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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Banner
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trat vor und befreite meine Hände.«
    Aldebaran schwieg nun so lange, dass Raymond fast gespr oc hen hätte. Dann sah er auf. »Das war das Letzte, was ich von meinem Heimatland sah. In diesem Wald bin ich verschwunden. Es war mir nicht bewusst. Um mich herum herrschte für lange Zeit Dunkelheit. Als ich au f wachte, war ich, noch immer von der Folter zitternd, in einem fremden Land. Ich war hier. Ich war ein Verban n ter. Es war das, was ich als dreizehnjähriger Junge ges e hen hatte.«
    »Man hat Sie verbannt?«, fragte Raymond. »Wie das?«
    »Einige Menschen entwickeln diese Fähigkeiten – Sie würden es einen Bann nennen. Ich würde so etwas ni e mals wagen. Es erscheint mir zu gefährlich, der Welt neue Regeln aufzuzwingen – Menschen aus ihrem eig e nen Land an Orte zu schicken, an die sie nicht gehören, oder das Leben eines Menschen mit falschen Regeln zu begrenzen, die keine reale Bedeutung haben, den Betre f fenden aber dennoch töten können, wenn sie gebrochen werden.« Kopfschüttelnd gab der Butler seinen Erkl ä rungsversuch auf. »Aber es spielt keine Rolle, dass ich solche Fähigkeiten weder billige noch verstehe, sie hatte sie entwickelt, und ich konnte nichts dagegen unterne h men. Das war es also. Ich war hier in England, mit nichts als den Kleidern, die ich am Leib trug, und der Halskette. Sie hatten sie nicht genommen.«
    »Warum nicht? Ich dachte, sie wäre sehr wichtig.«
    »Mir fällt keine andere Erklärung ein, als dass ni e mand wusste, dass ich sie hatte. Vielleicht hatten sie nur genug gesehen, um zu wissen, dass ich geflohen war. Und ich hatte mir während der ganzen Zeit, die wir durch den Wald gelaufen waren, große Mühe gegeben, sie zu beschützen. Ich tat nichts anderes – ich setzte mich nicht zur Wehr und kämpfte nicht, sondern ich beschützte nur diese Kette. Inzwischen wissen sie natürlich, dass der Silberadler hier ist. Aber sie haben ihn im selben M o ment verbannt, in dem sie mich verbannten.«
    »Also deshalb sind Sie hier?«
    »Ja. Weil ich keine andere Wahl hatte. Und ein paar Wochen später stand ich dann auf Ihrer Türschwelle und Sie stellten mich als Butler ein. Seitdem bin ich nun hier.«
    Es folgte Schweigen. »Sehr gut, Field«, sagte Ra y mond schließlich und applaudierte. »Wirklich sehr gut.«
    »Danke, Sir.« Der Butler sah auf und stellte fest, dass es draußen vollständig dunkel geworden war.
    »Ich habe schon seit langer Zeit keine so unterhalts a me Geschichte mehr gehört.«
    »Nur dass es nicht einfach eine Geschichte ist. Und war sie nicht zum Teil gerade deshalb so unterhaltsam? Weil sie wahr ist?«
    »Vielleicht. Was geschah am Ende?«
    »Sie ist noch nicht zu Ende. Es ist keine Geschichte – es ist mein Leben. Im Moment bin ich stärker abgeschni t ten als je zuvor und kann überhaupt nicht mehr mit T a litha kommunizieren. Ich weiß nicht, warum.«
    »Aber, Field …« , begann Raymond mit einem schw a chen Lächeln. »So, wie Sie die Geschichte erzählt haben, klang es, als ob man Talitha nicht trauen könnte. Ich dachte, das wäre das überraschende Ende. Ich dachte, Sie würden mir jetzt die Tatsache enthüllen, dass Talitha Sie von Anfang an betrogen hat.« Der Butler richtete den Blick auf Raymond, und das Lächeln das alten Mannes schwand. »Das war es, was ich erwartet hatte …« Ra y mond verstummte unsicher.
    »Talitha, und mich betrügen?«, sagte Aldebaran. »Sie sprechen von Talitha, der Leiterin des malonischen G e heimdienstes?«
    »Aber das war es, was Sie selbst impliziert haben. Erst hat sie Sie auf eine Mission geschickt, die sich als Falle entpuppt hat, dann haben mächtige Leute jede Ihrer B e wegungen beobachtet und Ihre Kräfte lahmgelegt. Und diese Frau, die Sie ins Exil geschickt hat – ich war mir sicher, Sie würden mir gleich enthüllen, dass das Talitha war.«
    Aldebaran lehnte sich in seinem Stuhl vor. »Sir, Sie haben nichts von alldem verstanden, was ich Ihnen ger a de erzählt habe. Wie können Sie behaupten, dass Talitha …«
    »Ich habe gar nichts behauptet! Es ist nur eine G e schichte. Ich habe mich nur an der Geschichte beteiligt.«
    »Sie verstehen überhaupt nichts«, sagte der Butler wieder, nun mit erhobener Stimme. »Wie können Sie Talitha eines derartigen Verrats beschuldigen? Die Gr o ßen werden in meinem Land verehrt, sie sind keine Ve r räter.«
    »Field, Sie machen mir Angst. Hören Sie jetzt auf d a mit. Es war eine gute Geschichte, und sie hat mir die Zeit vertrieben, aber –

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