Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia
an, und sie sagte: › Ich weiß, dass Sie Lord Aldebaran sind – ich weiß es schon seit einem Jahr oder länger. ‹ Dann begann sie zu lachen – wah r scheinlich weil ich sie so anstarrte.
› Woher weißt du das? ‹ , fragte ich schließlich.
› Ich habe es erraten ‹ , sagte sie. › Ich habe es erraten, und ich glaube, dass meine Eltern es ebenfalls wissen – nur dass sie es nicht erraten haben, sondern jemand es ihnen gesagt hat. Aber Lucien weiß es nicht. Wenn er es wüsste, hätte er Sie längst umgebracht.‹
Sie sah nervös zur Tür und trat dann näher zu mir. › Es gibt da etwas, worüber ich mit Ihnen sprechen möchte, bevor ich gehe. Ich befürchte, dass meine Familie ir gen d einen geheimen Plan ausheckt. Ich habe einige Di n ge mitbekommen, auch wenn sie niemals mit mir darüber sprechen würden. ‹ Ich fragte sie, welche Art von Plan sie meinte, aber das konnte sie mir nicht sagen. › Es ist nur so: Wenn Vater mit Lucien weggeht, dann kontrolliert er nicht das Anwesen, wie er behauptet. Ich habe sie über die Straße wegfahren sehen. Und Sie wissen selbst, wie lange sie oft wegbleiben. Tage, manchmal sogar W o chen. ‹
Es stimmte, dass sie einen Plan ausheckten. Natürlich taten sie das – das war schließlich der Grund, warum man mich hierhergeschickt hatte: Weil sie unter Verdacht standen, eine Revolution anzuzetteln. › Ich denke dasse l be. Aber was soll ich deiner Meinung nach tun? ‹
Sie nahm meine Hand und sagte: › Fliehen Sie weit weg von hier – gehen Sie heute Nacht, sobald ich abg e reist bin. ‹
Wieder war ich zu überrascht, um etwas zu erwidern.
› Ich glaube, dass sehr mächtige Personen in diese S a che verwickelt sind ‹ , fuhr sie fort, › und möglicherweise wird man versuchen, Sie zu töten. Und falls Luden h e rausfindet, wer Sie wirklich sind, wird er Sie mit bloßen Händen im Schlaf erdrosseln. Sie kennen ihn. Er hat e i nen wahnsinnigen Zug an sich. Glauben Sie mir. ‹
› Hast du Angst vor ihm? ‹ , fragte ich.
Sie sah zu mir hoch, als ob ich ihr Vater wäre. › Ja. N a türlich habe ich Angst vor ihm. ‹
› Du bist gut ‹ , sagte ich zu ihr. › Er kann dir nichts z u leide tun. Die Guten werden beschützt.‹
Dasselbe hätte ich ihr gesagt, wenn sie meine eigene Tochter gewesen wäre. Doch es war nicht die Wahrheit, und sie wusste es. Sie durchschaute mich immer, wenn ich mit irgendeinem geschichtlichen oder wissenschaftl i chen Aspekt in unserem Unterricht zu kämpfen hatte – sie senkte dann stets auf eine ganz bestimmte Art die Augen, auch wenn sie zu höflich war, um etwas zu s a gen. Genauso sah sie jetzt aus.
› Ich denke, Sie sollten fortgehen ‹ , wiederholte sie. › Ich werde meine Meinung nicht ändern. Sie sollten for t gehen. ‹
Ich war noch immer nicht überzeugt. Doch sie griff nach meiner Hand und bat mich erneut zu fliehen. › Sie sind wertvoll für unser Land, und Sie müssen Ihr Leben um jeden Preis schützen. Sie verfügen über große Fähi g keiten. Sie sind ein sehr wichtiger Mann. ‹ Dann sah sie auf meine Hand in ihrer hinunter und ließ sie los, so als hätte sie jetzt, da sie wusste, wer ich war, nicht mehr das Recht, sie zu halten. › Sir, Sie müssen fliehen . ‹
Es war seltsam, sie auf diese Weise › Sir ‹ zu mir sagen zu hören, und ich wollte sie gerade bitten, das nicht zu tun, aber sie hatte mir dringend noch etwas anderes zu sagen. › Nehmen Sie das hier mit. ‹ Und sie legte etwas in meine Hand.
› Was ist das? ‹ Aber noch bevor ich die Frage zu Ende gestellt hatte, wusste ich es bereits.«
»Was war es?« Gespannt beugte Raymond sich in dem dunklen Zimmer nach vorne. »Field, ständig halten Sie an den wichtigsten Stellen inne.«
Der Butler lachte, obwohl er das mit Absicht getan hatte. »Verzeihung. Es war ein berühmtes und kostbares Schmuckstück – vermutlich das berühmteste und kos t barste in ganz Maloma. Es war eine Halskette mit einem Anhänger in Form eines Adlers. In den Legenden wird er immer als Silberadler bezeichnet.«
»Eine Halskette?«
»Sehen Sie mich nicht so ungläubig an. Ich erzähle Ihnen die Geschichte. Vor langer Zeit wurde Malonia belagert, und die Menschen waren am Verhungern. Die Erleuchteten – die Magier –, die überzeugt waren zu sterben, egal, was geschah, beschlossen, ihre Fähigkeiten für die Nachwelt zu bewahren. Einer von ihnen, ein re i cher Mann, besaß eine wertvolle Halskette, die seit Gen e rationen in seiner Familie war. Der
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