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Mantel, Hilary

Mantel, Hilary

Titel: Mantel, Hilary Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woelffe
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es
unter einen Helm passt. Der geschorene Master Wriothesley sieht intelligenter
aus, wenn das überhaupt möglich ist, und Rafe entschlossener und wacher.
Richard Riehe hat die letzten Reste des Jungen abgelegt, der er war. Suffolks
riesiges Gesicht hat eine merkwürdige Unschuld angenommen. Monseigneur sieht
trügerisch asketisch aus. Was Norfolk betrifft, so bemerkt niemand die
Veränderung. »Was für Haare hatte er eigentlich vorher?«, fragt Rafe.
Eisengraue Streifen zieren seinen Skalp, als hätte ein Militärstratege seinen
Kopf befestigt.
    Die Mode breitet sich im Land
aus. Als  Rowland Lee das nächste Mal in das Urkundenhaus geschossen kommt,
glaubt er, dass eine Kanonenkugel auf ihn zufliegt. Gregorys Augen sind groß
und besonnen, ihre Farbe immer noch golden. Deine Mutter hätte um deine Babylocken
geweint, sagt er und reibt ihm liebevoll über den Kopf. Gregory sagt: »Hätte
sie das? Ich kann mich kaum an sie erinnern.«
     
    Ende April wird vier
verräterischen Mönchen der Prozess gemacht. Der Eid ist ihnen wiederholt
vorgelegt worden, sie haben ihn verweigert. Es ist ein Jahr her, seit die Magd
hingerichtet wurde. Der König hatte ihren Anhängern Gnade erwiesen; jetzt ist
er nicht dazu geneigt. Es ist die Kartause von London, wo der Unfrieden seinen
Ursprung hat, diese karge Gemeinschaft von Männern, die auf Stroh schlafen;
dort hat Thomas More seine Berufung auf die Probe gestellt, bevor ihm offenbart
wurde, dass die Welt seine Talente benötigte. Er, Cromwell, hat das Haus
besucht, wie er auch die aufsässige Gemeinschaft in Syon besucht hat. Er hat
sanft gesprochen, er hat unverblümt gesprochen, er hat ihnen gedroht und gut
zugeredet; er hat aufgeklärte Geistliche geschickt, die den Fall des Königs
vertreten haben, und er hat die unzufriedenen Mitglieder der Gemeinschaft
befragt und auf ihre Brüder angesetzt. Es war alles vergeblich. Ihre Antwort ist:
Gehen Sie weg, gehen Sie weg und überlassen Sie mich meinem geheiligten Tod.
    Wenn sie glauben, dass sie bis
zum Schluss die Gelassenheit ihres Gebetslebens erhalten können, irren sie
sich, denn das Gesetz verlangt die volle Strafe für Verräter: das kurze
Schwingen im Wind und die öffentliche Entfernung der Eingeweide bei
Bewusstsein, wobei eine Kohlenpfanne für menschliche Innereien entzündet wird.
Es ist der schrecklichste aller Tode, Schmerz und Wut und Demütigung werden
bis zur Neige durchlitten, und die Furcht ist so groß, dass der stärkste Rebell
entmannt ist, bevor der Henker die Aufgabe mit seinem Messer erledigen kann;
bevor ein jeder stirbt, betrachtet er seine Genossen, und vom Seil geschnitten
kriecht er wie ein Tier auf den blutigen Brettern im Kreis herum.
    Wiltshire und George Boleyn
sollen den König bei dem Spektakel vertreten, außerdem der murrende Norfolk,
der vom Land herbeibeordert wurde, damit er sich auf eine diplomatische
Mission nach Frankreich vorbereitet. Henry denkt daran, selbst zu kommen und
die Mönche sterben zu sehen, denn der Hof wird Masken tragen und sich auf hoch
trabenden Pferden durch die Amtspersonen der Stadt und die zerlumpte
Bevölkerung drängen, die zu Hunderten erscheint, um einem solchen Spektakel
beizuwohnen. Aber der Körperbau des Königs macht es schwierig, ihn zu
verkleiden, und er befürchtet, dass es Demonstrationen zugunsten Katherines
geben könnte, die bei dem besonders verlausten Anteil jeder Menschenmenge
immer noch sehr beliebt ist. Der junge Richmond soll für mich einspringen,
beschließt sein Vater; eines Tages wird er vielleicht den Titel seiner
Halbschwester in der Schlacht verteidigen müssen, und deshalb sollte er den
Anblick und die Geräusche des Abschlachtens kennenlernen.
    Der Junge kommt spätabends zu
ihm; die Hinrichtungen sind für den nächsten Tag geplant: »Guter Master
Secretary, nehmen Sie meinen Platz ein.«
    »Werden Sie bei meiner
morgendlichen Zusammenkunft mit dem König meinen einnehmen? Betrachten Sie es
mal so«, sagt er fest und freundlich. »Wenn Sie vorgeben, krank zu sein, oder
morgen vom Pferd fallen oder sich vor Ihrem Schwiegervater übergeben, wird er
Sie das nie vergessen lassen. Wenn Sie wollen, dass er Sie ins Bett Ihrer Braut
lässt, erweisen Sie sich als Mann. Behalten Sie den Herzog im Auge und ahmen
Sie sein Verhalten nach.«
    Aber Norfolk selbst kommt zu
ihm, als es vorbei ist, und sagt: Cromwell, ich schwöre bei meinem Leben, dass
einer der Mönche gesprochen hat, als sein Herz schon draußen war. Jesus, rief
er, Jesus, rette

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