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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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zärtlich zu dir sein, wie mein Vater es zu mir nicht war. Welchen
Sinn hat es, Kinder zu bekommen, wenn nicht jede Generation es besser macht
als zuvor?
     
    An diesem Morgen fragt er sich
- nachdem er früh aufgewacht ist, hat er darüber nachgedacht, was Liz letzte
Nacht gesagt hat -, warum macht sich meine Frau eigentlich Gedanken über
Frauen, die keine Söhne haben? Vielleicht machen Frauen das so: Sie nehmen
sich Zeit und versetzen sich in die Lage der anderen. Davon kann man lernen,
denkt er.
    Es ist acht Uhr. Lizzie ist
nach unten gekommen. Ihr Haar steckt unter einer Haube aus Leinen, ihre Ärmel
sind hochgekrempelt. »Oh, Liz«, sagt er und lacht. »Du siehst aus wie eine
Bäckersfrau.«
    »Wo bleiben deine Manieren?«,
sagt sie. »Schankhilfe.«
    Rafe kommt herein: »Gleich
wieder zurück zum Lordkardinal?« Wohin sonst, sagt er. Er sammelt die Papiere
zusammen, die er heute braucht. Tätschelt seine Frau, küsst seinen Hund. Bricht
auf. Es nieselt noch ein wenig, hellt aber schon auf, und bevor sie York Place
erreichen, zeigt sich, dass der Kardinal Wort gehalten hat. Ein Hauch von
Sonnenlicht liegt über dem Fluss, blass wie das Fruchtfleisch einer Zitrone.
     
    TEIL ZWEI
     
    Heimsuchung
    1529
     
    Sie nehmen das Haus des
Kardinals auseinander. Raum für Raum tilgen sie die Spuren des Besitzers von
York Place. Die Männer des Königs bündeln Pergamente und Schriftrollen, Messbücher
und Memoranda und die Bände seiner privaten Buchhaltung; sie nehmen sogar die
Tinte und die Federkiele mit. Sie reißen die Tafeln mit dem Wappen des
Kardinals von den Wänden.
    Sie kamen an einem Sonntag,
zwei rachsüchtige Granden: der Herzog von Norfolk, ein gewiefter Habicht, der
Herzog von Suffolk, nicht weniger beflissen. Sie erklärten dem Kardinal, er sei
als Lordkanzler entlassen, und verlangten das Großsiegel von England. Er
berührte den Arm des Kardinals. Eine rasche Besprechung. Der Kardinal wandte
sich wieder an sie, liebenswürdig: Es scheint, dass eine schriftliche Aufforderung
durch den König notwendig ist; haben Sie eine? Oh: nachlässig von Ihnen. Es
erfordert eine Menge Stehvermögen, so ruhig zu bleiben; aber natürlich hat der
Kardinal eine Menge Stehvermögen.

»Sie wollen, dass wir nach
Windsor zurückreiten?« Charles Brandon kann es nicht glauben. »Wegen eines
Fetzen Papiers? Obwohl die Situation eindeutig ist?«
    Das ist typisch Suffolk: zu
glauben, der Buchstabe des Gesetzes sei eine Art Luxus, den man sich leistet.
Er flüstert dem Kardinal erneut etwas zu, und der Kardinal sagt: »Nein, ich
denke, wir sagen es ihnen lieber, Thomas ... verlängern die Angelegenheit nicht
über ihre natürliche Lebensdauer hinaus ... Mylords, mein Anwalt hier sagt, ich
kann Ihnen das Siegel nicht geben, ob mit oder ohne schriftliche Aufforderung.
Er sagt, dass ich es genau genommen nur dem Master of the Rolls aushändigen darf. Daher
bringen Sie ihn am besten gleich mit.«
    Er sagt, leichthin: »Seien Sie
froh, dass wir es Ihnen gesagt haben, Mylords. Andernfalls wären es drei Ritte
gewesen, richtig?«
    Norfolk grinst. Er liebt
solche Auseinandersetzungen. »Sehr verbunden, Master«, sagt er.
    Als  die Herzöge gehen, dreht
sich Wolsey um und umarmt ihn mit fröhlichem Gesicht. Obwohl es ihr letzter
Sieg ist und sie das wissen, ist es wichtig, Einfallsreichtum zu zeigen;
vierundzwanzig Stunden sind es wert, gewonnen zu werden, da der König
wankelmütig ist. Außerdem hat es ihnen Spaß gemacht. »Der Master of the Rolls«, sagt Wolsey. »Wussten Sie das
oder haben Sie es erfunden?«
     
    Am Montagmorgen sind die
Herzöge wieder da. Sie haben Anweisung, die Bewohner noch an diesem Tag
hinauszuwerfen, weil der König seine Baumeister und Einrichter schicken will,
um den Palast fertigzustellen, damit er Lady Anne übergeben werden kann, die
ein eigenes Haus in London benötigt.
    Er ist bereit, standzuhalten
und die Sache durchzufechten: Ist mir etwas entgangen? Dieser Palast gehört der
Erzdiözese von York. Wann wurde Lady Anne zum Erzbischof ernannt?
    Aber die Männer strömen über
die Stufen der Anlegestelle herein und schwemmen sie beiseite. Die beiden
Herzöge haben sich verzogen, und da ist niemand, mit dem er streiten kann. Was
für ein schrecklicher Anblick, sagt jemand: Master Cromwell am Kampf
gehindert. Und jetzt ist der Kardinal bereit zu gehen, aber wohin? Über dem üblichen
Scharlachrot trägt er einen Reiseumhang, der jemand anders gehört; Stück für
Stück konfiszieren sie seine

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