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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Banner
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existieren.«
    »Ich habe schon versucht, es Anna zu erklären«, eri n nerte Ryan ihn. »Dass meine Verbannung nicht nur eine Frage der Entfernung ist, sondern ich in England gefa n gen gehalten werde. Und dass es große Fähigkeiten e r fordern würde, jemanden aus dieser Art von Exil zu b e freien und nach Hause zurückzubringen.«
    »Während man heranwächst, hört man Geschichten«, fuhr Aldebaran fort, als hätte der Junge nichts gesagt. »In unserem Land gibt es viele Geschichten über England – über diese Welt, die dich umgibt. Über die Kutschen, die von selbst fahren; die Lampen, die nicht flackern; über die Menschen, die aufgehört haben, die Magie für etwas Reales zu halten. Während man heranwächst, lernt man zu glauben, dass England nur im Märchen existiert. Me n schen, die als vermisst gelten, sind tot und nicht ve r schwunden; Menschen, die behaupten schon mal hier gew es en zu sein, sind Lügner. Aber die Erleuchteten – jene, deren Ausbildung sie für euch zu Magiern macht – müssen lernen, all die Dinge wieder aufzugreifen, die sie in ihrer Kindheit verworfen haben, denn das ist das G e biet, auf dem wir arbeiten. Im Reich der Mythen und L e genden, wo wir versuchen, Dinge möglich zu machen, die andere für unmöglich oder zumindest für sehr u n wahrscheinlich halten.«
    »Onkel, du machst das Ganze nicht durchsichtiger«, warf Ryan ein, doch Aldebaran hob die Hand. Das Fl a ckern der Lampe ließ Schatten über sein Gesicht zucken, als er weitersprach.
    »Diese Erleuchteten, diese Männer und Frauen, die die Magie studieren, wissen, dass England nicht der Legende entstammt, sondern wirklich existiert – als Parallelwelt zu unserer eigenen. Es gibt viele Orte, die nur die E r leuchteten sehen können und derer sich die meisten Me n schen gar nicht bewusst sind. Dennoch ist es absurd zu glauben, dass wir auf diese Orte verzichten könnten. Die Welten treiben sich gegenseitig an. Sie sind vollständig aufeinander angewiesen. Sieh dir diesen Stern an.« Er deutete zum Himmel, und Anna folgte seinem Blick. »Wir nennen ihn Leo, diesen Teil eures englischen Sternbilds. Wenn jemand in Malonia sich gerade an e i nem Ort aufhält, der in der Nähe von diesem hier liegt, könnte es sein, dass die Person plötzlich anfängt, über diesen Stern nachzudenken. Und zwar allein aufgrund der Tatsache, dass ich ihn eben erwähnt habe. Eure Welt und unsere Welt, Malonia und England, sind eng mitei n ander verknüpft. Ihr sprecht hier malonisch und nennt es en g lisch. Ihr gebt euren Kindern dieselben Vornamen, oder zumindest sehr ähnliche. Solche Dinge dringen durch.«
    Anna und Ryan hörten schweigend zu. »Die Sterne und Sternbilder in eurem Land, sie alle haben Namen, die einen Sinn ergeben. Nicht so in Malonia. Wir haben erst später angefangen, sie zu benennen, und jedes Mal, wenn ein Astrono m v ersucht hat, sich einen Namen auszude n ken, tauchte praktisch einer aus dem Nichts auf. Wir h a ben eure englischen Namen zwar unvollständig, aber trotzdem eindeutig übernommen. Jetzt verfügen wir über ein seltsames Sortiment an Namen, ohne den Grund d a für zu kennen. Jupiter und Venus zum Beispiel haben in unserem Land keinerlei Bedeutung.«
    Aldebaran blickte stirnrunzelnd in die Nacht. »Gena u so ist es mit meinem Neffen. Er war ein berühmter Schriftste l ler. Ich habe keine gedruckten Kopien von seinen B ü chern, aber über Visionen und Träume sind seine Werke alle zu mir gekommen. Die Worte wurden direkt aus se i nem Kopf in meinen übertragen, und ich schrieb sie dann auf. Wenn man über magische Fähigkeiten verfügt, hat man eine eng e re Verbindung zu seinen Angeh ö rigen, weil ein Teil von einem mit ihnen übereinstimmt. Deshalb war es dumm von mir, den Silberadler wegzuwerfen, obwohl ich Verwan d te hier hatte, die leicht diejenigen sein kön n ten, die ihn finden würden …« Er brach ab. »Aber selbst über diese Distanz hinweg konnte ich erkennen, was H a rald dachte; was er schrieb. Es gibt einen ständigen G e dankenfluss zwischen Menschen – und zwischen Orten. All die u n sichtbaren Dinge – wie der Geist und der G e danke – strömen auf diese Weise von Welt zu Welt. Und manc h mal gelangen auch Menschen von einer zur and e ren.«
    Anna drehte die Halskette in ihrer Hand hin und her, während Aldebaran sprach. Das Licht hüpfte über die zerstörte Kapelle – über rote Steinbogen und mit Schni t zereien verzierte Wände, die von den Überresten eines hochgewölbten

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