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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Banner
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Stirn. »Ich bin nur überrascht, dass Sie nie selbst zum Militär gegangen sind, Sir. Daran habe ich gerade gedacht.«
    »Ja.« Raymond ließ den Blick über das dunkle Wasser gleiten. »Wissen Sie, früher habe ich mir immer g e wünscht, bei der Armee zu sein.«
    »Wirklich, Sir?« Der alte Mann hatte das nie zuvor erwähnt. »Was hat Sie Ihre Meinung ändern lassen?« Er stutzte. »Bitte entschuldigen Sie, Sir. Ich vergesse mich.«
    Raymond hatte stets den Eindruck, als würde es seinen Diener amüsieren, Sätze wie »Ich vergesse mich« zu s a gen. »Nein, nein, Field, entschuldigen Sie sich nicht. Es war vor langer Zeit, und ich sollte …« Er rollte den g e drillten Knauf seines Gehstocks in seiner Handfläche hin und her. »Ich habe die Musterung nicht bestanden.«
    Der Butler nickte, sagte jedoch nichts.
    »Mein Herz war der Grund. Ich hatte schon immer Proble m e damit.« Raymond lächelte schwach. »Es ist komisch. Es hat mich damals so sehr belastet, nicht zur Armee gehen zu können, dass ich nie darüber hinwegg e kommen bin. Selbst jetzt ist es noch so: Wenn ich ir gen d etwas – eine einzige Sache – an meinem Leben ä n dern könnte, wäre es das. Wenn es die Möglichkeit dazu g ä be.«
    »Wahrscheinlich, weil Sie es sich lange Zeit g e wünscht haben.«
    »Ja. Seit ich ein kleiner Junge war.«
    »Und ich nehme an, Sie hatten es gemeinsam mit I h rem Freund geplant. Ich schätze, Sie dachten immer, dass Sie zusammen gehen würden.« Der Butler verteilte die letzten Pommes an die Möwen. »Vielleicht sind Sie di e sen Strand auf und ab gelaufen und haben dabei Pläne geschmiedet. Als Sie bei Ihrer Heimkehr erfuhren, dass England in den Krieg eingetreten war, schworen Sie sich, gemeinsam zu gehen.«
    Raymond starrte ihn an. »Woher wissen Sie das?«
    Der Butler betrachtete die Kieselsteine zu seinen F ü ßen. »Nur eine Vermutung, Sir. Ich hoffe, Sie halten meine Worte nicht für unangemessen.«
    Eine Zeitlang schwiegen sie. »Es ist zu dieser Jahre s zeit noch immer recht kühl«, sagte Raymond schließlich und stand auf. »Es tut mir nicht gut, reglos hier herumz u sitzen.«
    Während das Boot von der Insel wegschaukelte, ging langsam die Sonne unter. Der Butler beugte sich über die Reling und warf etwas ins Wasser. »Was war das?«, fra g te Raymond.
    »Nichts. Nur ein Stein.«
    Raymond dachte, er hätte etwas glitzern sehen, bevor es untergegangen war, aber er fühlte sich erschöpft an jenem Tag und hatte nicht die Kraft, Field weiter zu b e fragen. Er hatte während der letzten Monate gelernt, dass das sowieso nichts brachte. Sein Butler erzählte ihm das, was er wollte, und kein bisschen mehr.
    »Wissen Sie«, begann Raymond und blickte dabei zur Insel zurück, »ich glaube, ich werde sterben. Das tue ich wirklich. Ich werde bald sterben.«
    »Nein, Sir! Nein, das werden Sie nicht. Sie können leicht noch zwanzig Jahre leben.«
    »Jetzt, da ich diese Insel noch einmal gesehen habe, spielt es keine Rolle mehr. Es ist seltsam – früher habe ich sie immer für schön gehalten, dabei ist sie gar nichts Besonderes.«
    »Ich bin froh, hier gewesen zu sein«, sagte der Butler, bevor er sich umdrehte und zusah, wie die Sonne das Meer in Brand zu setzen schien.
     
    »Sir?«, fragte Field, als sie in der Dunkelheit nach Hause fuhren. »Ich wollte Sie schon seit meiner Ankunft etwas fragen, Sir.«
    Raymond drehte sich auf seinem Sitz zur Seite, um den Butler anzusehen. »Ich würde gern wissen, ob Sie je von einer Frau namens Emilie gehört haben«, fuhr Field fort. »Sie hat vor ein paar Jahren hier in der Nähe g e lebt.«
    »Emilie?«, wiederholte Raymond. »Ein französischer Name. Er kommt mir bekannt vor. Wie ist der Nachname dieser Dame?«
    »Field.«
    Raymond war verblüfft. »Also eine Verwandte von Ihnen?«
    Ein Vogel flog durch das Scheinwerferlicht, und der Butler riss das Steuer herum. »Die Frau meines Bruders, oder seine Partnerin; genau weiß ich es nicht.« Er u m fasste das Lenkrad fester. »Mein Bruder kam schon ein paar Jahre vor mir nach England. Er stand dieser Dame sehr nahe, aber er behandelte sie nicht, wie er es hätte tun sollen. Harald war nicht gerade der beste aller Me n schen.«
    »Sie haben nie zuvor von Ihrer Familie gesprochen«, bemerkte Raymond. Der Butler antwortete nicht. »Aber verraten Sie mir: Was hat Ihr Bruder denn Schlimmes getan?«
    »Soweit ich gehört habe, lebte er einige Jahre mit di e ser Dame. Selbst wenn sie möglicherweise nicht verhe i ratet

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