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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Banner
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eine vornehme Dame. Und auch die Art, wie sie sich bewegte, war elegant; jetzt bemerkte ich all das, was mir vorher nicht aufgefallen war: Ihre Kleidung war ziemlich unau f fällig – ein langer Rock mit engem Mieder und ein bu n tes Schultertuch –, aber sie trug sie, als wäre sie sich b e wusst, dass sie hübsch war, und dadurch sahen sie nach mehr aus, als sie tatsächlich waren.
    Stirling ging vor sich hin summend voraus. Er summte ständig, aber anders als bei Großmutter störte es mich nicht, weil er eine hübsche Stimme hatte. Maria hakte sich plötzlich bei mir unter. Ich zuckte zusammen, und sie lachte mich deshalb aus. Aber ich gewöhnte mich schnell an das Gewicht ihres Arms an der Innenseite meines Ellbogens. Und wie Stirling uns da vorausging und Maria meinen Arm hielt, begann ich mir vorzuste l len, dass wir verheiratet wären, Maria und ich, und Sti r ling unser kleiner Sohn wäre. Es war absurd, sich so e t was vorz us tellen, aber ich tat es trotzdem. Ich war ein Soldat auf Wochenendurlaub, und Stirling war – ich sol l te ihn besser fünf oder sechs sein lassen, aber er war klein, deshalb war es eigentlich egal. Er konnte unser Sohn L e onard sein, benannt nach mir. Und wir waren –
    »In welche Richtung müssen wir gehen?«, fragte M a ria gerade. »Leo?«
    Ich zuckte zusammen. »Oh, entschuldige. Nach rechts.«
    »Warum laufen wir nicht zu dieser Straße«, fragte Sti r ling, während er sich zu mir zurückfallen ließ. »Die oberhalb vom Fluss. Maria würde sie bestimmt gern s e hen.«
    Ich blickte sie an.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Warum nicht? Gucken, wie die reichen Leute leben.« Wir lachten, dann bogen wir nach links ab, sodass wir den Stadtrand weiter im Norden erreichen würden.
    Eine Menge Leute waren unterwegs. Fünf Soldaten kamen schnell die Straße hinunter auf uns zugaloppiert, und wir gingen zur Seite, um sie vorbeizulassen. Der er s te von ihnen zog grüßend sein Barett.
    »Vielleicht läuft der Krieg gut«, mutmaßte Maria. »Normalerweise sind sie nicht so freundlich.«
    »Sie reiten wahrscheinlich runter zum Hafen.« Ich drehte mich um, weil ich sehen wollte, welche Abzwe i gung sie an der Kreuzung nehmen würden. »Ja, sie reiten in die Richtung. Vielleicht werden sie drüben im Westen stationiert – es gibt im Moment keinen besseren Ort, an dem man als Soldat sein könnte.«
    »Ich wünschte, sie würden meinen Vater irgendwo anders hinversetzen«, sagte Maria.
    Ich hatte vergessen, dass ihr Vater an der Grenze war. »Ist er Soldat?«
    »Nein, aber er wurde trotzdem für den Krieg gegen Alcyri a r ekrutiert. Er war vorher Bankier. Kennst du die Bank neben dem Marktplatz?«
    »Was? Etwa die, die der Zenithar-Rüstungsfabrik g e hört?«
    »Ja. Das war seine. Sie hieß früher – «
    »Andros Genossenschaftsbank«, sagte ich. »Ich eri n nere mich.«
    »Warum bist du dann nicht reich?«, fragte Stirling.
    Sie lachte gleichgültig. »Das waren wir. Früher.«
    Wir schlenderten gemächlich dahin; an Marias einem Arm schaukelte der Korb, der andere war noch immer unter meinen gehakt. Die Hände in den Hosentaschen vergraben, trottete Stirling neben uns her.
    Plötzlich hörte ich ganz in der Nähe eine Stimme: »Ist das etwa North? Leo North aus der Schule?«
    »Ja, das ist er«, antwortete jemand anderes. »Ruf ihn! Na los!«
    Ich sah mich um und entdeckte dann zwei Gesichter, die sich aus einem Fenster im ersten Stock eines Hauses herauslehnten. Es waren zwei Jungen aus meinem Zug – Seth Blackwood und Isaac Sadler.
    »Es ist tatsächlich dieser Dämlack Leo North!«, schrie Seth grinsend und winkte mir zu. Isaac beugte sich aus dem Fenster und tat so, als wollte er uns anspucken, aber er machte nur Spaß.
    »Haut ab!«, sagte ich lachend, während wir schnell außer Spuck-Reichweite flüchteten.
    »Ist das seine Freundin?«, hörte ich Isaac flüstern. Dann lauter: »North, ist das deine Freundin?« Ich ign o rierte ihn. »Leonard«, rief Isaac jetzt noch lauter.
    »Mr. Leonard D. North, würden Sie bitte antworten, Sir!«, schrie Seth, bevor er hinzufügte: »Das D steht ü b rigens für Dämlack.« Maria drehte sich um und bedachte sie mit einem herausfordernden Blick. Sie zogen sich vom Fenster zurück, und Seth schlug sich den Kopf am Fensterrahmen an. »Wir sehen uns Montag in der Sch u le!«
    »Okay«, rief ich zurück.
    Wir bogen um eine Straßenecke und lachten plötzlich alle gleichzeitig los. Aber ich war trotzdem überrascht von der

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