Mansfield Park
Jackson Ehre.» Nach diesen Worten hätte er gern das Thema gewechselt und über weniger aufregenden häuslichen Angelegenheiten friedlich seinen Kaffee getrunken. Doch Mr. Yates besaß nicht genug Scharfsinn, um die Bedeutung dieser Rede richtig zu erfassen, noch genügend Bescheidenheit, Feingefühl oder Diskretion, um Sir Thomas die Führung des Gesprächs zu überlassen und sich selber möglichst unauffällig unter das Publikum zu mischen. Er ließ nicht locker, er mußte unbedingt mit Sir Thomas über das Theater reden, ödete ihn mit diesbezüglichen Fragen und Bemerkungen an und zwang ihn schließlich, die ganze Geschichte seiner Enttäuschung in Ecclesford über sich ergehen zu lassen. Sir Thomas hörte überaus höflich zu, entdeckte aber in der Erzählung gar manches, was seine Anstandsbegriffe verletzte und seine schlechte Meinung über Mister Yates bestätigte. Als sie zu Ende war, vermochte er sich zu keinem anderen Zeichen von Anteilnahme aufzuschwingen als zu einer leichten Verbeugung.
«Das war eigentlich der Ursprung unserer Schauspielerei», sagte Tom nach kurzem Nachdenken. «Yates hat die ansteckende Krankheit von Ecclesford eingeschleppt, und sie hat sich hier verbreitet, wie solche Krankheiten es in sich haben
– um so rascher wohl, als Sie, Papa, uns früher so oft zu solchen Versuchen ermuntert haben. Wir haben uns auf vertrautem Grund gefühlt.»
Mr. Yates entriß seinem Freund alsbald wieder das Wort, um Sir Thomas Bericht zu erstatten, was sie vollbracht hatten und noch zu vollbringen gedachten. Er erzählte unaufhaltsam von der allmählichen Erweiterung des Unternehmens, der glücklichen Überwindung der Anfangsschwierigkeiten und dem gegenwärtigen vielversprechenden Stand der Dinge. Sein Eifer machte ihn so blind, daß er nichts von den verstörten Mienen und dem beschwörenden Räuspern seiner Freunde merkte, die unruhig auf ihren Stühlen herumrückten. Ja, er sah nicht einmal, was in den Zügen vorging, an denen sein eigener Blick hing. Sir Thomas’ Brauen zogen sich zusammen, während er seine Töchter und Edmund ernst und fragend anschaute und seine Augen besonders auf diesem ruhen ließ. Sie redeten eine deutliche Sprache, sie drückten einen Tadel, einen schweren Vorwurf aus, den Edmund in tiefster Seele empfand. Nicht minder schmerzlich empfand ihn Fanny, die mit ihrem Stuhl immer weiter hinter das Sofa ihrer Tante gerutscht war und aus diesem Versteck alles beobachtete, was vorging. Daß sie den Blick des Vaters jemals so vorwurfsvoll auf Edmund gerichtet sehen würde, hätte sie nie und nimmer erwartet – und das Bewußtsein, daß der Vorwurf nicht unverdient war, machte alles nur noch schlimmer! In Sir Thomas’ Auge war deutlich zu lesen: «Auf dein richtiges Gefühl, Edmund, hatte ich mich verlassen. Was hast du getrieben?» Ach, Fanny warf sich in Gedanken ihrem Onkel zu Füßen, ihr Busen schwoll, um hervorzustoßen: «Nicht ihn, nicht ihn! Sieh alle anderen strafend an, aber nicht ihn!»
Inzwischen redete Mr. Yates noch immer.
«Um die Wahrheit zu gestehen, Sir Thomas, waren wir mitten in einer Probe, als Sie heute ankamen. Wir wollten alle drei Akte vornehmen, und es hat soweit nicht schlecht geklappt. Jetzt sind die Crawfords leider gegangen, und unsere Gesellschaft ist so zerstreut, daß heute nichts mehr zu machen ist. Aber wenn Sie uns morgen abend die Ehre Ihrer Anwesenheit schenken wollen, wäre mir vor Ihrem Urteil nicht bange. Natürlich zählen wir als junge Schauspieler auf Ihre Nachsicht, Sie verstehen, wir appellieren an Ihre Nachsicht …»
«Auf meine Nachsicht können Sie zählen, Sir», erwiderte Sir Thomas ernst, «aber ohne jede weitere Probe.» Und mit milderem Lächeln fügte er hinzu: «Ich komme heim, um glücklich und nachsichtig zu sein.» Dann fragte er in ruhigem Ton, zu den anderen gewandt: «Von Mister und Miss Crawford war schon in eueren letzten Briefen die Rede. Habt ihr in ihnen eine angenehme Bekanntschaft gefunden?»
Tom war als einziger mit einer Antwort zur Hand, und da er in die Crawfords weder verliebt noch auf sie eifersüchtig war, konnte er in angemessenem Ton von ihnen sprechen. Mr. Crawford wäre ein sehr sympathischer Mensch, ein wirklicher Gentleman, und seine Schwester ein liebes, hübsches, elegantes, geistreiches Mädchen.
Mr. Rushworth vermochte nicht länger zu schweigen. «Ich will nicht behaupten, daß er – alles in allem – kein Gentleman ist, aber Sie sollten Ihrem Vater sagen, daß er nicht mehr als acht Zoll
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