Mansfield Park
die nächsten zwei Stunden am Kartentisch festnageln! Noch dazu mit ihr und Dr. Grant, die sich unausgesetzt in den Haaren liegen, und dieser alten Ziege, die von Whist soviel versteht wie von Algebra! Wenn unsere liebe Tante sich nur nicht so wichtig machen wollte! Unerhört, mich ganz ungeniert vor allen Leuten zu fragen, so daß ich gar nicht die Möglichkeit habe, abzulehnen! Das reizt mir immer am meisten die Galle – wenn man vorgibt, mich zu fragen, und es auf eine Weise tut, daß ich gezwungen bin, ja zu sagen. Wäre mir nicht der Geistesblitz gekommen, dich zum Tanz zu holen, hätte ich mich nicht herausgewunden. Es ist wirklich unerträglich. Wenn Tante Norris sich etwas in den Kopf setzt, ist sie nicht mehr davon abzuhalten.»
13. Kapitel
An Toms neuestem Freund, dem Honourable John Yates, war weiter nichts zu rühmen, als daß er die Gewohnheiten der großen Welt besaß, viel Geld ausgab und als jüngerer Sohn eines Lord über ein leidliches Einkommen verfügte. Sir Thomas hätte vermutlich seine Einführung in Mansfield Park durchaus nicht wünschenswert gefunden. Mr. Bertram hatte ihn in Weymouth kennengelernt, wo sie beide zehn Tage in der gleichen Gesellschaft verbrachten, und die Freundschaft, falls man sie so nennen darf, war dadurch besiegelt worden, daß Mr. Yates aufgefordert wurde, doch gelegentlich einmal Mansfield «mitzunehmen», was er auch versprach. Und er kam wirklich – beträchtlich früher, als zu erwarten gewesen, weil die große, lustige Gesellschaft im Hause eines anderen Freundes, wohin er sich von Weymouth aus begeben hatte, plötzlich auseinandergestoben war. Er kam auf den Flügeln der Enttäuschung und den Kopf voll von theatralischen Problemen, denn man hatte sich damit vergnügt, Theater zu spielen; und das Stück, in dem er eine Rolle hatte, sollte in zwei Tagen aufgeführt werden, als der Tod einer nahen Anverwandten des Gastgebers den Plan zunichte machte und die Darsteller in alle Winde zerstreute. So nahe war er dem Glück, dem Ruhm gewesen! So sicher des begeisterten Zeitungsartikels über die Liebhaberaufführung in Ecclesford, dem Sitz des Right Honourable Lord Ravenshaw in Cornwall, der zweifellos alle Mitwirkenden für mindestens ein Jahr lang unsterblich gemacht hätte! Dies alles zu verlieren, nachdem er es schon beinahe in Händen gehalten hatte, war ein schmerzlicher Schlag, und Mr. Yates konnte von nichts anderem reden. Ecclesford und die improvisierte Bühne mit ihren Kulissen und Kostümen, Proben und Regieeinfällen bildete sein unwandelbares Gesprächsthema, und sein einziger Trost bestand darin, sich der vergangenen Größe zu rühmen.
Glücklicherweise ist das Interesse am Theater so allgemein und der Hang zum Theaterspielen in jungen Menschen so stark, daß seine Zuhörer nicht müde wurden, ihm zu lauschen. Von der Rollenverteilung bis zum Epilog fanden sie alles hochinteressant, und es gab nur wenige, die nicht gerne dabeigewesen wären oder gezögert hätten, ihr eigenes Talent zu versuchen. Das Stück hieß «Liebesschwüre», und Mr. Yates hätte den Grafen Cassel spielen sollen. «Eine ganz unbedeutende Rolle», sagte er, «und gar nicht nach meinem Geschmack, ich würde so etwas nicht wieder übernehmen. Aber ich wollte keine Schwierigkeiten machen. Lord Ravenshaw und der Herzog hatten sich schon vor meiner Ankunft in Ecclesford die beiden einzigen spielenswerten Rollen angeeignet, und obwohl Lord Ravenshaw sich erbötig machte, zu meinen Gunsten zurückzutreten, konnte ich das natürlich nicht annehmen. Es hat mir nur seinetwegen leidgetan, daß er sich so überschätzte, denn er war ganz ungeeignet, den Baron zu spielen – ein kleiner Mann mit schwacher Stimme, der immer schon nach den ersten zehn Minuten heiser wurde! Das mußte dem Stück beträchtlich schaden, aber ich war fest entschlossen, keine Schwierigkeiten zu machen. Sir Henry fand ja, daß der Herzog dem Friedrich nicht gewachsen sei, doch das kam daher, daß Sir Henry sich selber die Rolle wünschte; sie wäre aber bei ihm bestimmt in noch schlechteren Händen gewesen. Ich war ganz überrascht, wie steif Sir Henry spielte – wie ein Stock. Zum Glück hing die Wirkung des Stücks nicht von seiner Rolle ab. Unsere Agathe war unübertrefflich, und den Herzog haben viele großartig gefunden. Alles in allem wäre es glänzend gegangen.»
«So ein Pech!» – «Jammerschade!» – Mit diesen und ähnlichen Zwischenrufen bekundeten die verständnisvollen Zuhörer ihre
Weitere Kostenlose Bücher