Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia
linke.
Er war definitiv kein Engländer, entschied Raymond. Er schüttelte zaghaft die ausgestreckte Hand. »Dann kommen Sie rein.«
Während der Mann seine Stiefelsohlen an der Fußma t te abstreifte, sah Raymond ihn, die Hände in die Hüften gestemmt, blinzelnd an. Arthur Field trug einen schweren Mantel, und die Kleidung darunter war so verschlissen, als wäre er in ihr von weit hergereist. Raymond erhaschte einen flüchtigen Blick auf eine Halskette, doch der Mann zog den Kragen hoch, bevor er sie sich genauer ansehen konnte. Auf die Tür zum Salon deutend, ging Raymond vor, und der Fremde folgte ihm.
Dort wirkte Arthur Field noch mehr fehl am Platz als zuvor. Er setzte sich auf Raymonds Wunsch hin in den Lehnstuhl neben dem Fenster und wartete. Der Hausherr ließ sich auf den Stuhl ihm gegenüber sinken, während Field die Glaskästen musterte, die die Wände des Ra u mes säumten.
»Also …« , begann Raymond, und der Mann richtete den Blick auf ihn. »Sie möchten sich als Butler bewe r ben?«
»Ja. Ich habe Ihre Anzeige in der Zeitung gelesen.«
»Und über welche Ausbildung und Erfahrung verf ü gen Sie?«
»Ich …« Er räusperte sich verlegen. »Ich habe keine formelle Ausbildung in diesem Beruf«, sagte der Mann stockend.
Raymond wartete, dass er weitersprach, doch das tat er nicht. »Ich verstehe«, sagte er schließlich.
»Ich konnte nicht anders, als das … äh … gepanzerte Gefährt auf dem Rasen zu bemerken«, sagte der Mann, als das Schweigen schließlich zu peinlich wurde, und schaute dabei zum Fenster hinaus.
Raymond lächelte. »Es sieht dort recht beeindruckend aus, nicht wahr? Es scheint Unbefugte besser fernzuha l ten, als es ein Wachhund könnte!«
»Das kann ich mir gut vorstellen.«
»Es ist ein echter Panzer aus dem Ersten Weltkrieg. Hat tatsächlich in Frankreich Dienst getan, können Sie sich das vorstellen?«
»Es muss eine echte Rarität sein«, sagte Field bewu n dernd.
»Ja, aber ich habe ihn schon seit langer Zeit. Viele Museen sind an mich herangetreten, aber ich werde ihn nicht verkaufen.«
»Man kann so etwas ja auch nicht einfach mit einem Preis versehen.«
»Nein, das kann man in der Tat nicht. Sie interessieren sich also für Waffen, Mr. Field?«
»Sie sind, nun ja, faszinierend. Obwohl ich nicht viel davon verstehe.«
»Ich habe im Lauf der Jahre einige Kenntnisse erwo r ben.« Raymond machte eine Handbewegung zu den Vi t rinen im Zimmer. »Und nebenbei auch eine ansehnliche Sammlung.«
»Darf ich sie mir ansehen?«, fragte der Mann und stand auf.
»Selbstverständlich.«
Als wären es Museumsstücke, lag jede der Waffen mit einem kleinen Kärtchen versehen auf schimmerndem, rotem Samt in ihrem eigenen Schaukasten. »Diese wu r den demnach viel früher angefertigt also vor … äh … dem Ersten Weltkrieg?«, erkundigte sich Field.
»Natürlich! Das hier sind alles Schwerter, Dolche und Degen aus dem sechzehnten bis zum frühen neunzehnten Jahrhundert.«
Raymond ging hinüber zu dem Besucher, der gerade vor der größten Vitrine stand und hineinspähte. »Dies ist mein besonderer Liebling. Der Degen eines Edelmannes, von dem ich mir sicher bin, dass er spanischer Herkunft ist. Er ist in erstaunlich gutem Zustand, finden Sie nicht?«
»Ja.«
»Mir gefällt die Verzierung auf dem Heft. Ein feines Beispiel für den Glockengriff, und es ist eine Toledo-Klinge. Ich wollte immer schon wissen, ob er wirklich spanischen Ursprungs oder nur eine Nachbildung ist.«
»Gibt es nicht vielleicht Fachleute, die es Ihnen sagen könnten?«, schlug Field vor.
»Ich bin mir sicher, dass es die gibt – obwohl ich mich noch nie erkundigt habe. Ich neige dazu, meine Sam m lung geheim zu halten. Man kann nie wissen, was ein Betrüger alles versuchen könnte, wenn er sich mit wer t vollen Waffen auskennt.«
»Gibt es wirklich Menschen, die antike Waffen ste h len?«
»O ja.« In Raymonds Stimme schwang bitterer Tr i umph mit. »Und ob es die gibt. Erst vor ein paar Mon a ten wurde mir fast meine gesamte Schusswaffensam m lung gestohlen. Sie müssen die leeren Vitrinen in der Diele bemerkt haben.«
»Das habe ich.« Der Besucher sah ihn stirnrunzelnd und mit durchdringendem Blick an. »Wirklich ein ung e heures Pech.«
»Ich bedaure es sehr, sie verloren zu haben.«
»Und war es möglich, die Diebe aufzuspüren?«
»Nein … die Polizei hatte bislang kein Glück. Ich bin davon überzeugt, dass die Diebe die Waffen außer La n des geschmuggelt haben, aber die
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