Mansfield Park
mit gesenktem Blick. Sir Thomas bemühte sich, ein Lächeln zu unterdrücken, und fuhr nach kurzem Schweigen fort:
«Du weißt vielleicht nicht, daß ich heute morgen schon Besuch hatte. Ich war nach dem Frühstück soeben in mein Zimmer gegangen, als Mr. Crawford mir gemeldet wurde. Was ihn zu mir geführt hat, kannst du vermutlich erraten.»
Fanny wurde immer röter. Ihr Onkel, der wohl sah, daß sie vor übermäßiger Verlegenheit weder sprechen noch aufblicken konnte, wandte schonend seine eigenen Blicke ab und setzte ohne weitere Pause seinen Bericht über Mr. Crawfords Besuch fort.
Mr. Crawford war gekommen, um zu erklären, daß er Fanny liebe, und den Onkel, der offenkundig Vaterstelle an ihr vertrat, um ihre Hand zu bitten; und er hatte das alles in so wohlanständiger und passender Form, so freimütig und großzügig getan, daß Sir Thomas, der überdies das Gefühl hatte, mit seinen eigenen Antworten und Bemerkungen ganz den richtigen Ton getroffen zu haben, ein besonderes Vergnügen daran fand, ihr Gespräch in allen Einzelheiten wiederzugeben. Ohne im geringsten zu ahnen, was in seiner Nichte vorging, glaubte er, dies alles müsse für sie noch viel erfreulicher sein als für ihn selber. So redete er eine ganze Weile lang weiter, ohne daß Fanny ihn zu unterbrechen wagte. Sie war noch nicht einmal imstande, den Wunsch dazu zu empfinden, ihr Gemüt war in zu großem Aufruhr. Sie hatte ihre Haltung geändert und lauschte, die Augen starr auf das Fenster gerichtet, den Worten ihres Onkels in unbeschreiblicher Bestürzung und Verstörung. Endlich schwieg er, aber auch das war ihr noch kaum bewußt geworden, als er sich erhob und abschließend sagte: «Und jetzt, Fanny, nachdem ich den ersten Teil meines Auftrags ausgeführt und dir gezeigt habe, daß die ganze Sache auf der sichersten und befriedigendsten Grundlage ruht, darf ich ihn vollenden, indem ich dich bitte, mich hinunter zu begleiten, wo du – wenn ich mir auch schmeichle, dir keine unerwünschte Gesellschaft gewesen zu sein – jemanden finden wirst, dem du noch lieber zuhören wirst als mir. Mr. Crawford ist, wie du dir wohl schon gedacht hast, noch im Hause. Er wartet in meinem Zimmer und hofft, dich dort zu sehen.»
Fannys erschrockener Blick bei dieser Eröffnung, ihr verhaltener Aufschrei erstaunten Sir Thomas. Doch wie groß war sein Erstaunen erst, als er sie ausrufen hörte: «Nein! Nein, Onkel, ich kann nicht – oh, ich kann wirklich nicht zu ihm hinuntergehen! Mr. Crawford sollte wissen – er muß es wissen – ich habe es ihm gestern klar und deutlich gesagt – er hat gestern mit mir gesprochen – und ich habe ihm ganz unverblümt gesagt, daß es mir sehr unangenehm wäre – und daß ich ganz und gar nicht imstande bin, seine gute Meinung zu erwidern!»
«Ich verstehe nicht, was du damit sagen willst», sagte Sir Thomas, indem er sich wieder hinsetzte. «Nicht imstande, seine gute Meinung zu erwidern? Was soll das heißen? Ich weiß, daß er gestern mit dir gesprochen hat und (soviel ich verstanden habe) von dir soweit ermutigt wurde, wie ein wohlerzogenes junges Mädchen es sich gestatten darf. Ich war sehr befriedigt von deinem Benehmen bei diesem Anlaß, wie er es mir schilderte; du hast lobenswerte Zurückhaltung und Bescheidenheit gezeigt. Aber jetzt, da er seinen Antrag in so geziemender, ehrenhafter Form gemacht hat – was schreckt dich jetzt noch?»
«Sie sind im Irrtum, Onkel!» rief Fanny, die von der Angst des Augenblicks getrieben wurde, sogar ihrem Onkel zu widersprechen. «Es ist ein Irrtum! Wie konnte Mr. Crawford so etwas sagen? Ich habe ihn gestern nicht ermutigt! Im Gegenteil, ich habe ihm gesagt – ich erinnere mich nicht mehr genau an meine Worte – aber ich habe ihm ganz bestimmt gesagt, daß ich das nicht hören wollte, daß es mir in jeder Beziehung sehr unangenehm wäre und daß er niemals wieder auf diese Art zu mir sprechen sollte. Ganz bestimmt habe ich ihm das gesagt und noch mehr. Und ich hätte ihm noch viel mehr gesagt – wenn ich ganz sicher gewesen wäre, daß er es wirklich ernst meinte. Aber ich wollte nicht – das wäre ganz schrecklich gewesen – mehr aus seinen Worten heraushören, als er vielleicht meinte. Für ihn, dachte ich, hätte das alles wohl keine Bedeutung …»
Sie war so außer Atem, daß sie nicht weitersprechen konnte.
«Willst du damit sagen», begann Sir Thomas nach einer kurzen Pause, «daß du Mr. Crawfords Antrag abzuweisen gedenkst?»
«Ja, Onkel …»
«Du willst ihn
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