Mantel, Hilary
vom Hof herauf, wo seine Diener das mit Federn geschmückte Pferd
halten. »Die Leber, was? Meine Leber ist hin. Und seit fünf Jahren schwinden
meine Muskeln. Sehen Sie sich das an!« Er streckt eine Klaue aus. »Ich habe
jeden Arzt in diesem Königreich ausprobiert, aber keiner weiß, was ich habe.
Trotzdem schicken sie alle unweigerlich die Rechnung.«
Norfolk, das weiß er ganz
genau, würde niemals eine solche Nichtigkeit wie eine Arztrechnung bezahlen.
»Und das Bauchgrimmen und die
Koliken«, sagt der Herzog, »sie machen mein irdisches Leben zum Fegefeuer.
Manchmal verbringe ich die ganze Nacht auf dem Nachtstuhl.«
»Euer Gnaden sollte das Leben
leichter nehmen«, sagt Rafe. Ihr Essen nicht hinunterschlingen, meint er. Nicht
hektisch durch die Gegend rennen wie ein Postpferd.
»Das werde ich tun, glauben
Sie mir. Meine Nichte zeigt ganz deutlich, dass Sie weder meine Gesellschaft
noch meinen Rat wünscht. Ich bin auf dem Weg in mein Haus in Kenninghall, und
Henry findet mich dort, wenn er mich braucht. Gott möge Sie wiederherstellen,
Master Secretary. Der heilige Walter ist gut, so höre ich, wenn einem eine
Aufgabe zu viel wird. Und der heilige Übald gegen Kopfweh, bei mir funktioniert
das jedenfalls.« Er fummelt in seiner Jacke herum. »Hab Ihnen eine
Heiligenmedaille mitgebracht. Vom Papst gesegnet. Vom Bischof von Rom, wollte
ich sagen.« Er legt sie auf den Tisch. »Glaubte, Sie hätten vielleicht keine.«
Er ist zur Tür hinaus. Rafe
nimmt die Medaille in die Hand. »Wahrscheinlich ist sie verflucht.«
Sie können den Herzog auf der
Treppe hören, wie er klagend die Stimme erhebt: »Ich dachte, er wäre fast tot!
Man hat mir gesagt, er wäre fast tot...«
Er sagt zu Rafe: »Dem haben
wir Beine gemacht.«
Rafe grinst. »Suffolk auch.«
Der König hat Suffolk nie die
Strafe von dreißigtausend Pfund erlassen, die ihm auferlegt wurde, als er
Henrys Schwester heiratete. Von Zeit zu Zeit erinnert er sich daran, und jetzt
ist eine dieser Zeiten; Brandon musste seine Ländereien in Oxfordshire und
Berkshire aufgeben, um seine Schulden zu bezahlen, jetzt lebt er ohne großen
Pomp auf dem Land.
Er schließt die Augen. Die
reinste Glückseligkeit, daran zu denken: zwei Herzöge auf der Flucht vor ihm.
Sein Nachbar Chapuys kommt
vorbei. »Ich habe meinem Herrn berichtet, dass der König Sie besucht hat. Mein
Herr ist sehr erstaunt, dass der König ein Privathaus aufsucht, dass er
jemanden besucht, der nicht einmal Lord ist. Aber ich habe ihm gesagt: Sie
müssten mal die Arbeit sehen, die er aus Cromwell rausholt.«
»Er sollte auch so einen
Diener haben«, sagt er. »Aber Eustache, Sie sind ein alter Heuchler, wissen
Sie. Sie würden auf meinem Grab tanzen.«
»Mein lieber Thomas, ich
schätze Sie als meinen einzigen Gegner.«
Thomas Avery schmuggelt Luca
Paciolis Buch mit Schachrätseln zu ihm hinein. Bald hat er alle Rätsel gelöst
und ein paar eigene auf leere Seiten am Ende des Buches gezeichnet. Seine
Briefe werden gebracht, und er informiert sich über die neueste Runde von
Katastrophen. Es heißt, der Schneider in Münster, der König von Jerusalem, der
sechzehn Frauen hat, hat sich mit einer von ihnen gestritten und ihr auf dem
Marktplatz den Kopf abgeschlagen.
Er kehrt in die Welt zurück.
Schlag ihn nieder, und er steht auf. Der Tod ist vorbeigekommen, um ihn zu
inspizieren, er hat ihn ausgemessen und ihm ins Gesicht geatmet: und ist
wieder gegangen. Er ist ein wenig schlanker, wie ihm seine Kleider sagen; eine
Weile fühlt er sich leicht und nicht mehr in der Welt gegründet, jeder Tag
schwingt vor Möglichkeiten. Die Boleyns gratulieren ihm herzlich zu seiner Genesung,
und das ist auch richtig so, denn wie könnten sie ohne ihn sein, was sie jetzt
sind? Cranmer, als sie sich treffen, beugt sich immer wieder vor, um ihm auf
die Schulter zu klopfen und seine Hand zu drücken.
Während er sich erholte, hat
der König sich die Haare ganz kurz schneiden lassen. Er hat das getan, um seine
zunehmende Kahlheit zu kaschieren, obwohl das nicht funktioniert, ganz und gar
nicht. Seine treuen Berater haben dasselbe getan, und bald wird es zu einem Zeichen
ihrer Zusammengehörigkeit. »Bei Gott, Sir«, sagt Master Wriothesley, »nur gut,
dass ich früher keine Angst vor Ihnen hatte, denn jetzt hätte ich welche.«
»Aber Nennt-mich«, sagt er,
»Sie hatten auch früher Angst vor mir.«
An Richards Erscheinung ändert
sich nichts; dem Turnierplatz verschrieben, hält er sein Haar kurz, damit
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