Manta 01 - Omnivor
Ignoranz hin.
Er holte tief Luft und kraulte mit kräftigen Stößen zu seinen Ausrüstungsgegenständen zurück. Er blieb so lange unten, wie es die geringer werdende Tiefe gestattete, tauchte dann mit angehaltenem Atem lautlos auf. Die Flut hatte ihren Höhepunkt erreicht. Der Korb wurde fast von den Wellen berührt, war aber noch nicht angetastet worden.
Daneben hockte ein dunkler Buckel. Der Manta hatte ihn erwartet!
Aber er griff nicht an. Erleichtert erkannte er, daß es sich um einen der Beobachter handelte, einen am Kampf Unbeteiligten. Er würde ihn in Ruhe lassen, das hoffte er wenigstens.
Vorsichtig kniete er neben dem Korb nieder und holte die Lampe hervor. Er fand ein Streichholz - immer noch der beste Weg zum Feuer! - und riß es an. Als es aufflammte, wirbelte der entfernte Manta herum. Er war sich des Geräuschs oder der Ausstrahlung von Hitze und Licht oder anderer Charakteristika des Feuers bewußt. Subble brachte die Flamme an die Tülle der Lampe heran und wünschte sich, daß sie schnell anging. Das geschah, und er bewegte sich dem Zentrum des Strands entgegen, die Nase ganz nahe an der Flamme.
Der Manta verließ das Wasser und schoß über den schmalen Strand, wobei das Auge mit typischem Flackern auf ihn gerichtet war. So viel konnte Subble jetzt direkt sehen. Er hielt eine Handvoll Steine und Muscheln bereit, aber der Manta wich der regelmäßig brennenden grünen Flamme aus. Wurde er ebenfalls durch das Halluzinogen beeinflußt? Oder argwöhnte er eine weitere ausgeklügelte Falle?
Subble inhalierte in dem Bewußtsein, daß er zuviel nahm. Aber er war begierig darauf, daß die Wirkung der Droge einsetzte.
Der Manta umkreiste ihn wachsam.
Cal hatte recht gehabt. Unter den gegebenen Umständen war dies der einzig vernünftige Weg zum Verstehen. Und er mußte die Kreatur verstehen, bevor er wagte, sie zu töten.
Der Alte war im Begriff zu sterben.
Mühsam machte er sich auf den Weg zum Platz des Hinscheidens. Er kletterte den schmalen Pfad empor, obwohl er kaum in der Lage war, seine brüchigen Aerosegel auszubreiten. In regelmäßigen Abständen rastete er, wobei sein massiger Körper müde zusammensackte und das Auge lethargisch vor sich hinstarrte. Die Jüngeren, Kräftigeren passierten ihn grüßend und zogen weiter, um ihm eine weitere Zurschaustellung seiner Inkompetenz zu ersparen. Der letzte Weg mußte allein zurückgelegt werden.
Schließlich erreichte der Alte das höchste Plateau und brach schmachvoll im ebenen Staub zusammen. Dies war das Ende, aber hinter dem glasigen Auge hatte sich das Leben erhalten.
Blind stellte sich der Alte auf seinen erschlafften Fuß. Der Globus seines Körpers schwoll gewaltig an. Das erloschene Auge wölbte sich vor und explodierte. Der Körper platzte auseinander. Eine Wolke von rauchartigen Partikeln stieg in die Luft empor und durchdrang langsam die Atmosphäre.
Der Körper kollabierte, eine leere Hülle, in der kein Leben mehr war. Er wartete jetzt nur noch auf die periodische Vernichtung durch das F.euer aus dem Himmel. Kein Omnivore würde die Überbleibsel nach der Verbrennung antasten. Das Leben war nicht zerstört worden. Es war in Myriaden von mikroskopisch kleinen, frei schwebende Sporen übergegangen. Der Alte hatte seine Gene der Welt zur Verfügung gestellt.
Die Sporen stiegen in die Höhe, zerstreuten sich, als sie über die Klippen trieben und von den zirkulierenden Winden erfaßt wurden. Sie zogen dahin, so viele, daß eine Ziffer gefolgt von sechsundzwanzig Nullen dabei herauskam. Ihre Bewegungen waren zufällig, im wahrsten Sinne des Wortes. Sie wurden geleitet von Luftwirbeln und Strömungen und von den sanften, statischen Abstoßkräften ihres eigenen gemeinsamen Lebens. Sie waren männlich und weiblich, sich selbst ergänzende Halbchromosome gleicher Anzahl, aber die Abstoßkräfte hinderten sie daran, sich miteinander zu vereinigen. Und so verbreiteten sie sich und verschmolzen mit dem unbelebten Staub und wanderten dorthin, wohin sie das Schicksal führte. Sie waren von ihrer Umgebung fast nicht zu unterscheiden.
Die Zeit verging. Um ein Vielfaches dezimiert zogen die Sporen weiter, ließen sich auf Klippen und Ebenen, auf Lebewesen und Vegetationen nieder, stiegen in den Himmel empor und versanken im Wasser. Pilze und grasende Herbivoren ernährten sich von ihnen. Einige starben und verrotteten, während andere den Gipfel erreichten und von der mörderischen Strahlung des höheren Sonnenlichts vernichtet wurden.
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