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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Banner
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ignoriert, während ich selbst beunruhigt und als Lehrer nicht ausgelastet war. Ich unterrichtete sie weiter, aber sie kam oft auch zu mir, um meinen Rat einzuholen. Sie war noch immer sehr jung, als sie darüber zu sprechen begann fortzugehen. Sie hasste dieses Haus. Sie wollte hinüber aufs Festland.
    Als ihr dann der erste Mann einen Heiratsantrag mac h te, hätte sie beinahe angenommen. Sie war erst dreizehn, als die Söhne von Adeligen und reichen Händlern anfi n gen, um ihre Hand anzuhalten. Ihre Eltern waren der Me i nung, dass sie warten sollte, und ich stimmte ihnen zu. Mir war nicht klar, was sie tatsächlich meinten – nicht generell zu warten, sondern auf etwas zu warten. Sie wollten, dass sie den jungen König heiratete. Die beiden lernten sich auf einem Ball kennen, als sie vie r zehn war und er sechzehn, und kaum ein halbes Jahr sp ä ter machte er ihr tatsächlich einen Antrag. Marcus und Celine hatten gewusst , dass das geschehen würde.«
    Aldebaran blickte finster auf seine Hände hinunter, mit denen er seine Knie umfasst hielt. »Ich behaupte nicht, dass Anneline Cassius nicht geliebt hat«, fuhr er fort. »Das hat sie – ich kannte sie gut genug, um das zu sehen. Marcus und Celine gaben vor, die Heiratspläne ihrer Tochter zu missbilligen, doch in Wahrheit hatten sie über Monate hinweg Begegnungen zwischen den beiden arrangiert – das war selbst mir nicht entgangen. Die S a che ist die: Marcus und Celine waren zwar Königsge g ner, aber auf eine clevere Art und Weise. Sie ließen sich trotz ihrer Gegnerschaft von ihrem Verstand leiten. L u cien hingegen war leidenschaftlich antiroyalistisch. Der Tag, an dem Anneline ihre Verlobung bekannt gab, war der letzte Tag, an dem er mit ihr sprach. Der Hass auf die Donahue-Familie vergiftete sein Blut. Er verließ das Haus, während Anneline ihre Hochzeitsvorbereitungen traf, und weigerte sich zurückzukehren, solange sie im Hause war.
    Am Abend vor ihrer Abreise, es war kurz nach ihrem fünfzehnten Geburtstag, half ich ihr in dem leeren Unte r richtsraum, ihre letzten Sachen zu packen. Wir waren traurig, uns trennen zu müssen – sie war für mich wie eine Tochter geworden. Das sagte ich ihr bei dieser G e legenheit.
    › Ohne Sie wäre ich in diesem Haus verrückt gewo r den, Al debara n‹ , erwiderte sie. Das Seltsame daran war, dass sie ta ts ächlich meinen angenommenen Namen ve r wendete. Ich hatte mich in diesem Haus als Arthur Field vorgestellt – unter demselben Namen, den ich Ihnen g e nannt habe und unter dem man mich kannte, bevor ich die Kunst der Magie erlernte.«
     
    Ich brach an dieser Stelle ab und legte das Buch auf me i ne Knie. Die Uhr auf dem Kirchplatz schlug zur Vierte l stunde. »Das ist also auch Luciens Geschichte«, sagte Stirling.
    »Ja. Ich habe nicht gewusst, dass Aldebaran ihn unte r richtet hat, als er jung war.«
    »Das bringen sie uns in der Schule auch nicht bei.«
    Ich lachte. »Nein. Wenn dies ein echtes Buch wäre, würde es auf der Liste Streng Verbotener Schriften st e hen.«
    Stirling sah mit einem Mal besorgt aus.
    »Keine Angst«, beruhigte ich ihn. »Ich habe außer dir niemandem davon erzählt. Und man kann mir sowieso keine Schuld geben. Ich schreibe diese Worte nicht.«
    »Aber wer dann?«, fragte Stirling. »Es ist wirklich e i genartig. Glaubst du, dass es jemand mit einer Gabe ist, der über Magie zu kommunizieren versucht, so wie A l debaran versucht hat, mit Talitha zu kommunizieren?«
    »Darüber habe ich auch schon nachgedacht«, sagte ich. »Aber warum sollte ein Erleuchteter das hier au f schreiben? Ein Teil davon ist wichtig, aber der Rest hat nur für dich und mich eine Bedeutung.«
    »Vielleicht …« , überlegte Stirling. »Vielleicht ist es ja jemand, der versucht, mit uns zu kommunizieren.«
    Dieser Gedanke erschreckte mich. »Aber wer?«, fragte ich schließlich. »Aldebaran höchstpersönlich?«
    Ich hatte es als Scherz gemeint, aber Stirling merkte es nicht. »Das wäre möglich! Falls er noch immer am Leben ist. Lies weiter. Vielleicht finden wir einen Hinweis. Lies weiter, Leo.«
     
    Auf der anderen Seite des Sees läutete eine Kirchenglo c ke. Der Butler wandte den Kopf in Richtung des G e räuschs, so als hätte es ihn aus seinen Gedanken gerissen.
    »Was haben Sie erwidert, als sie Sie mit Aldebaran angeredet hat?«, wollte Raymond wissen.
    Der Butler lachte. »Ich glaube nicht, dass ich übe r haupt etwas erwiderte – ich war viel zu überrascht. Ich starrte sie einfach nur

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