn ich fortfahre, Anna. Verstehst du mich?«
    »Ja, ich verstehe dich.«
    »Mein Vater war König, so wie vor ihm bereits sein Vater. Ich bin der letzte Sohn in der Linie der Donahues. Ich bin der Erbe des Throns. In Malonia war ich ein Prinz. Hier bin ich ein Verbannter.« Er sah ihr wieder in die Augen. »Du glaubst mir vielleicht nicht, aber hörst du mir trotzdem weiter zu?«
    Sie antwortete nicht, aber ihr Blick war unverwandt auf ihn gerichtet, während sie tiefer in die Nacht schri t ten.
    »Mein Vater erbte den Thron, als er noch sehr jung war. In meinem Alter regierte er das Land schon seit fünf Jahren. Etwa ein Jahr später lernte er meine Mutter ke n nen. Sie stammte aus einer adeligen Familie, die über einen Staat vor der Westküste Malonias herrschte.« Er sah Anna an, als wollte er überprüfen, dass sie ihm noch folgte. »Zwischen dieser Familie Kalitz und den Don a hues hatte immer schon Unfrieden geherrscht. Zu der Zeit, als ich geboren wurde, war diese Feindschaft b e sonders schlimm. Meine Mutter und mein Vater waren jung, und sie liebten sich. Sie heirateten, als sie fünfzehn und er siebzehn war. Sie glaubten, den gegenseitigen Hass ihrer Familie übe rw inden zu können. Doch die F a milie meiner Mutter benutzte ihre Heirat, um näher an die königliche Familie heranzukommen und so ihren Plan, die Regierung zu stürzen und selbst die Macht zu übernehmen, voranzutreiben.« Ryan verfiel in Schwe i gen.
    »Wo kommt Arthur Field ins Spiel? Welche Rolle spielt er bei dem Ganzen?«
    »Er war ein wichtiger Mann in meiner Heimat. Er b e kleidete den zweithöchsten Rang innerhalb des Gehei m dienstes, und er besaß eine große Gabe. Er hatte sich in Aldebaran umbenannt; jeder kennt ihn unter diesem N a men. Er wurde schon vor mir verbannt und nahm mich bei sich auf, als ich hierher nach England geschickt wu r de. Man könnte also sagen, dass ich ihm mein Leben verdanke.«
    »Was meinst du mit Gabe?«
    Ryan versuchte, es ihr zu erklären.
    »Daran kannst du nicht wirklich glauben!«, entfuhr es ihr. »Dass er Gedanken lesen und in die Zukunft sehen kann. Ganz im Ernst, Ryan …« Doch da

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