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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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Tower holen?«
    Tyndales Bibel sagt: Mit Gott
wird nichts unmöglich sein. »Wenn nicht aus dem Tower, dann, wenn Sie zur
Befragung gebracht werden, das ist Ihre Chance. Seien Sie bereit, sie zu
ergreifen.«
    »Aber zu welchem Zweck?« Frith
spricht freundlich, als spräche er zu einem jungen Schüler. »Glauben Sie, Sie
können mich in Ihrem Haus festhalten und darauf warten, dass sich der Sinn des
Königs wandelt? Ich würde ausbrechen müssen und nach Paul's Cross laufen und
vor den Londonern sagen, was ich bereits gesagt habe.«
    »Ihr Bekenntnis kann nicht
warten?«
    »Nicht auf Henry. Denn es
könnte sein, dass ich warten muss, bis ich alt bin.«
    »Man wird Sie verbrennen.«
    »Und Sie glauben, ich kann den
Schmerz nicht aushalten? Sie haben recht, das kann ich nicht. Aber man wird mir
keine andere Wahl lassen. Wie More sagt: Ein Mensch wird schwerlich zum Helden,
wenn er einwilligt, dazustehen und zu brennen, während er schon an den Pfahl
gekettet ist. Ich habe Bücher geschrieben und kann sie nicht rückgängig
machen. Ich kann nicht rückgängig machen, was ich glaube. Ich kann mein Leben
nicht rückgängig machen.«
    Er verlässt Frith. Vier Uhr:
auf dem Fluss wenig Verkehr, ein feiner und durchdringender Dunst kriecht
zwischen Luft und Wasser herauf.
    Am nächsten Tag, einem Tag von
knackiger blauer Kälte, kommt der König in der königlichen Barke, um den
Fortgang der Arbeit zu sehen; der neue französische Gesandte ist bei ihm; sie
gehen vertraulich miteinander um, der König legt beim Gehen eine Hand auf de
Dintevilles Schulter oder vielmehr auf seine Polsterung; der Franzose trägt so
viele Lagen, dass er breiter zu sein scheint als die Türöffnungen, aber
trotzdem fröstelt er. »Unser Freund hier muss etwas Sport treiben, um sein Blut
zu wärmen«, sagt der König, »und er ist ein Stümper mit dem Bogen - als wir das
letzte Mal am Schießstand waren, hat er so gezittert, dass ich glaubte, er
würde sich in den Fuß schießen. Er beklagt sich, dass wir keine richtigen
Falkner sind, und deshalb habe ich gesagt, er soll mit Ihnen hinausgehen,
Cromwell.«
    Ist das ein Versprechen von
Freizeit? Der König schlendert davon und lässt sie zurück. »Nicht, wenn es so
kalt ist wie jetzt«, sagt der Gesandte. »Ich stehe nicht auf einem Feld, wenn
der Wind pfeift, das wird mein Tod sein. Wann werden wir die Sonne
wiedersehen?«
    »Oh, ungefähr im Juni. Aber
die Falken werden bis dahin in der Mauser sein. Ich beabsichtige, meine im
August wieder fliegen zu lassen, daher nildesperandum, Monsieur, wir werden schon noch Sport treiben.«
    »Sie würden diese Krönung
nicht vielleicht verschieben?« So ist es immer; nach ein wenig Schwatz und
Scherz platzt ein botschafterliches Anliegen aus seinem Mund. »Denn als mein
Herr den Vertrag gemacht hat, erwartete er nicht, dass Henry seine mutmaßliche
Frau und ihren dicken Bauch zur Schau stellen würde. Wenn er sie im Stillen
halten würde, wäre die Sache ganz anders.«
    Er schüttelt den Kopf. Es wird
keine Verschiebung geben. Henry sagt, er habe die Unterstützung der Bischöfe,
der Adligen, der Richter, des Parlaments und des Volkes; Annes Krönung ist
seine Chance, diese Behauptung zu beweisen. »Nichts für ungut«, sagt er.
»Morgen haben wir den päpstlichen Nuntius zu Gast. Sie werden sehen, wie mein
Herr mit ihm zurechtkommt.«
    Henry ruft von oben, von der
Mauer: »Kommen Sie herauf, Sir, genießen Sie die Aussicht auf meinen Fluss.«
    »Wundert es Sie, dass ich
bibbere?«, sagt der Franzose leidenschaftlich. »Wundern Sie sich, dass ich vor
ihm zittere? Mein Fluss. Meine Stadt. Meine Erlösung, auf meine Person
zugeschnitten und mit Stickereien versehen. Mein persönlicher
maßgeschneiderter englischer Gott.« Er flucht leise und beginnt
hinaufzusteigen.
    Als  der päpstliche Nuntius
nach Greenwich kommt, nimmt Henry ihn bei der Hand und erklärt ihm freimütig,
wie sehr seine gottlosen Berater ihn quälen und wie heftig er sich danach
sehnt, wieder eine ungetrübte Freundschaft mit Papst Clemens zu pflegen.
    Man könnte Henry ein Jahrzehnt
lang jeden Tag beobachten und nie dasselbe sehen. Wähle deinen Fürsten aus: Er
bewundert Henry mehr und mehr. Manchmal scheint er glücklos zu sein, manchmal
nutzlos, manchmal ein Kind, manchmal Meister seines Faches. Manchmal scheint
er ein Künstler zu sein, wenn sein Blick auf eine gewisse Art über sein Werk
streift; manchmal bewegt sich seine Hand und er scheint ihre Bewegung nicht zu
sehen. Wenn das Leben

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