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Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia

Titel: Manolia-Zyklus 01 - Das Lied von Malonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Banner
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ich merkte, wie ich zusammenzuckte.
    »Stirling, es ist alles in Ordnung. Ich bin es, Pater Dunstan.«
    Während er sich immer tiefer zwischen die Kissen wühlte, schrie mein Bruder weiter.
    »Stirling, dir wird nichts geschehen!«, sagte Pater Dunstan mit fester Stimme. »Dir wird nichts geschehen.« Er legte die Hände auf Stirlings Schultern, um ihn ruhig zu halten. »Sag mir – kannst du mich sehen?«
    »Kann ich … kann ich …« , stöhnte Stirling wieder und wieder im Fieberwahn und warf dabei den Kopf hin und her.
    »Kannst du mich sehen?«
    »Bitte, bringt sie weg! Sie versuchen, mich zu erw i schen!«
    »Wer?«, fragte Pater Dunstan.
    »Da! Seht doch! Da!« Stirling stieß plötzlich ein schrilles Kreischen aus.
    »O Gott!«, entfuhr es mir. Meine Stimme klang wie die von jemand anderem, der weit, weit entfernt war, und eher nach einem Gebet als nach Blasphemie. »Ist er b e sessen?« Niemand wies mich zurecht.
    »Kannst du mich sehen, Stirling?«, wollte Pater Du n stan wieder wissen. Mein Bruder murmelte irgen d etwas über Geister, aber er schien ihn nicht zu hören. »Er hall u ziniert. Er weiß nicht, was er redet. Holt mir einen kalten Umschlag. Ich werde versuchen, das Fieber zu senken.«
    »Seht doch!«, kreischte Stirling plötzlich. Er setzte sich abrupt auf und starrte mit wildem Blick in eine Ecke des Zimmers. »Seht doch! Warum ist sie hier?«
    »Wer?«, fragte Pater Dunstan.
    »Diese Frau – seht ihr sie denn nicht? Sie greift nach mir! Da!« Mit einem weiteren Aufschrei beförderte er seine verdrehte Decke mit fliegenden Armen aus dem Bett.
    Pater Dunstan hielt ihn fest, um zu verhindern, dass er mit auf dem Boden landete. Mit flachen Atemzügen, die selbst fast wie Schreie klangen, bäumte sich mein Bruder auf, um sich zu befreien.
    »Stirling! Stirling! Beruhige dich!«, verlangte Pater Dunstan mit fester Stimme.
    Zitternd reichte Maria dem Priester einen kalten U m schlag. Er presste ihn gegen Stirlings Stirn, obwohl mein Bruder immer noch versuchte, sich zu befreien. »Rettet mich! Sie streckt die Hand nach mir aus! Sie will mich schnappen – haltet sie auf!«
    »Du bist in Sicherheit«, versicherte Pater Dunstan.
    Stirling starrte gegen die Zimmerecke, ohne sich zu bewegen.
    »Wo ist die Frau?«
    Leise Schluchzer kamen aus dem Mund meines Br u ders, während er ins Nichts starrte. »Sie sagt … sie sagt … sie sagt …«
    »Was sagt sie?«
    »Sie sagt, sie sei meine Mutter – ein Geist! Bitte, rettet mich!« Er kreischte wieder los. Das Geräusch bohrte sich wie ein Messer in meinen Hinterkopf.
    »Stirling!«, rief Pater Dunstan. »Deine Mutter ist kein Geist, und sie wird eines Tages zu dir zurückkommen. Stirling. Stirling.«
    Mein Bruder wurde plötzlich ganz still und sah ihn an. Es herrschte atemloses Schweigen.
    »Pater Dunstan?«, fragte er einen Augenblick später schwach und so laut keuchend, als ob seine Lungen durchlöchert wären.
    »Stirling, kannst du mich sehen?«
    »Ja.« In diesem Moment atmeten wir alle gleichzeitig aus.
    »Hast du Wahnvorstellungen gehabt? Dir Dinge ei n gebildet?«
    »War es ein Traum?«, fragte Stirling unsicher zurück.
    »Ja – du bist in Sicherheit. Aber du bist krank.«
    »Wer war die Frau?«
    »Sie war nur ein Traum.«
    »Sie war echt. Sie hat mit mir gesprochen. Sie hat g e sagt, dass sie mich mitnehmen wird, aber ich wollte das nicht.«
    »Vielleicht kam es dir sehr real vor.« Pater Dunstan wirkte als Einziger von uns immer noch ziemlich gefasst. »Aber du bist in Sicherheit. Bleib für eine Weile still li e gen. Sag mir, wie du dich fühlst.«
    »Mein Kopf tut weh und mein Hals – hier.« Er zeigte kraftlos auf seine Kehle. »Und ich fühle mich krank. Ich bin zu heiß. Mein Kopf tut weh.«
    »In Ordnung.« Pater Dunstan legte eine Hand auf se i ne Stirn. »Du hast Fieber.«
    »Werde ich sterben?«
    »Nein«, erwiderte Pater Dunstan, »nicht sofort.« Er sagte es spaßhaft, um Stirling zu beruhigen, aber der verstand nicht.
    »Nicht sofort?« Mein Bruder riss die Augen auf. »Aber vielleicht bald?«
    »Wir kennen den Willen Gottes nicht, Stirling, und wir könnten ihn auch nicht ändern.«
    Ich hätte ihn in diesem Moment fast geschlagen, aber stattdessen ließ ich mich auf mein Bett sinken, um zu verhindern, dass ich in Ohnmacht fiel. Doch Stirling schienen seine Worte zu trösten.
     

Obwohl Maria bei ihm war, wollte Großmutter Stirling nicht für eine Sekunde aus den Augen lassen. Deshalb musste Pater Dunstan sich beeilen, als

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