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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Banner
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Darius.
    Lucien schüttelte den Kopf. »Ahira übernimmt das. Aber beeil dich – ich brauche dich hier.«
    Ahira nickte, dann packte er Anna am Arm und schob sie zur Tür hinaus.
    Draußen war ein Gewitter losgebrochen, und als sie gerade an einem Fenster vorbeigingen, zuckte ein greller Blitz über den Himmel und erhellte Ahiras Gesicht. Die Narbe und die leere Augenhöhle hoben sich in dem far b losen Licht deutlich hervor. Ahira führte sie durch die Burg und dann in einen dämmrigen Raum. Er verriege l te die Tür und zündete eine Öllampe auf einem Tisch an. »Setz dich!«
    Anna ging in eine Ecke des Zimmers. Ahira beobac h tete sie schweigend, dann blitzte es wieder.
    »Bitte«, sagte sie mit zittriger Stimme. »Sagen Sie mir: Ist mit Ryan alles in Ordnung? Sie haben ihn nicht getötet, nachdem wir durch die Bäume verschwunden waren? Bitte, sagen Sie es mir …«
    Er starrte sie an, als wäre er überrascht. »Er ist nicht wirklich verletzt. Als ich ihn verließ, wachte er gerade auf; davon habe ich mich überzeugt.«
    Anna setzte sich an den Tisch, unfähig, wieder aufz u stehen. Ahira setzte sich ihr gegenüber. Sie starrten sich an.
    »Dein Name ist Anna«, sagte er schließlich. »Habe ich Recht?« Er lachte kurz über ihren Gesichtsausdruck. »Soll ich dir sagen, woher ich das weiß? Weil der Prinz die Augen geöffnet und deinen Namen gesagt hat.«
    »Ryan? Ryan hat meinen Namen gesagt?« Als er nicht antwortete, fragte sie: »Warum sind Sie noch hier? Ich dachte, Sie würden sofort zum König zurückgehen.«
    »Ich muss zuerst mit dir sprechen.« Er stand schwe r fällig auf und befreite ihre Hände von den Fesseln. Dann trat er ans Fenster. Draußen, irgendwo außerhalb seines Blickfelds, stapften Pferde durch den Morast, während sich Männer gegenseitig Flüche zuriefen. »Ich bin nie zuvor in England gewesen. Den Prinzen dort zu treffen … war eigenartig. Ich habe ihn seit zehn Jahren nicht mehr gesehen. Seit dem Tag, an dem ich seine Eltern erschoss. Du musst mir zuhören.«
    »Ich höre zu«, sagte Anna rasch und wagte nicht, den Blick von ihm zu wenden.
    »Du weißt, dass es da eine Prophezeiung gibt, die den Jungen betrifft? Aldebaran hat geschrieben, dass derjen i ge, der dem Jungen ein Leid antut, dasselbe Leid wide r fahren soll. Weißt du das?«
    »Ryan hat mir davon erzählt.«
    Ahira nickte. »Früher habe ich an die Prophezeiung geglaubt. An dem Tag, als wir die Burg einnahmen, bin ich derjenige gewesen, der die anderen davon abgehalten hat, dem Prinzen ein Leid anzutun. Später fing ich an, die Prophezeiung zu vergessen. Jedenfalls dachte ich damals nur an körperliches Leid. Aber was für ein größeres Leid hätte ich ihm antun können, als seine Eltern vor seinen Augen zu erschießen? Ich begreife das nun. Und jetzt sprechen sie davon, dich ebenfalls zu erschießen.«
    Er drehte sich um und sah hinaus in den Sturm. »Nachdem ich den Jungen geschlagen hatte, überfiel mich plötzlich – ich weiß nicht – so etwas wie eine Vis i on. Das war der Grund, warum ich auf dem Hügel g e blieben bin. Ich konnte mich nicht bewegen. Ich dac h te, ich würde sterben. Diese Narbe in meinem Gesicht ist die einzige Rache, die über mich gekommen ist. Ich habe seine Mutter und seinen Vater erschossen. Du bedeutest dem Prinzen viel – ich weiß, dass du das tust –, wah r scheinlich mehr als jedem anderen. Ich habe nur noch einen einzigen Verwandten. Meine restliche Familie hat mich verstoßen, als ich mich Luciens Regierung ang e schlossen habe. Wahrscheinlich würdest du ihnen de s halb keinen Vorwurf machen. Du hältst mich vermutlich für einen bösen Mann. Aber auch ich hatte Menschen, die mir etwas bedeuteten. Auch ich habe geliebt …«
    Anna erwiderte nichts.
    Er wandte sich ihr wieder zu. »Es mag reiner Abe r glaube sein, aber ich habe Angst. Irgendetwas Seltsames liegt in der Luft. Als ich durch die Stadt hierhergeritten bin, hörte ich, wie Wind und Regen meinen Namen ri e fen. Es war nicht nur in meiner Einbildung – ich hörte es wirklich.« Er beugte sich schwer atmend über den Tisch. »Du kennst Aldebaran – du hast ihn getroffen. Ist er f ä hig, so etwas zu tun? Sag mir, was er tun kann.«
    »Er kann Ihre Gedanken sehen«, antwortete Anna b e dächtig. »Und die Zukunft.«
    Ahira lehnte sich zurück und legte sich die Hand vors Gesicht. »Er ist ein sehr mächtiger Mann. Mein Geist ist in schrecklichem Aufruhr, seit ich den Jungen geschlagen habe. Ich weiß, dass sich die

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