Mantel, Hilary
Herr wurde erwischt, ein
sehr großer Dieb. Sie haben ihn gebrandmarkt. Es gab ein riesiges Geschrei.
Aber Sie sehen, Master, ich war für Größeres bestimmt.«
Ich erinnere mich, sagt er,
ich erinnere mich an Calais, die Alchimisten, die Gedächtnismaschine. »Giulio
Camillo baut sie für Francois, damit er der weiseste König der Welt wird, aber
der Tölpel wird nie lernen, sie zu benutzen.«
Das sind Fantasien, sagt Butts,
das Fieber steigt wieder, aber Christophe sagt: Nein, ich versichere Ihnen, es
gibt einen Mann in Paris, der eine Seele gebaut hat. Es ist ein Gebäude, aber
es lebt. Im Inneren ist es ganz und gar mit kleinen Regalen ausgekleidet. Auf
diesen Regalen finden Sie gewisse Pergamente, geschriebene Fragmente, sie sind
so etwas wie Schlüssel, die zu einer Schachtel führen, in der ein Schlüssel
liegt, der einen anderen Schlüssel enthält, aber die Schlüssel sind nicht aus
Metall gemacht und die inneren Schachteln nicht aus Holz.
Woraus denn dann,
Franzmännchen?, sagt jemand.
Sie sind aus Geist gemacht.
Sie sind, was uns bleibt, wenn alle Bücher verbrannt sind. Sie werden uns
ermöglichen, uns nicht nur an die Vergangenheit zu erinnern, sondern auch an
die Zukunft, alle Formen und Gebräuche zu sehen, die eines Tages die Erde
bewohnen werden.
Butts sagt, dass das Fieber
ihn verbrennt. Er denkt an den kleinen Bilney, der in der Nacht vor seinem Tod
seine Hand in die Kerzenflamme gehalten hat, um den Schmerz zu erproben. Die
Flamme versengte sein verschrumpeltes Fleisch; in der Nacht wimmerte er wie ein
Kind und saugte an seiner wunden Hand, und am Morgen schleppten ihn die
Stadtväter von Norwich zu der Kreidegrube, in der ihre Vorfahren Lollarden
verbrannt hatten. Selbst als sein Gesicht schon weggebrannt war, hielten sie
ihm noch die Abzeichen und Banner des Papismus vor: Sie wurden angesengt und
die Ränder standen in Flammen, während die Jungfrauen mit dem leeren Blick
geräuchert wurden wie Heringe und sich im Rauch kräuselten.
Er bittet höflich und in
mehreren Sprachen um Wasser. Nicht zu viel, sagt Butts, ein wenig und noch ein
wenig. Er hat von einer Insel namens Hormuz gehört, dem trockensten Königreich
der Erde, wo es keine Bäume und außer Salz keine Ernte gibt. Wenn man in der
Mitte steht, sieht man auf dreißig Meilen in alle Richtungen aschige Ebene: und
dahinter liegt die Küste, mit Perlen überkrustet.
Seine Tochter Grace kommt
nachts. Eingehüllt in ihr glänzendes Haar, verströmt sie ihr eigenes Licht. Sie
betrachtet ihn unverwandt und unbeweglich, bis es Morgen ist, und wenn sie den
Fensterladen öffnen, verblassen die Sterne, und Sonne und Mond hängen zusammen
in einem blassen Himmel.
Eine Woche vergeht. Es geht
ihm besser und er will sich Arbeit bringen lassen, aber die Ärzte verbieten
es. Wie soll es vorangehen?, fragt er, und Richard sagt: Sir, Sie haben uns
alle ausgebildet und wir sind Ihre Schüler, Sie haben eine Denkmaschine
geschaffen, die voranschreitet, als wäre sie lebendig, und Sie brauchen sich
nicht jede Minute und jeden Tag um sie zu kümmern.
Trotzdem sagt Christophe: Es
heißt, dass der Roi Henri stöhnt, als hätte er selbst die Schmerzen. Oh, wo ist
Cremuel?
Eine Botschaft wird gebracht.
Henry sagt: Ich komme zu Besuch. Es ist ein italienisches Fieber, deshalb bin
ich sicher, dass ich es nicht bekomme.
Er kann es kaum glauben. Henry
lief vor Anne davon, als sie das Schweißfieber hatte: selbst auf dem Höhepunkt
seiner Liebe zu ihr.
Er sagt: Schickt Thurston
herauf. Sie haben ihm Schonkost zu essen gegeben, Mahlzeiten für Invaliden,
Pute und dergleichen. Aber jetzt, sagt er, planen wir - was? - ein Ferkel,
gefüllt und geröstet, wie ich es einmal bei einem päpstlichen Bankett gesehen habe.
Sie brauchen kleingeschnittenes Hühnerfleisch, lardo und eine Ziegenleber, ganz
fein gehackt. Sie brauchen Fenchelsamen, Majoran, Minze, Ingwer, Butter,
Zucker, Walnüsse, Hühnereier und etwas Safran. Manche Leute tun auch noch Käse
hinein, aber hier in London machen wir nicht die richtige Sorte, und außerdem
halte ich es persönlich für unnötig. Wenn Sie mit irgendetwas Schwierigkeiten
haben, schicken Sie nach Bonvisis Koch, er wird Ihnen helfen.
Er sagt: »Schickt jemanden
nach nebenan zu Prior George, sagt ihm, er soll seine Mönche von der Straße
fernhalten, wenn der König kommt, damit er sie nicht zu früh reformiert.« Er
hat das Gefühl, dass der ganze Prozess langsam, langsam vorangehen sollte,
damit die Leute seine Berechtigung
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